erhalten, London d: 24t Aprill 1826.
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durch No 22.
No 10 13
Mein geliebter Carl! Deine beiden lieben Briefe No 14 und 15 habe ich wieder den 9t zusamen erhalten: viel Angst hätte es mir erspart wenn
sie einen Tag früher gekomen wären, denn der dumme Schlesinger hatte mir geschrieben die Vorstellung des Oberons sey auf den 8ten festgesetztDie Uraufführung von Webers Oberon fand erst am 12. April 1826 statt.. Daß ich
den ganzen Abend tüchtig Herzklopfen hatte kanst Du denken, und wie ärgerte ich mich als
Dein Brief kam, der die Sache noch so in's weite Feld schiebt. Ich müste lügen wenn ich
sagte der Verzuch wäre mir angenehm denn nun muß ich noch länger zappeln. Meine Sorge ist
diesmal doppelt groß weil Du mir auch gar so wenig von den Proben schreibst, auch
tröstest Du mich gar nicht und suchst meinen Muth zu beleben, gewiß hoffst Du nicht
viel, weil Du die arme Mukin so vorbereitest — doch ich will Dir die Ohren nicht voll
klagen; das hilft ja nun nichts mehr, das Loos muß fallen, — ärgere Dich nur ja um
gottes willen nicht, wenn es nicht so ausfällt als wir hoffen! Diesmal kome ich auch mit
einen ganzen Sak voll Neuigkeiten. Die erste und Tollste ist die, daß Graf Hohenthal ein
paar Tage vor der Hochzeit plötzlich mit seiner Braut gebrochen hat; und weg gereist ist. Die Uhrsach wird auf verschiedene Weise erzählt, aber ich glaube er hat die verlangten 4000 Thaler Nadelgeld nicht geben wollen, oder
können. Die arme Tibaldi ist vor alteration krank. Die
zweite Neuigkeit ist lustiger: Vor 14 Tagen kam die Mell Wolbrük hier an, ihre
Schwester, die Detroit zu besuchen. Herr Marschner lernt sie kennen, verliebt sich, und will sie heurathen. Daß er sich alle
Mühe giebt sie hier zu engagieren kanst Du denken, doch wehe der Direction wenn sie es
thun. Schon
3 Monaten ist die Marschner tod! Das nenne ich doch ein paar
leichtsinnige Männer. Meintwegen! habe ich doch eine gute brave
Männe! Ach hätte ich ihn nur erst wieder! Gebe nur gott daß der
englische Artzt den rechten Flek getroffen hat, und die Pillen fortwährend so gut
würken.
Das Wetter ist seit 3 Tagen bey uns recht schön, gestern abend sind wir
tüchtig angeführt worden. Ich fuhr mit Rothens nach Hosterwitz um zu sehen ob alles in
Ortnung ist. Wie wir ausfuhren war das Wetter herlich! auf einmal steigt ein Gewitter auf, und ehe wir's uns versehen werden wir tüchtig
getauft, so daß die EngelhardJulie Eleonore Engelhardt, Tochter von Johann Traugott Roth, verheiratet mit August Moritz Engelhardt. und Rothe, die rükwärts geseßen hatten in Hosterwitz ihre Kleider am Herd troknen musten. Zum Glük hat es
keinen was geschadet. Felsner hat alle Stuben gemahlt; und auch übrigens alles in besten
Standt gesetzt, nur eine neue Bratröhre werde ich kaufen müßen, die alte ist ganz
durchgebrant. Um die hübsche Allee habe ich mich ortendlich betrübt, auch die Pappel
Allee haben sie schreklich gestutzt, kurz die Gegend kam mir vor, wie ein Mensch dem
man die Haare recht kurz verschnitten hat. In Deinen Zimerchen wurde mir recht weich
um's Herz, und ich muß gestehen, so lieb mir Rothes Gegenwarth sein wird, in Deinen Zimmer sehe ich ihn doch nicht gerne. Max wuste sich noch
überall zurecht zu finden, und wollte gar nicht wieder fort. Sobald ein Brief da ist
wegen der Oper, wollen wir auch gleich heraus. Heute wie ich Deine Sachen zusamen krame
um noch alles waschen zu laßen, fällt mir auch aus einer weißen Weste die goldne
zahnstocher Büchse entgegen wir hatten doch so gesucht! nur gut
sdasß das hübsche Ding wieder da ist. Habe auch heute ein Haus vor dem schwarzen Thor
besehen was zu verkaufen ist, Du erinnerst doch wohl, es steht dem Thor grad gegen über,
der Huthmacher hat's gebaut. Das Haus ist würklich gar lieb, und der garten groß und gut
angelegt. zwischen 6 und 7 Tausend Thaler soll es kosten. Aber auch der Ermelsche
Weinberg soll jetzt für 1500 Thaler verkauft werden. Keller der
ihn kennt, und auch Rothe meinen, das Haus allein sey vielmehr werth. Die Lage soll sehr schön sein zum Spaß will ich mir ihn morgen einmal ansehen. Es ist schade daß Du grade nicht da bist, villeicht liese
sich da ein Somer Logie kaufen.
Den 13t Morgens.
Ich sollte wohl eigendlich heute nicht schreiben, denn Dein letzter Brief
No 16 vom 4t den ich eben erhalten habe hat mich unentlich
betrübt gemacht. Ach Du arme Männe! in was für einer Stimung bist Du! und das soll würklich
blos körperlich sein? gewiß nicht mein
Leben!, ich sehe aus allen daß Du mit dem Gang der Oper unzufrieden bist, und das der
verfehlte Hauptzwek Deiner Reise Dich so trübe stimmt. Es wäre
wohl traurich wenn es so wäre, aber Du hast doch nicht Recht
Dich so zu betrüben Deine Gesundheit leidet zu sehr darunter, denke an uns und laß es gehn wie es geht. Könnte ich nur bey Dir sein! Meine Unruh ist sehr
groß — ach wärst Du lieber nicht gegangen! all die Strabatz ist sind zu viel für Deinen schwachen
Körper was gäbe ich darum könnte ich Dir jetzt mein Befinden
geben was Gott lob! recht gut ist, Trotz der ewigen Angst in der ich lebe. Nicht
vergebens habe ich so vor dieser Reise gezittert — nun wie Gott will! er wird uns doch
nicht ganz verlaßen. Aber an diese Zeit will ich denken so lang ich lebe. Die Kinder
sind auch recht wohl und nehmen zu, an leib und Seele, aber Gott verzeihe mir, ich kann
mich nur halb darüber freuen wenn ich Dich so trübe und unwohl weiß, überhaubt ist das
ein Leben um was ich nicht zu beneiden bin — doch ich will der Vernunft gehör geben und
mich nicht auch meinen Trübsin hingeben — jetzt ist doch nichts zu ändern und man muß
Geduld haben. Der herzlichste Antheil wird von allen Seiten genomen, und fast alle Tage
schiken die Menschen sich nach Dir zu erkundigen. Der Schlesinger quält um die
Partitur, und ich werde sie ihm doch wohl schiken müßenGemeint ist die Partitur vom Oberon; vgl. auch Brief von Weber an seine Frau vom 6./7. April 1826. Caroline von Weber schickte die Partitur bereits am 9. April an Schlesinger, wie aus dem Brief an Schlesinger vom 11. April 1826 hervorgeht.. Den 15t ist Rothes silberne HochzeitDie Formulierung deutet darauf hin, dass Johann Traugott Roth und dessen Frau Julie Henriette, geb. Ludwig, ihr Hochzeitsjubiläum feierten. Vgl. dazu auch den folgenden Brief. und unser Rothe hat alle Hände voll zu thun mit einen kleinen Fest was er veranstaltet. Die glüklichen Menschen! Die
leben zwar ohne große Freude, aber auch ohne große Sorge ihren Schlendrian fort. Werden wir das wohl je empfinden? gewiß nicht! bey uns ist's ein ewiges Hasart Spiel. bis zum nächsten
Brief, der hoffendlich beßer ist, mögte ich meine Lage verschenken können!
Jeden erbreche ich mit Herzklopfen, und hat er so ein
trüb Gesichtel wie der Letzte dann würdest Du Mitleid mit
der armen Mukin haben wenn Du sie sähst doch der Brief geht erst morgen fort, ich will
aufhören, morgen würd’s wieder beßer sein. Gott segne Dich mein Leben und schenke Dir ein
bischen frohen Muth.
Den 14t Guten Morgen mein Alter! hast Du gut
geschlafen? bist Du nicht mopsig? ich bin heute bei weiten wieder ruhiger. habe Deinen
Brief noch 20mal gelesen, und am Ende gefunden daß er doch so arg nicht ist. Laß uns auf Gott vertraun, er wird uns wieder helfen wie bisher, und wird auch meiner armen Männe seine Gesundheit wieder schenken. Wenn wir in
Hosterviz sein werden, wollen wir Dich recht hätscheln und
pflegen. Die erste Zeit kanst Du ja Inconnito da sein, und Deine Visiten nach und nach
machen. Das, auf dem Lande wohnen, wird Dir auch die vielen Frager ein bißchen vom Leibe halten, und so braucht sich mein Alter vor der Heimath diesmal nur halb so viel zu fürchten. Deine Alte wird auch recht
heiter sein und wills Gott Deine Grillen so viel möglich verscheuchen. Die paar dummen
SchloßhundeTränen die da auf dem Papir herum laufen sind mir gestern in der ersten Angst
ausgekomen, heute hätte ich sie gern wieder eingefangen, wenn es ginge. Nein, bitte
bitte, gute Männe sey nicht mehr betrübt, und laß uns das
bischen leben noch froh genißen, es ist würklich die höchste Zeit. Sollte aber dem
gestrengen Herrn die Lust wieder ankomen zu reisen so will ich
diesen letzten Brief dem ZuchFVogel vor halten — aber das wird
auch nichts helfen. Mit gehen thun wir aber auf jeden Fall, und
gingst Du nach Amerika. Die Veilchen die hier liegen schikt Dir Dein Max er hat sie
selbst gefunden und gleich gesagt: die muß der Vater haben. Hier fangen jetzt auch die
Bäume zu blühen an. Gestern hatten wir wieder ein Gewitter.
Die will ich mir gefallen laßen, wenn nur keins an mein Himel aufsteigt, denn da schlägt's mir immer im Herzen ein.
Leb wohl leb wohl! mein Leben. Gott segne Dich + + +.