## Title: Aufführungsbesprechung Dresden, Linkesches Bad: „Die Heimkehr“ von Houwald am 26. August 1818 (Teil 1 von 2) ## Author: Böttiger, Karl August ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A030288 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Am 26. August. Auf dem Theater am Linkeschen Bade. Zum erstenmal: Die Heimkehr, ein Trauerspiel in einem Akte. Von Ernst Freiherrn von Houwald. Wir finden bekanntlich die vollendetsten und herrlichsten Werke der großartigen, griechischen Sculptur in dem engen Raume eines Carniol-Intaglio meisterhaft oft schon in Antiken uns wiedergegeben. So ist die ächte Laokoonsgruppe mit der Hand des Vaters, die da einen Drachen abhält, über dem Kopf, auf einer alten Gemme zu sehn. Wie nun eine solche Gruppe, die man wohl selbst schon die Tragödie der Sculptur genannt, so auf einem geschnittenen Stein zusammengedrängt bewundert wird, mag auch, wenn's gelingt, ein Trauerspiel in Einem Akte, so sehr es auch jeder Regel widerspricht, gar wohl gepriesen werden. E. v. Houwald, durch eine von Contessa herausgegebene Erzählung und einige dramatische Producte schon vortheilhaft gekannt, wagte sich an diese schwere Aufgabe und lösete sie zur allgemeinen Zufriedenheit eines schon im voraus darauf achtenden Publikums. Die wahre Anekdote, worauf sich das Stück gründet, die Rückkehr eines todtgeglaubten Kriegers, der seine Frau an einen andern, achtungswürdigen Gatten verheirathet und als doppelte Mutter wiederfindet, hat sich nicht nur im Alterthum (man kennt ja das postliminium der alten Römerwelt), sondern ganz vorzüglich oft in den letzten Stürmen der Zeit, die oft Kriegsgefangenen in das innerste Rußland und nach Westindien verpflanzte, mehrmals wiederholt oder vor französischen Gerichtshöfen zu mancher cause celèbre den Stoff gegeben. Das Schicksal hat es zu einer unwillkürlichen und doch stets höchst ärgerlichen Bigamie kommen lassen. Eine wenigstens von den drei hierbei interessirten Personen muß, wenn nicht etwa die Fabel des Grafen von Gleichen wiederholt werden soll, sterben. Die Schwierigkeit liegt nur darin, unter den drei Schlachtopfern des Schicksals das rechte zu treffen. Wie der Dichter die Geschichte hier ausgesonnen hat, muß der Heimkehrende selbst Platz machen. Dieß ist nach des Dichters Angabe der nach funfzehnjähriger Abwesenheit aus der Gefangenschaft und gezwungenem Kriegsdienste in der Verkleidung eines armenischen Kaufmanns zurückkehrende und in dieser Verkleidung seiner ihn noch immer liebenden, aber durch eine untadelhafte Verkettung von Umständen dem braven Förster Wolfram zu Theil gewordene Gattin unerkannt (??) erscheinende Dorner. Dabei hat der zart und tief fühlende Dichter eine Reihe ernst idyllischer, dann wahrhaft tragischer Situationen in wahrer Poesie der Empfindung (die Verskünstler werden hier und da noch einige Härten abgeglättet wünschen) in rasch fortschreitender Handlung trefflich zusammenzufügen gewußt. Nur darüber dürfte die Meinung nicht ungetheilt seyn, ob der anfangs gefaßte Entschluß des Zurückgekommenen, sich durch Gift, welches er in den Familienbecher wirft, um den zweiten Gatten zu tödten, in Wiederbesitz der Gattin zu bringen, der Sache wohl thue. Dies ist die schwache Seite des übrigens höchst gemüthlichen und anziehenden Stücks. Dieser Dorner hört von dem Augenblick, wo er ein Giftmischer aus wüthender Eifersucht und Selbstsucht wird, auf, unser Mitleid zu verdienen. Auch hat der Dichter die Schwierigkeit, wie er nach dieser Vergiftung doch noch zum Besitz des heißgeliebten Weibes gelangen könne, durch den Ausweg, den er im 13ten Auftritte sich vorspiegelt, so wenig gelöst, daß Dorner vielmehr gerade dadurch auch noch als ein sehr leichtsinniger Bösewicht erscheinen muß. Ein weit reinerer tragischer Effect wäre wohl noch auf einem andern Wege zu erhalten gewesen, freilich aber nicht auf einem so kurzen. Und darin sitzt eben der Knoten des Einen Akts. (Der Beschluß folgt.)