## Title: Ignaz Franz Castelli an Helmina von Chézy in Baden bei Wien. Wien, Dienstag, 12. August 1823 ## Author: Castelli, Ignaz Franz ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A045226 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ #lb#Wien am 12t August 823Recht schön ist es meine verehrte Freundinn, daß Sie mich schon so bald mit einem Briefchen erfreuten. Es zeigt mir daß unsere persönliche Bekanntschaft den Antheil nicht vermindert habe den Sie früher an mir nahmen Ich wünsche daß das so fort gehen möge bis an des Lebens Ende, wo man fröhlicher hinüber geht wenn sich hier echt viele Augen für uns nassen Das glaub' ich ist der einzige Schmerz der uns selbst wohl thut, indem wir ihn Andern machen Ihrer Beschreibung nach zu urtheilen muß Ihr Wohnplätzchen recht heimlich seyn. Aber wer weiß? Ihre Beschreibungen sind ja immer schöner als der Gegenstand selbst Ihre Geistesprodukte sollen mich überzeugen, ob Sie sich dort wohl befanden Dichten Sie nur recht viel. – Wo es traulich ist kehrt die Muse gerne ein, und aus ihrer brünstigen Umarmung – Doch halt! ich rede ja da von zwey Frauenzimmern! Nun ja doch, die Liebe ist ja nicht allein Schöpferinn die Freundschaft ist es auch Heute endlich meine werthe Freundinn hab' ich Ihr Päckchen erhalten und Ihre neue Corinna gelesen Sie ist hübsch, sehr hübsch und auch die Ausführung von der jungen Tante sehr verschieden obschon die Hauptideen sich ähnlich sind. Darum lassen Sie sich ob der Annahme und guten Aufführung Aufnahme kein graues Häärlein wachsen Die Direktion muß froh seyn wenn sie mehrere solche Stücke bekömmt | Da Sie mir sagten, Sie wollten die erste Scene noch ändern, so übersende ich Ihnen beyliegend das Manuscript. Aendern Sie und behalten Sie / ich sage das, weil ich gerne für Sie handeln möchte, da Sie wie es scheint, den eigentlichen Geisteshandel noch nicht recht verstehn. / das geänderte Manuscript zurück Ich kehre längstens in 14 Tagen wieder und dann wollen wir das Beste thun. Vor meiner Abreise kann ich sie leider in Baaden nicht mehr besuchen; denn meine Stunden sind gemessen Ich reise schon freytags ab und diese paar Tage will ich meiner Freundinn noch schenken, da sie mir schon so viele Jahre geschenkt hat. Aber bald nach meiner Zurückkunft besuch' ich Sie mit dieser dann wollen wir denn das luftige duftige, räumliche heimliche. – dienende, grünende Häuslein und Gärtlein miteinander durchgehen und vielleicht es wäre spassig und neu ein Lied miteinander abwechselnd jedes einen Vers dichten. Langern und allen Ihren Bekannten werd ich Ihre Grüße bestellen. Vergelten Sie mir dadurch daß Sie mich der lieben guten Pichler empfehlen Meine Freundinn erinnert sich Ihrer mit Wärme und ist Ihnen eben so freundlich zugethan als Ihr IFCastelli Leben Sie vergnügt