## Title: Korrespondenzbericht aus Dresden, 4. Februar 1822 ## Author: Carl August Böttiger ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032364 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Dresden, 4 Febr. Der Tod des zweiten Sohns des jüngsten Bruders unsers Königs Maximilian, des Prinzen Clemens, der mit seinem jüngeren Bruder Johann, zu Anfang des Herbsts von hier über die Schweiz nach Italien gereist, und nur eben bei seinen Schwestern, der Großherzogin und der Erbgroßherzogin von Toscana in Florenz angekommen war, und nach einer kaum viertägigen Krankheit am 5 Jan. in Pisa durch eine allen Mitteln der ersten Aerzte trozenden Hirnentzündung weggeraft wurde, hat nicht blos den Hof, sondern unser ganzes Publikum mit tiefer Trauer erfüllt. Dem Vernehmen nach wird der zur Tröstung seiner Schwestern in Florenz zurükgebliebene Prinz Johann nun allein seine Reise nach Rom und Neapel für jezt nicht fortsezen, sondern schon im März mit seinem Obersthofmeister v. Watzdorf, der auch bei dieser traurigen Veranlassung hohen Muth und Entschlossenheit bewies, und seinem Adjutanten dem Baron v. Lützelrode, über Tirol und München zurükkommen. Der älteste Bruder, Prinz Friedrich, befindet sich mit der Erzherzogin Caroline, seiner Gemahlin, und von seinem Adjutanten dem Major v. Cerrini begleitet, seit Anfang dieses Jahrs am Hoflager in Wien, und findet in der kunsterfüllten Kaiserstadt volle Befriedigung seiner mit so mannichfaltigen Kenntnissen ausgerüsteten Wißbegierde. – Nach dem Stillstand, den die Trauer geboten hatte, wurde die Hofbühne mit des hiesigen berühmten Kapellmeisters Maria v. Weber Freischütz, unter seiner eigenen, alles durchdringenden Direktion, eröfnet. Der Enthusiasmus des überfüllten Hauses durchbrach alle Schranken der Mäßigung, die sonst hier an der Tagesordnung ist. Ein bekränzter Lor | berbaum mit Gedichten behangen, wurde in dem Zwischenakte ins Orchester gebracht und neben der Stelle, wo Weber dirigirte, aufgestellt. Lieblingsarien mußten wiederholt werden. Der hochgefeierte Meister wurde durch fortdauernden Jubel am Schlusse genöthigt, sich vor der Gardine dem Publikum zu zeigen, und wurde nebst den zwei Sängerinnen, die er an der Hand führte, mit Beifall bedekt. Seitdem will man nur den Freischütz hören, und nie sind Plätze genug zu haben. […]