Friedrich Wilhelm Jähns an Marie Lipsius in Leipzig
Berlin, Samstag, 8. Januar 1887

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Wegen Schreibe-Krampfs
mit Bleistift. – Deshalb
Verzeihung!


Mein sehr verehrtes Fräulein!

Meinen allerherzlichsten und wärmsten Dank für die gütige Zusendung Ihrer wieder wie stets vorzüglichen u. durchweg mit eben so viel Kenntniß als Liebe verfaßten Jubiläums-Festschrift zu unsres Weber’s 100jähriger Geburtsfeier! – Leider, leider habe ich nicht das Kleinste davon sehen oder hören können. Seit dem Tode meiner unvergeßlichen heißgeliebten Gattin, am 23. Nov. vor. Jahrs, hat mein (Nieren-)Leiden, das mich schon vor einigen Jahren ergriff, einen so ernsten Charakter angenommen, daß ich alle aufregenden Dinge | streng vermeiden muß. So hörte ich weder eine Oper noch sonst Musik seither; so muß ich mich auch von jeder eingehenderen Erwiederung der grade in dieser Zeit überwältigend zahlreich an mich ergangenen schriftlichen Beweise theilnehmenden gütigen Gedenkens, obwohl meist mit großem Schmerz, zurückziehen, u. so bitte ich Sie recht von Herzen, mir nicht zu zürnen, wenn nur diese kurzen und für das uns beide so bewegende Ereigniß so trockenen Worten zu Ihnen kommen. – Ich bin recht krank u. fühle mich – u. bin auch unendlich verlassen, obwohl ich das Glück | hoch anerkenne, meinen Sohn mit seiner Familie hier am Orte, leider ziemlich weit ab von meiner Wohnung, zu haben – und der zweite wohnt in Cöln. Freilich habe ich auch viele Freunde hier – aber das Haus ist doch öd’ u. leer u. ohne Gesundheit u. Aussicht auf Besserung jemals – trostlos, denn ich bin auch vor einigen Tagen 78 Jahre geworden. Und da ist dann alles alles anders in der Welt geworden! – Denken Sie zuweilen freundlich meiner, auch wenn ich Sie nicht mehr hätte wiedersehen können.

Heute drücke ich Ihnen noch | innig die Hand, eingedenk der schönen Zeit, wo wir uns in dem Hause unseres beiderseitigen Freundes, des Consuls, kennen lernten.Von nun mit W.:
Wie Gott will!
Treulichst der Ihre
F. W. Jähns.

Apparat

Zusammenfassung

dankt für ihre Jubiläums-Festschrift zu Webers 100. Geburtstag, er hat nichts erleben können von den Veranstaltungen, am 23. November 1886 sei seine geliebte Gattin gestorben, und er habe ein ernstes Nierenleiden. Fühlt sich sehr einsam, wenn er auch seinen ältesten Sohn mit Familie in Berlin habe. Bittet um ihr Verständnis für seine wenigen Zeilen

Incipit

Meinen allerherzlichsten und wärmsten Dank für die gütige Zusendung

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz

Überlieferung

  • Textzeuge: Leipzig (D), Stadtgeschichtliches Museum, Bibliothek (D-LEsm)
    Signatur: A/820/2010

    Quellenbeschreibung

    • 2 Bl. (4 b. S.)

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