Carl Maria von Weber an Caroline von Weber in Dresden
Paris, Montag, 27. Februar 1826 (Nr. 6)

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An die Hochwohlgebohrne

Freyfrau, Carolina von Weber.

Dresden.

d: Einschluß.

Kaum hatte ich Gestern meine No: 5. auf die Post gegeben, als Schleßinger deinen lieben No: 1 brachte. Welche unendliche Freude ich darüber hatte kann ich dir gar nicht genug ausdrükken, du weißt nicht wie dem zu Muthe ist, der weit weit weg von seinen Lieben im fremden Lande ganz allein sich fühlt, und nun so ein beruhigendes Lebens und Liebes Zeichen erhält. du gar geliebtes Wesen, ist es denn Recht wenn man auch nur einen Augenblik des Lebens nicht fröhlich zusammen genießt?      Unendlich Freude macht mir deine Versicherung des brav seins, und daß deine Nerven doch beßer geworden sind. das leztere fühle ich auch, denn die mancherley Strapazze macht mir doch nie Kopfweh. der Husten fährt fort sich sehr bescheiden zu halten, und fast augenbliklich zu lösen. Auch fühle ich mich im Ganzen nicht mehr gar so hinfällig. ich habe noch kein Pulver weiter genommen, und gedenke einmal zu sehen was Luft, Bewegung, und Zerstreuung auf meine Gesundheit wirken können. Mein guter Max tröstet dich also. gieb ihm ein Bußerl dafür. die arme Devrient — aber von Roth schreibst du gar nichts. — doch es war ja erst ein Tag nach meiner Abreise.      Was die Mukkin mit meinen Sachen gemacht, hat mir wohl ein Lächeln abgelokt, aber noch freudiger gerührt, und ich begreiffe es recht gut. du guter, alter Hamster!

Gestern ist denn viel abgethan worden. ich habe Besuche bei Pär, Cherubini, Catel, Auber. Meissonier, Bodin, unserm Gesandten pp und bei Rossini gemacht. Mein Empfang war überall das schmeichelhafteste aus wahrer Hochachtung hervorgehender was man haben kann. Rossini hatte Tags zuvor schon Schleß: gebeten ihm meine Ankunft wißen zu laßen, weil Er mir durchaus die erste Visite machen wollte, und er zankte darüber auch den Schleß: aus, war über alle maßen herzlich und zuvorkommend. Viel intereßantes werde ich dir da mündlich zu erzählen haben.      dann wurden Austern gefrühstükt, delikat! das ist frisch! wie dachte ich dabei an die Mukkin, und wünschte mich mit den Austern nur eine Stunde zu ihr.      Die Direktoren der Theater überschütten mich mit Artigkeit. Logen sind schon überall zu meiner Disposition, und auch schon die Aussicht Euryanthe in der großen Oper zu geben*, und die Gewißheit 2 neue schreiben zu können. Nun! erschrikk nur nicht, noch ist es nicht so weit. um ins Theater zu gehen machten wir sehr früh Mittag, nehmlich um 5 Uhr. in einer neuen Restauration. trefflich. alles in Silber servirt. das Drängen und Treiben ist sehr groß. im Theater Faydau sah ich dann Emma, eine recht hübsche Oper von Auber /: der den Schnee gemacht :/. Was spielen diese Sänger vortrefflich. welches Feuer und inein ander greiffen. Orchester recht gut. der Gesang weit beßer als ich dachte. dann noch ins Concert des Violinspielers Beriot. ein sehr großer Künstler, von 20 Jahren erst. da sah ich Kalkbrenner der sich gleich nach dir erkundigte und bestens grüßt.

Es ist sehr spaßhaft mit anzusehen wenn ich an einen solchen Ort komme: wie das wie ein Lauffeuer geht, und das ganze Publikum dem Concert den Rükken kehrt um mich zu sehen. das Concert war richtig schon um ½ 12 Uhr aus, ich trank nur noch eine Framboise au lait, und ging in Bett, schlief vortrefflich, und bin nun frisch und gesund bei der Mukkin. Heute ist zum 1t male Olympia. du kannst denken daß ich hingehe. Uebermorgen soll es wieder fort gehn. wo möglich.      das Wetter ist sehr schön, und daß ich nicht im stürmischen Wetter überfahren werde, kannst du schon glauben.

Nun ade meine Alte, ich hoffe, dieß Briefel soll dich überraschen. sey nur ferner so brav, daß ich ohne Kummer und Angst an dich denken kann.      Nun gehts an meinen Waizen Suff. bin noch nüchtern. Gott segne Euch Alle, Mutter, Max, Lex + + + grüß mir die Marie und den Johann. und alle Freunde. hast du die Henikstein noch nicht gesehen?      Ich umarme dich innigst. der Himmel erhalte Dich gesund. deinem Dich über alles
liebenden alten
Brummpeter
Carl.

[im Kußsymbol:] Millionen
gute Bußen.

Apparat

Zusammenfassung

Freude über Carolines No 1; Beschwichtigung wegen Hustens; berichtet über zahlreiche Visiten vom Vortag; erwähnt Möglichkeit einer Euryanthe-Aufführung in Paris, Aussichten auf Oper für Paris; über Theater- u. Konzertbesuche; erwähnt zahlreiche Bekanntschaften; Weiterfahrt am 29. Febr. geplant

Incipit

Kaum hatte ich Gestern meine No: 5. auf die Post

Verantwortlichkeiten

Übertragung
Eveline Bartlitz; Joachim Veit

Überlieferung

  • Textzeuge: Berlin (D), Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung (D-B)
    Signatur: Mus. ep. C. M. v. Weber 213

    Quellenbeschreibung

    • 1 Bl. (2 b. S. einschl. Adr.)
    • Siegelloch

    Provenienz

    • Weber-Familiennachlass

    Dazugehörige Textwiedergaben

    • Reisebriefe, S. 87–89

    Einzelstellenerläuterung

    • „… der großen Oper zu geben“Euryanthe wurde an der Pariser Opéra erst am 6. April 1831 erstaufgeführt in der frz. Übersetzung von Castil-Blaze; am 14. Januar 1826 wurde eine Euryanthe-Adaption von Castil-Blaze mit dem Titel La Forêt de Sénart im Odéon gespielt; vgl. dazu auch Frank Heidlberger, Carl Maria von Weber und Hector Berlioz. Studien zur französischen Weber-Rezeption, Tutzing 1994, S. 336–358.

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