Mein lieber Herzensfreund!
Recht erfreut war ich von Ihnen wieder Nachricht erhalten zu haben, und doppelt
erfreut als dieselbe was Ihre liebe geehrte Familie betrifft
so sehr erfreulich für Ihr Vaterherz sein muß, und daß auch was Sie selbst betrifft
im Ganzen genommen doch der Art ist, daß man Gott nicht genug danken kann Sie lieber
Freund noch so geistig frisch u. rüstig zu sehen.
Sie schreiben mir zu meiner großen und aufrichtigsten Freude, daß Sie nichts hindert
Ihre so hochverdienten Arbeiten fortzuführen u. so Gott will auch glücklich zu
vollendenBaermann bezieht sich
auf die Pläne von Jähns, einen Supplementband zu seinem Weber-Werkverzeichnis
herauszugeben.; um wie viel glücklicher sind Sie als ich, der ich mich fast
von allen aufregenden u. anstrengenden Arbeiten seit längerer Zeit schon enthalten
muß, und höchstens einmal Kleinigkeiten zusammenpfusche. Doch laßen wir diese
traurigen Erörterungen meiner Leiden die weder für Sie erfreulich noch für mich
besonders erheiternd sind, und die ich eben in Geduld u. Ergebung hinnehmen muß, weil
es eben doch nicht zu ändern ist. –
Was meine Familie betrifft so befindet sich, einen einzigen sehr traurigen Fall
ausgenommen, alles wohl u. gesund. Meine Tochter Therese hat nämlich vor 2 Monaten ihr allerliebstes Töchterchen Johanna 3 ½ Jahr
alt an der Dyphterie verloren, worüber sie bis jetzt noch
ganz untröstlich ist. Das Dämonische dabei ist, daß Therese mit Johannchen vorher 6 Wochen bei meiner Tochter Fany auf Besuch war, und 14
Tage nach ihrer Rückkunft von dieser scheußlichen Krankheit befallen wurde. Da diese
Krankheit sehr ansteckend ist, so hab ich gleich die ganze Obermayersche Familie in mein Haus genommen bis ihre Wohnung gehörig
ausgereinigt wurde, u. Gottlob ist bis heute alles gut geblieben.
Was Sie über das Textbuch von Peter
Schmoll geschrieben haben ist wohl sehr interressant, doch glauben Sie wirklich daß diese Oper in München 1802
gegeben wurde? Ich konnte nichts hierüber erfahren, ja man behauptet sogar das Gegentheil, u. ich
glaube fast, daß das Textbuch nur in München gedruckt, u. die Oper in
Augsburg gegeben
wurdeDas Arientextbuch von
Joseph Türk nach dem Roman
(1798)
von Karl Gottlob Cramer zur zweiaktigen Oper
Peter Schmoll und seine Nachbarn ist
1802 in
München gedruckt worden (D-B,
Weberiana Cl. VI, Bd. 1, Nr. 1). Die UA hat zwischen
Ende 1802 und
Juli 1803 in
Augsburg durch die Buchnersche (oder Büchnersche) Schauspiel- und
Operngesellschaft stattgefunden. Ob die Oper auch in
München aufgeführt worden
ist, konnte bisher nicht ermittelt werden (vgl. Joachim Veit,
Peter Schmoll und
seine Nachbarn, in: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters,
hg. von Carl Dahlhaus,
Bd. 6, München,
Zürich
1997, S. 654)..
Da es Sie interressirt zu wißen ob das Thema Adagio 2/4 Tackt As dur in der Lachner'schen Suite von ihm selbst ist, so bin ich gestern
zu Lachner selbst
gegangen u. ließ ihn Ihren Brief lesen, worüber er sehr erfreut war und mich ersuchte,: Ihnen ausdrücklich seine Freude u.
seinen besten Dank mitzutheilen, für die rege Theilnahme die Sie seinen Werken
schenken, denn die verzeihliche Schwäche haben wir doch Alle, daß es uns erfreut wenn
wir mit unseren Funken im Herzen Feuer anblasen können, Nicht wahr?
Um aber wieder auf das Thema zu kommen, so ist dasselbe
einem Lied entnommen,
welches Lachner zu Heines Dichtung
Das Königskind
Franz Lachner,
Der Sänger am Rhein. Deutsche Lieder mit
Begleitung des Pianoforte op. 59, Mannheim:
Heckel (VN 514), Nr. 5: Das Königskind
Mir träumte von einem Königskind
, Text von Heinrich Heine.
Um welche Suite es sich handelt, ließ sich nicht ermitteln. (: so glaube ich heißt
das Lied :) componirt hat, und bei der Ausgabe der „Suite“ vergeßen wurde zu
bemerken.
Nun lieber bester Freund leben Sie wohl und Gott erhalte Sie noch recht lange so
frisch u. kräftig zur Freude Ihrer hochverehrten Familie, welche ich bestens zu
grüßen bitte, und zur Freude Ihrer zahlreichen Freunde u. Verehrer und zur ganz
besonderen Freude
Ihres
alten treuen
Freundes Carl Baermann
senior
Blumenstraße 5/1
München den
9t
Ocktbr.
1879
Verzeihen Sie das schlechte Geschreibsel heute, allein ich hatte eine schlaflose
Nacht und bin ziemlich dämlich davon.