Liebstes Brüderl!
Deine lieben Briefe vom 1t und 8t
Aprill habe ich richtig erhalten. ich möchte dir so gerne oft und viel
schreiben kann aber nicht dazu kommen. schon 1000 mal habe ich das gute
Wien
in Grund und Boden hinein verwünscht. ich habe so viel zu thun; zu
lauffen, und werde überlauffen daß ich gar nicht zu mir selbst komme, und gar nichts von
Wien genieße,
als viel Geld ausgeben. ich habe bis jezt kaum
die Hälfte meiner Briefe abgeben können.
Haas
habe ich ein paar mal gesprochen, er hat mir aber nichts an dich aufgetragen da er selbst bald wieder
zurükkehrt. übrigens bin ich noch nicht mit ihm ins ReineZu den Auseinandersetzungen um die Drucklegung der Lieder op. 30 und der Duette op. 31 vgl. u. a. die Tagebuchnotiz vom 13. Mai 1814 den Brief von Haas an Weber vom 19. Januar 1815.
Wegen der Arie in die Vestalin
werde ich mich erkundigenGemeint ist eine Einlagearie von Gyrowetz, vgl. Webers Brief vom 22. April 1813..
Es ist einmal Zeit das C mollWahrscheinlich ist hier (ebenso wie mit dem C Dur
weiter unten) Caroline Clam-Gallas gemeint; die Unterscheidung Dur/Moll könnte sich auf deren Stimmungslage beziehen. Die Personen-Chiffre C dur
verwendet Weber auch im Tagebuch.
sich nähert.
Glük zu H: Bruder und zugelangt. das Urtheil über mein
Concert hat mich herzlich lachen machen.
Hauptmann grüßt dich und ist keines
wegs für sSpohrs Orchester engagirt
da er Aussichten in Dresden hat, die freylich vor der
Hand etwas getrübt sind. Papa
grüßt dich 1000 mal, Er wollte zu
diesem Brief ein paar Zeilen, auch wegen des Empfanges der 40 ƒ
schreiben, du weißt aber daß man seiner nie habhaft werden kann, zumal hier.
Er geht Morgen auf einige Zeit aufs Land. Der Stephansthurm
hat sich sehr höflich bedankt als ich ihm das Compliment
deiner Casa ausrichtete, und mir aufgetragen ihn ergebenst zu Füßen zu
legen, welches ich aber nicht thue weil es mir sauer werden würde ihn wieder in die Höhe
zu bringen, dagegen dich bitte, mich
zu Füßen zu legen und aufs herzlichste zu empfehlen. Ich mag den Gedanken gar nicht
denken daß ich dich bey meiner Zurükkunft nicht mehr in Prag
treffen soll, und doch wird
es so werden, wenn Eure Abreise bis d: 26t fixirt bleibt.
d: 25t ist mein Concert, in dem die
Harlas
und Bärmann
singen und pfeiffen, und circa d: 2 oder 3t
May gedenke ich hier abzureisen.
Wenn es nur irgend möglich ist so mache daß ich dich noch treffe. Gratulire zur
Vollendung der OvertureMöglicherweise die Ouvertüre der Schauspielmusik zu Kotzebues Kreuzfahrern. An einem Chor zum Schauspiel hatte Gänsbacher bereits 1810 gearbeitet (vgl. Webers Brief an Gänsbacher vom 9. Oktober 1810), zur Uraufführung kam die komplette Musik allerdings erst am 19. April 1813 (vgl. den Bericht im Sammler vom 13. Mai 1813).
und freue mich sehr darauf sie zu hören.
Es ist schön daß ich D moll treffe, so habe ich doch Jemand mit
dem ich ordentlich von dir plaudern kann. mache ihn nur mit meinen Eigenheiten bekannt:
und daß ich so griesgram aussehen und Einsylbig sein kann, wie ein fernes Donnerwetter.
die 7 WorteAufführung im 2. Konzert für die Hausarmen am 2. April 1813 in Prag; vgl. u. a. den Bericht im Sammler vom 5. Juni 1813. sind also nicht göttlich gegangen. thut mir leid. — ich gäbe was drum wenn
ich bey dir sein könnte und so alle Tonarten, als
F dur, C moll D minor pp moduliren helfen könnte.
nimm dich nur vor den unaufgelösten Dißonanzen in achtAnspielung auf den Umgang mit Gräfin Firmian (F-Dur), Gräfin Caroline Clam-Gallas (c-Moll) und Gräfin Desfours (d-Moll)..
Rhode ist hier und wird in einigen Tagen
eintreffen in Prag.
ich muß dir gestehen daß ich bis jezt gar nicht gerne hier bin, alle
das Pakk an das ich empfohlen bin, bekümmert sich gar nicht um mich, und von vielen
Visiten bin ich kein Freund das weißt du, ich bin nun
begierig wie mein Concert ausfällt,
der Tag war noch einer der
besten den ich erwischen konnte. ich habe erst einmal in
Gesellschaft gespielt und das zwar nur die Variat.
mit Bärmann
die freylich ihre Schuldigkeit thatenVgl. die Tagebuchnotizen vom 11. April 1813., aber was ist das?
du bist begierig auf mein Tagebuch? ach das fällt sehr mager aus und kann ich dir in
3 Worten beynah sagen was einen Tag wie den anderen geschieht. von 7 bis 11 Uhr geht es
bey mir wie in einem Taubenschlage aus und ein dann fange ich an Visiten
zu machen bis 2 Uhr dann geht's zu Tisch bis 4 Uhr dann wieder Visiten
und dann ins Theater,
und
oder
Gesellschaft, oder nach Hause
und geschrieben. ich finde beynahe alles unter meiner Erwartung die großen Lichter
werden alle so klein wenn man sie in der Nähe sieht.
Moscheles,
Hummel, Kruft
pp sind alles nur Sterne von braver aber gewöhnlicher GrößeVgl. dazu die Tagebuchnotizen vom 5. April (Krufft), 14. April (Moscheles) und 16. April 1813 (Hummel)..
Gesehen und gehört habe ich bis jezt d: 4t
Mayseders Concert,
sehr brav läßt aber kaltVgl. u. a. Wiener allgemeine musikalische Zeitung, Nr. 15 (10. April 1813), Sp. 226f.. d: 6t
Titus die Harlas den Sextus, wie gewöhnlich trefflich.
d: 8t David
neue Oper von Liverati. ein
Stiefelpuzzer Spontinis und gebohrner Posauniste. der erste Akt
ziemlich gut, der 2t höchst ledern, übrigens sehr gefallenDie Vorstellungen am 6. und 8. April fanden in der Hofoper (Kärntnertortheater) statt. Zum David vgl. u. a. Wiener allgemeine musikalische Zeitung, Nr. 16 (17. April 1813), Sp. 245–248 und Nr. 17 (24. April 1813), Sp. 249f., Theater-Zeitung, Wien, Jg. 6, Nr. 43 (10. April 1813), S. 169f., Der Sammler, Jg. 5, Nr. 58 (11. April 1813), S. 232 sowie AmZ, Jg. 15, Nr. 18 (5. Mai 1813), Sp. 301..d:
9t Papas OrgelConcert
wobey Beer und ich RegistrirtenZum Concert spirituel in der evangelischen Kirche vgl. u. a. Wiener allgemeine musikalische Zeitung, Nr. 16 (17. April 1813), Sp. 239–241 sowie AmZ, Jg. 15, Nr. 18 (5. Mai 1813), Sp. 301 und Nr. 24 (16. Juni 1813), Sp. 398f.. viel Göttliches, und manches was hätte
wegbleiben können.
300 bezahlte zahlende Zuhörer
a 3 ƒ der Beyfall, – so so – Er wird noch
einige geben. ist übrigens noch ganz der Alte und H: Reiner auch.
d: 10t sprach ich Palffy
der mich ungemein artig aufnahm,
und dem ich versprechen muste alles was ich für das Theater schreibe, ihm zuerst zu
schikken. d: 12t die Jahreszeiten
im Kärnthner Thor mit 200 MusikerZu den Aufführungen des Oratoriums unter der Leitung von A. Salieri am 11. und 12. April 1813, organisiert von der musik. Societät zum Besten ihrer Wittwen u. Waisen
, vgl. AmZ, Jg. 15, Nr. 24 (16. Juni 1813), Sp. 400.. doch ohne großen Effekt gegangen. d: 13t
Bärmanns
Geburtstag, wo deiner oft
gedacht wurde. Beer und ich überraschten ihn, jeder mit seinem
Quintett.Webers Quintett wurde erst 1815 vollendet, in Wien wurde es ohne Rondo gespielt, vgl. JV 182, S. 196
und wir speißten in Schönbrunn.
Abends Clements Concert
in der LeopoldstadtVgl. u. a. Wiener allgemeine musikalische Zeitung, Nr. 17 (24. April 1813), Sp. 255f.. voll, und er spielte sehr brav.
alte Schule, aber correct. d: 14t
H: v: Mosel kennengelernt und seine Frau
spielen hören. d: 15t endlich den Fürst Lobkowitz gesprochen.
Heute endlich sind die 7 Worte
in der PeterskircheVgl. u. a. Wiener allgemeine musikalische Zeitung, Nr. 17 (24. April 1813), Sp. 262–264., und Abends
bey Prof: Zizius das Stabat Mater
von Pergolesi.
die Freundinnen deiner verehrten Gräfin
habe ich auch noch nicht gesprochen, es liegt ein wahrer Fluch auf mir, ich treffe
niemals jemand zu Hause. ich habe 2 herrliche Instrumente gekauft eines von
StreicherLaut Tagebuch am 9. April 1813. Dieses Klavier erwarb Weber laut Tagebuchnotiz vom 10. Mai 1813 für den Prager Kaufmann Johann Pfanner. und 1 von
BrodmannIm Tagebuch ist die Zahlung erst am 3. Mai 1813 festgehalten, zuvor aber zwei Besuche bei Brodmann am 3. und 7. April..
an Einem TageLaut Tagebuch am 3. April 1813. habe ich gewiß 50 verschiedene gesehen von Schanz,
Walter,
Wachtl p p p p p die alle nicht einen Schuß Pulver taugen im Vergleich von jenen.
Mit Treitschke hab ich wegen deiner Oper
gesprochenDas Treffen mit Treitschke ist im Tagebuch nicht festgehalten., und er sagt er würde sie gleich
geben, wenn er nur eine Möglichkeit einsähe sie gut zu besezzen, ohne welches sie keine
Wirkung thun könne. Wegen Mitterdorfer hat es sich
Bärmann
notirt. eben so Vogler wegen
Holzmann.
Neulich hatte ich keinen
kleinen Schrekk. denk dir ich erhalte durch Liebich per
Einschluß einen Brief
von E dur
in L: offen, den die Frau Johanna in
Gedanken weil er unter mehreren Briefen für ihren Mann ankam aufgemacht
hatte. zum Glükk war er so daß
ihn allenfalls jedermann lesen
konnte, aber das war doch nur ein Zufall. der Schrekk will mir noch nicht aus den
Gliedern. von Gottfried höre und sehe ich nichts.
da er mir doch auf so wichtige Dinge zu antworten hatte. mit Beer
stehe ich so scheinbar auf dem alten Fuß, aber das ganz reine
Zutrauen will nicht wieder kommen, wozu auch noch 1000erley Ursachen kommen die zu
schreiben zu weitläufig wären.
Warst du
lange nicht bey Wenzels?Möglicherweise die Familie des Prager Musikers Johann Wenzel.
hast du mich wegen meines nicht Abschiednehmens entschuldigt und
weist du nicht was C DurZur Bedeutung vgl. den Kommentar zu C moll
weiter oben. macht?
die Redacteurs der Zeitungen liegen schon halb krepirt zu meinen Füßen, und ich
hoffe dasdaß troz meinem kurzen Aufenthalte hier doch vieles für mein Bekanntwerden in
Oestreich geschehen wird. Von Politik kann ich dir nichts Neues schreiben, da ihr
ohnedieß alles Näher habt als Wir. Victorine
erwarte ichMontag, die mir recht viel von dir erzählen soll.
Mit meinen Aquisitionen geht es langsam, da ich nicht viel Geld daran wenden kann, und
die Leute hier zu viele Resourçen haben. doch hoffe ich einiges
zu fischen. Mit Verlegern werde ich wohl erst nach meinem Concerte Geschäfte machen könne. Es ist Schade daß ich dann so nach Hause
eilen muß. die Harlas hat ihren Contract abermals auf ein Monat,
bis Mitte May verlängertHelena Harlas sang am Kärntnertortheater in Wien vom 20. Februar bis 21. Mai 1818. Zu den Rollen, der Vertragsverlängerung, dem Honorar und den Pressestimmen vgl. Weber-Studien 8, S. 357–360..
Nun habe ich genug gekrazt und sehe nichts
mehr. lebe wohl, unddu mein liebster treuster Bruder,
schreibe mir bald und viel wieder, grüße alle Bekannte aufs herzlichste, besonders auch
das Clamsche liebe Haus /:
die Gräfin Zapury habe ich nicht finden können :/ und behalte lieb deinen
unveränderlichen
Weber.
Wien d: 16t Aprill 1813.