Ignaz Franz Edler von Mosel an Friedrich Rochlitz in Leipzig
Baden bei Wien, Montag, 18. Juli 1825

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Ihren lieben Brief vom 13. v. M. erhielt ich zu Wien in dem Augenblicke, als ich zu meiner Anzeige von dem zweiten Theile Ihres unschätzbaren Werkes* eben den Schlußpunkt setzte. […]

Ihre Hoffnung, daß unser Publikum durch längeres Entbehren jeder Oper wieder zum Geschmack an der einfachen deutschen Oper zurückgeführt werden könnte, ist auf sehr einleuchtende Gründe gebaut; allein, wie ich meine Landsleute kenne, haben sie sich an der südlichen Zukade noch keinen hinlänglichen Eckel gegessen, um so leicht zu gesünderer Kost gewöhnt werden zu können; überdieß haben sie sich zu lange einer Gattung von Musik hingegeben, zu deren Genuß man blos dere Ohren, und noch dazu eben nicht der feinsten, bedaruf, um so bald wieder Vergnügen an Compositionen zu finden, welche Anspruch auf Verstand und Herz machen. Endlich wüßte ich, nach der planmässigen und gänzlichen Zerstörung der deutschen Oper, auch mit dem größten Aufwande (wovon jedoch keine Rede ist), ein deutsches Singspiel herzustellen, das jene heilsame Revolution zu bewirken im Stande wäre.

Die zweite junge Künstlerin, die ich Ihnen empfohlen hatte, und die, wie ich aus Ihrem Briefe sehe, bis dahin noch nicht bei Ihnen war, ist Dlle Leopoldine Blahetka, eine ausgezeichnete Klavierspielerin, aber noch mehr ein Kind der jetzigen Zeit als die Sonntag, d. h. ihre Virtuosität noch mehr in den mechanischen Theil der Kunst setzend.

Es ist unmöglich, über die Oper Euryanthe mit zwei Worten ein treffendes Urtheil zu fällen, als Sie, werthester Freund! gethan haben, „Eine geistreiche verteufelte Musik!“ Meine Frau läßt Ihnen sagen, Sie hätten damit das Gefühl, welches dieses Werk in ihr erweckte, ganz ausgesprochen, es hätte ihr während der ganzen Zeit des Anhörens und noch lange darnach eine so peinliche Unruhe verursacht, wie sie von einem Musikwerke noch nie empfunden. – Weber schrieb mir seither, daß er seiner Kränklichkeit wegen, schon seit einigen Monaten gar nichts thun könne, am wenigsten für das Gedicht von Paris, das ihm gar nicht zusage, und über welches er noch vorher mit dem Dichter in loco Rücksprache pflegen wolle, was jedoch auch erst im Frühjahr 1826 geschehen könneT. Wenn übrigens Ihr König von seinen beiden Kapellmeistern keinen Vortheil zieht, so scheint – wenigstens was W. betrift – es größtentheils doch seine eigene Schuld zu seyn, denn, wie ich von allen Seiten höre, beschätzt Er die Italienische Oper auf Kosten der deutschen, für welche gar nichts gethan wird, nun kann aber ein Mahler, mit dem besten Willen, nichts leisten, wenn es ihm an Pallete und Pinseln gebricht, und so ist es wohl verzeihlich, wenn W. sein Talent, und seine, ohznehin so schwankenden Kräfte, dorthin verwendet, wo Ersteres nicht nur erkannt sondern mit Enthusiasmus aufgenommen wird.

Im Mai war der neue Intendant des Dresdner Hoftheaters, Hr. v. Lüttichau, ein gebildeter, anziehender Mann, mit dem berühmten, geistvollen Thiek, in Wien, mit dessen Ansichten über dramatische Kunst und dramat: Leistungen (gewiß mit Unrecht von meiner Seite) ich nicht durchaus und unbedingt verstanden seyn kann, wie ich es mit den Ihrigen, lieber Freund, über schaffende und ausübende Tonkunst bin. Es schien ihnen beiden zu Wien wohl zu gefallen, auch äußerten sie sich über die Verfaßung unserer Hofbühne sehr günstig. v. Lüttichau scheint sehr viel Sinn und Eifer für die deutsche Oper zu haben, und es wird nicht an ihm liegen, wenn sie unter seiner Leitung nicht beßer gedeiht als bisher.

Das Händelsche Oratorium […]

Apparat

Zusammenfassung

u.a. über Rochlitz' Hoffnung, dass durch Entbehren der Oper der Geschmack an den deutschen Opern wieder geweckt werden könnte; über die Blahetka u. Sontag; ausführlicher über Rochlitz' Urteil zur Euryanthe, das er unterschreibe; Weber hatte ihm von seiner Kränklichkeit mitgeteilt, auch dass ihm das Gedicht für Paris wenig zusage u. er Rücksprache mit dem Dichter nehmen müsse; nimmt Weber gegen den König in Schutz; über den Besuch Lüttichaus u. Tiecks in Wien; u.a.

Incipit

Ihren lieben Brief vom 13. v. M. erhielt ich zu Wien in dem Augenblicke

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Wien (A), Österreichische Nationalbibliothek (A-Wn), Handschriften und Inkunabelsammlung
    Signatur: 7/131-15

    Quellenbeschreibung

    • 1 DBl. u. 1 Bl. (6 b. S. o. Adr.)

Textkonstitution

  • „Zukade“unsichere Lesung

Einzelstellenerläuterung

  • „… zweiten Theile Ihres unschätzbaren Werkes“Friedrich Rochlitz, Für Freunde der Tonkunst, Band 2, Leipzig bei Carl Cnobloch 1825.

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