## Title: Marie Lipsius an Friedrich Wilhelm Jähns in Berlin. Leipzig, Montag, 28. Mai 1883 ## Author: Lipsius, Marie (La Mara) ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A044428 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Leipzig, d. 28. Mai 1883. Lieber hochverehrter Herr Professor! Vieltausend innigen, herzlichen Dank für alles Liebe, Gute u. Schöne, das mir Ihr Brief gesagt u. womit Sie denselben begleiteten. Ich müßte mir, nun ich leider von Ihrem Augenleiden u. dem garstigen Schreibekrampf, der Sie quält, höre, in der That Vorwürfe machen, daß ich Sie für mich bemühte, wäre es nicht eben der Gegenstand Ihres unausgesetzten Interesses | u. Ihrer Lebensarbeit, um dessen willen ich Ihnen diese Mühe verursachte. Darum will ich's auch nicht bereuen, sondern mich von ganzem Herzen freuen, wie gütig Sie meine Bitte erfüllten u. meinen bescheidenen Leistungen u. Bestrebungen noch immer derselbe theilnehmende Gönner u. ermuthigende Freund geblieben, den ich von je in Ihnen verehrte. Also noch einmal tausend Dank! | Ihre gütige Beantwortung der drei Fragen ist meinem Aufsatz nun schon zu Gute gekommen, wie er Ihnen, erscheint erst das Buch, beweisen mag. Betreffs der Brief-Frage möchte ich Sie bitten, falls es Ihnen jetzt nicht gelegen ist, sich nur noch ein wenig Zeit zu gönnen; denn so außerordentlich wichtig mir auch eine Auskunft Ihrerseits in der mir am Herzen liegenden Angelegenheit ist, es wäre | mir doch gar zu leid, Sie um meinetwillen zu drängen.*)*)Auch bitte ich dringend, sich ja nur des Bleistiftes zu bedienen, wenn Sie mir schreiben! Von Ihrem Adagio hatte ich schon viel Gutes gelesen u. freue mich nun sehr der Bekanntschaft, die ich vorläufig freilich nur mit meinen 2 Händen machte, bis mir ein andres Paar zur Verfügung steht. Wie schön wär's, könnten wir's, wie Sie sagen, zusammen spielen. Als kleine Gegengabe nehmen Sie meine „Classiker“ freundlich auf. Nicht daß Sie Ihre armen Augen, denen ich herzlichste Besserung wünsche, damit quälen sollen — es möchte nur gern von Ihnen besessen sein. Ihre treu u. dankbar ergebene Marie Lipsius