## Title: Caroline von Weber an Friedrich Wilhelm und Ida Jähns in Berlin. Dresden, erhalten Montag, 10. April 1848 ## Author: Weber, Caroline von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A046295 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Meine geliebten Kinder Fast mögte man es verschwören in dieser Schrekenszeit eine Feder in die Hand zu nehmen, denn was ist es was man seinen Freunden mittheilen kann? ach, nur Klagen, nur Ausbrüche des Umuths der Angst und des gequelten Herzens — Was soll nur noch aus all den Wirren unserer Zeit werden? werden wir es erleben den Baum der Freyheit, nach den alle hoffend blicken wachsen zu sehen? und wird sein Keim nicht erst mit Blut, und Thränen gedüngt werden müssen? Villeicht habt Ihr in der Zeitung von den grossen Brand in Chemnitz gelesen, welcher in der Nacht vom 27. bis 28. März 14 Häuser in Asche legte? Dieses Unglück traf eine Strasse welche dicht neben dem Hause meiner Kinder wegläuft, und Nettchen, welche wieder allein war, weil jetzt Max in Riesa sein muss, schwebte die ganze Nacht in der grössten Gefahr, und nur durch ein Wunder wurde das Haus in welchen die Kinder wohnen, erhalten. Der grosse Schreck hat sehr nachteilig auf ihre Gesundheit gewirkt, und vorgestern bekam Max einen Brief, welcher ihn schleunig nach Chemnitz rief weil seine Frau sehr unwohl sey. Mit wahrer herzens Angst erwarte ich heute eine Nachricht und schon habe ich alles zu einer schleunigen Abreise vorbereitet im Fall Max meine Gegenwarth wünscht. Es ist würklich merkwürdig wie jetzt alles auf uns einstürmt, und wie fast kein Tag vergeht wo nicht eine schrekens Nachricht kömt. In der Gegend von Chemnitz haben sich 8000 Tausend Eisenbahn- und Fabrik-Arbeiter zusamen gerottet, welche geschworen haben alle Fabriken zu zerstören. Das Schloss des Fürsten von Waldenburg haben sie schon abgebrannt, und wie man hört brannte gestern auch das Schloss des Herrn von Schönberg. Nun gehen sie wie man sagt nach Chemnitz um dort alles nieder zu brennen und zu zerstören. Das Militair von hier, mit 4 Kanonen ist gestern von hier dahin aufgebrochen und man muss Gott bitten dass sie noch zur rechten Zeit komen. Wenn nur Nettchen so weit hergestellt ist dass sie reisen kann, so soll sie mit dem Kinde hieher komen, und ich trete ihr mein Quartier ab. Ich ziehe indessen zu Mad. Paldamus in die Lilliengasse, weil es nicht gut thut wenn wir zusamen wohnen. Mein Somer Logie in Pillnitz habe ich aufgegeben weil man jetzt jede Ausgabe vermeiden muss, und ich auch da draussen keine Ruhe hätte. Ach Gott, wie soll sich nur die Zukunft für uns gestalten? Ihr könnt nicht glauben wie voll Sorgen mein Herz ist!! Sorgen Sie nur mein guter Jähns dass Schlesinger sein Wort hält und die 400 Thaler zahlt, denn da weder die Zinsen der Kapitalien ordentlich gezahlt werden, noch irgend ein Papiergeld einige Werth hat, so ist dies Geld zur Bestreitung unseres Lebens für die nächste Zukunft, und zur Dekung der Kosten eines Umzugs bestimt. Wenden Sie alles an guter Jähns den Schlesinger zum zahlen zu vermögen, und erinnern Sie ihn wie oft ich erfolglos an ihn schrieb damit er sich wegen der Zeitbestimmung für das Privilegium erklären sollte, dass folglich er allein die Schuld trage dass wir das Privilegium noch nicht erhalten hätten. Lassen Sie ihn auch merken dass wir gewiss, im Fall er diesmal wieder unnobel an uns handlen würde, dieser Fall in Webers Biographie gewiss nicht unerwähnt bleiben würde damit die Welt doch sehe wie der Verleger des Freyschützen, welcher dadurch reich geworden ist, an Webers Hinterlassenen gehandelt hat. Vergessen Sie ja nicht ihm das zu sagen denn ich bin fest entschlossen meine Drohung ins Werk zu setzen. Das Geld für die Copiatur muss er den armen Notenschreibern auch gleich schicken denn diese Leute leben aus der Hand in den Mund, und ich kann jetzt keine Auslagen machen. Unsern guten Lichtenstein habe ich von all den trüben Vorfällen welche ich Ihnen mittheile nichts geschrieben weil ich wünsche er mögte meinen Brief den Schlesinger lesen lassen können, wenn er es für gut findet. Glauben Sie mir mein guter Jähns. mit S. muss man keine Umstände machen, sondern recht bestimmt auftreten. Er hat, wie alle seines Glaubens, wenig Muth, und ein festes Entgegentreten imponiert ihm. Doch Sie werden, vereint mit unsern verehrten Freund, gewiss alles thun unser Intresse zu wahren. Sollte S. übrigens die ganze Summe nicht auf einmal zahlen wollen, so mag er jetzt die Hälfte, und zu Michaely die Andere geben. Doch natürlich ist mirs lieber er zahlt gleich, denn sonst geht zu Michaely die Quelerey wieder los. Ach ich bin so erfüllt von all meinen Sorgen für die Zukunft dass ich Euch Ihr Lieben nur von meinen Angelegenheiten sprechen kann, ogbleich ich auch um Euer Ergehen in Sorge bin. Wie gestaltet sich den alles? Haben Ihre Stunden wieder ruhigen Fortgang? Wie hat die Angst und der Schreken auf der armen Ida Gesundheit gewirkt? Ich kome vor lauter Unruh nicht dazu, zu fühlen wie ich mich befinde, und bin nur immer froh wenn wieder ein Tag herum ist. Ach Gottes Welt ist so schön, ein Blick hinaus auf die Blüthen, und sonnigen Himmel könnte das Herz so erfreuen, wenn die Menschen nicht durch ihren Unverstant eine Last von Sorgen darauf gewälzt hätte[n]. Ja ja, sie denken das goldene Zeitalter werde nun anbrechen, aber ich fürchte „die Reichen werden arm, aber die Armen nicht reich werden[“]. Man sieht überall nur sorgenvolle Gesichter, und komt man mit Freunden zusamen so ist es nur um miteinander zu klagen —. Werde ich denn wohl Eins von Euch diesen Somer sehen? Gebe Gott dass es möglich wird; und dass wir dann alle heiterer sind als jetzt. Gott schütze und erhalte Euch meine lieben Kinder. Stets Eure treue Mutter Weber Die Partituren habe ich heut an Lichtenstein abgeschikt.