Carl Maria von Weber an Gottfried Weber in Mannheim mit Nachschrift von Giacomo Meyerbeer
Darmstadt, Sonntag, 23. September 1810

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S: Wohlgebohren

Herrn Licentiat Weber.

zu

Mannheim.

[Lieber Bruder]

[Deinen] Brief vom 12t huj: ha[be][…] in Frankfurt erhalten, und es that mir sehr leid daß du nicht kamst. den Aufsaz im Journal poli:* habe gelesen, und danke vielmals dafür, item wieder einmal mehr gedrukt.

Die Elegante Zeitung wäre wohl wegen der Beylage die beste vor der Hand, da das Morgenblatt meist immer mit seinen Notensezern broullirt ist.* die Silvana hat gefallen, und viel aufsehen unter den Leuten gemacht, indem man behauptet sie sey nicht von Wenzel Müller, und doch auch nicht von anderen gestohlen. Mittwoch als den 26t ist sie wieder, und wenn du dich gleich aufpakst, so kannst du noch zurecht kommen, auch steigt die Blanchard heute über 8 Tage wieder. und der H: Furioso tanzt hier in Frankfurt. deine Sonate habe ich schon, und du wirst deine Exemplare dieser Tage erhalten, die Recension darüber ist fertig und wird abgesandt. Gestern und Vorgestern habe ich Voglers Fugen System durchgegangen in dem unendlich viel vortreffliches und neues ist*. die Fuge vom ersten Ton habe ich umgearbeitet*, und das ist jezt ein ganz anderer Bißen geworden als vorher. André und Simmrok grüßen dich.* ein paar Liedchen aus Silvana* werden dieser Tage schon herauskommen.      Mein Concert in Frankfurt wird erst Ende October seyn*, daher wohl aus meiner Reise nach der Schweiz nichts wird, und ich so lange hier sizzen und arbeiten werde. ich wohne jezt bey Vogler in seinem neuen Hause.*     Roek habe ich gesehen und Deroi* und Hertling.      kann denn der Schwanewirth der Dusch, gar nicht schreiben?      Eine Hundsföttsche Arbeit habe ich jezt vor, 6 kleine Sonaten mit 1 Violine für André, kostet mich mehr Schweiß als so viel Simphonien. aber was ist zu machen.      hast du nichts neues geschrieben? Wenn du Dienstag hieher komst, kannst du Mittwoch früh mit mir nach Frankfurt Kutschiren, ich möchte dich gar zu gern einmal wieder sehen. was macht denn lieb Weibchen?* wohl und munter? fleißig im Contrapuncte?      Ich hätte dir gerne mehr von der Oper geschrieben da ich es aber heute schon so häufig an Hiemer pp gethan habe, ennuyirt es mich gräßlich, daher mache lieber daß wir eins zusammen plaudern können.      hast du noch nichts von Berger gehört? der faule Seehund hat mir noch gar nicht geschrieben.

sind Houts jezt in Mannheim so sage Ihnen alles Liebe von mir, so wie an Solomes, Hertlings p p p p p p p p, und schreib bald wieder deinem dich ewig liebenden Weber.

[Nachschrift von Meyerbeer:] Hochachtungsvoll empfiehlt sich seinem neuen harmonischen Bruder MBeer.*

Apparat

Zusammenfassung

berichtet über die Aufnahme der Silvana in Frankfurt; habe den Schlusschor des Ersten Tons umgearbeitet; arbeite jetzt an sechs Sonaten mit obligater Violine für André; Zusatz Meyerbeers

Incipit

Deinen Brief vom 12t huj. habe ich in Frankfurt erhalten und es that mir

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: New Haven (US), Yale University, Beinecke Rare Book and Manuscript Library (US-NHub)
    Signatur: Frederick R. Koch Foundation

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • PSt: R 1 DARMSTADT
    • größerer Papierausriss an der rechten oberen Ecke der Briefseite, dadurch Textverluste
    • Markierungen und Eintragungen von fremder Hand in Vorbereitung der Caecilia-Edition

    Provenienz

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • tV: MMW I, S. 218–219 (Auszug)
    • Bollert/Lemke 1972, S. 15

Textkonstitution

  • „Lieber Bruderergänzt von den Hg.
  • „Deinen“ergänzt von den Hg.
  • „Lieber Bruder Deinen“Textverluste am oberen Rand des Blattes, auch bei den folgenden Klammern
  • „be“ergänzt von den Hg.
  • unleserliche Stelle (ca. 12 Zeichen)
  • s„S“ überschrieben mit „s
  • „hier“durchgestrichen
  • ß„s“ überschrieben mit „ß
  • „… MBeer .“Nachschrift auf der Adr.-Seite in umgekehrter Schriftrichtung

Einzelstellenerläuterung

  • „… den Aufsaz im Journal poli:“ Aufsatz aus dem Nachfolgeblatt des Journal politique de Mannheim.
  • „… mit seinen Notensezern broullirt ist.“ Zeitung für die elegante Welt, erschien seit 1800, Redakteur seit 1806 August Mahlmann; im Jg. 10 (1810) ist jedoch weder eine Musikbeilage Carl Marias noch Gottfried Webers enthalten; dagegen erschien in dem von Cotta herausgegebenen Morgenblatt für gebildete Stände als Beilage zu Nr. 241 vom 8. Oktober 1810 Webers Lied Die Blume .
  • „Voglers Fugen System … und neues ist“ Erst nach Voglers Tod von Johann André, der das Manuskript bei der Versteigerung des Voglerschen Nachlasses erworben hatte, veröffentlicht als: System für den Fugenbau als Einleitung zur harmonischen Gesang-Verbindungs-Lehre vom Abt Vogler. Nach dem hinterlassenen Manuscripte des Autors herausgegeben, PN 3631.
  • „Fuge vom ersten … habe ich umgearbeitet“Vgl. Erläuterungen zum Brief Webers an Simrock vom 21. August 1810 .
  • „André und Simmrok grüßen dich.“ Begegnung mit Johann André vgl. Tagebuch 19. September; Simrock ist unmittelbar vor diesem Datum im Tagebuch nicht erwähnt.
  • „Liedchen aus Silvana“Vgl. Brief Webers an André vom 20. September 1810.
  • „Concert in Frankfurt … Ende October seyn“ Der Plan scheiterte durch die überraschende französische Kontrolle des Kolonialwarenhandels in Frankfurt, die im Oktober die Gemüter erhitzte und für einige Wochen das öffentliche Leben lähmte, vgl. Brief Webers an Gottfried Weber vom 23. September 1810.
  • „… Vogler in seinem neuen Hause.“Vgl. Kommentar zu Brief Webers an Gottfried Weber vom 21. August 1810.
  • „… habe ich gesehen und Deroi“Verschreibung Webers, gemeint ist der Heidelberger Jurastudent Georg August Wilhelm Du Roy; vgl. die Tagebuchnotiz vom 16. September 1810.
  • „was macht denn lieb Weibchen ?“ Vermutlich Anspielung auf die Schwangerschaft Auguste Webers, die am 10. Oktober 1810 ihren ersten Sohn Friedrich zur Welt brachte.
  • „… MBeer .“ Zur Gründung des „Harmonischen Vereins“ vgl. Brief Webers an Gänsbacher vom 24. September 1810.

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