## Title: Helmina von Chézy an Carl Maria von Weber in Dresden (Entwurf). Dresden, Samstag, 14. Juni 1823 ## Author: Chézy, Helmina von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A042045 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Mein verehrter Freund! Ein kleiner Ausflug in die sächsische Schweitz hat mich abgehalten Ihnen früher zu schreiben. Erörterungen über den Geschichtgang unsers Geschäfts, über die flüchtige Unterredung die Sie im Nov: 1821 wegen des Honorars anknüpften u. s. w., erspare ich für den Fall, wo Sie mich wirklich dazu zwingen vermeide ich So etwas raubt gegenseitig Zeit u Geduld, u ich hoffe dieser Fall wird nicht eintreten. Nur so viel: Sie irren sich, wenn Sie glauben Ich konnte nicht glauben, daß ich mich in das Blaue hinein gewagt hätte, Ihnen etwas Ungewöhnliches u Unstatthaftes anzusinnen, da ich durch verschiedene Anträge u Anfragen bin ich seit länger als einem Jahre vollkommen Nachrichten die Ihrer Ansicht an unser Geschäft in vollkommenstem Widerspruch stehen über die Ansprüche im Klaren habe, die der Dichter eines Originaloperntextes, der den Abend füllt, u noch dazu einer durchzukomponierenden Dichtung an die Direktionen der Theater zu machen hat gewöhnlich macht. daß ich 1) meine Anforderung deshalb auf das gegen Sie erst nach Vollendung meiner Arbeit, u dann auf das Zarteste u Freundlichste aussprach, daß ich 2) bei Beginn des Arbeit Werkes mich nicht von meinen Rechten in Kenntniß zu setzen suchte, daß ich drittens 3) meine neuen Umarbeitungen u die Vermehrung der bereits concipirten Oper mit einem dritten Akt vornahm, ohne mit Ihnen die leiseste Rücksprache über meinen Vortheil zu nehmen – das kann ja doch wohl nie in Ihren den Augen des Freundes weder nun zur UnEhre gereichen, noch seinen Antheil des Freundes für mich nur erhöhen für mich kühler machen. Nur Verschiedenheit der Ansichten kann Sie, theuerster Freund, bestimmt haben mir zu erklären: Sie hielten unser Geschäft, als solches, für völlig abgemacht. Ich darf es faßen! Sie werden mir durch Mißgeschicke so gebeugte Freundin, die sich Ihnen so treu bewiesen bewährt, bei reiferem Nachdenken nicht Anlaß geben über Sie | Sie zu klagen! Zeit, Mühe, Anstrengung kann bey Ihnen nicht so hier, wie Sie mit Recht bedenken, nicht in Anschlag kommen, oder die schöne Nur aus einer Gesinnung, aus der meine die ich Ihnen so gern bewahren möchte konnte so angestrengte Bemühungen hervor giengen genug diese konnten mich befeuern u empor halten! mit solcher Ausdauer u Liebe hervorgehn. Warum erkennen Sie nur dieß nicht an, (denn das dürre Wort der Anerkennung kann mir hier nicht genügen) Warum nun wollen Sie mich ohne daß Ihnen Vortheil daraus erwächst […] durch Vernachläßigung meiner Ansprüche ohne mich um meinen bescheidenen Antheil an dem Lohn unsrer Arbeit bringen? Wie kann der nichtige Vorwand des bei der Aufführung zu erscheinenden Opernbuchs von Wien, in Ihren Augen nur auch bei der flüchtigsten Ueberlegung Gewicht gehabt haben? Wallish. druckt ja Alle Opern, die in Wien aufgeführt werden!, […] lasse […] Textbuch haben […] Meine und meine durchkomponirter Dichtung steht ja Wort für Wort in Ihrer Partitur! — — Vergönnen Sie mir, unbeschadet unserer freundschaftlichen Verhältnisse Ihnen meine Ansichten weiter zu enthüllen. Sie sind, mein verehrter Freund, in meinen Augen, der Natur Sachw unseres Geschäftes nach in gemeinschaftl. Intereße der Sachwalter meines Eigenthums, das Ihrem Genius u Ihrer Freundschaft mit Entzücken anvertraut worden. Mein quittirendes Briefchen kann nur für das mir durch Ihre gütige Vermittlung bewilligte Honorar von 30 Ducaten aus Wien gelten, u nur in Hinsicht auf meine erste, im Februar 1822 allseitig, sowohl von Ihnen, als der Wiener Direktion u der k. k. Censur aufgenommenen Oper Euryanthe in zwey Akten gelten! Doppelt heilig ist dem Mann von Gefühl u Ehre das Eigenthum | und Pfand der Freundschaft, u. das Recht des Unbeglückten, wie schmerzlich es mir fällt, ich muß Sie daran erinnern, ich auch das Herbste überwinden muß, wo es meine Pflichten gegen die Meinigen gilt. So bitte ich Sie denn mich freundschaftlich u. offen zu belehren, in wie fern Sie mein verehrter Freund, es für möglich halten, daß die Wiener Direktion mit den oft erwähnten, mir auf Ihre Vermittlung zugestandenen dreißig Dukaten jeder andern ersinnlichen Theater Direktion das Recht erkauft habe auf ewige Zeiten hinaus mein Werk zu Aufführung u Textbüchern zu benutzen? — Bin ich denn todt u wurde die […] gefunden ich lebe ja noch, u mein Werk ist mein Eigenthum! Vom Freunde einen Lohn Bezahlung zu verlangen, das dieser mich meine Forderungen fragte u eh ich wußte, ob ich dem Unternehmen gewachsen sey — überhaupt vom Freunde etwas für meine Mühe zu nehmen, werden Sie nicht so unzart seyn, mir zuzumuthen, Sie werden mir ... vergönnen...im Voraus zu thun, was Friedrich Kind gethan nachdem der Hand gethan, Sie ihn damit überraschten, u das unverlangte […] Ihrer persönlichen Dankbarkeit, auf das Sie mir so freundschaftlich Hoffnung machen, hiemit auf jeden Fall einmahl für allemahl zurückzuweisen, indem ich sonst nichts verlange, als das, mein Recht, welches Ihre höhern u. rechtmäßigen Ansprüche um kein Haar verkümmerte! Möge doch jeder herrliche Erfolg | in jeder Hinsicht Ihre edlen Mühen krönen – ......... Mögen die schönsten Lorbeeren nur Ihnen zum Kranze grünen – bey Gott, es soll mich innig freuen! Niedrige Mißgunst ist mir ewig fern, ich erkenne u verehre glühend Ihren Rechte Genius u Ihre höheren Ansprüche an Beifall u Lohn, u werde es stets für meinen höchsten Ruhm achten daß eine Idee, die von mir ausging C. M. v. W. begeistern konnte Gewiß, Sie werden nicht bey Ihrer in Ihrem Schreiben vom 5 Junius aus gesprochenen Ansicht beharren, innig bitte ich Sie: handeln Sie gegen mich so wieder, wie ich gegen Sie gethan! Ich bedarf in meinen Bekümmernissen, bey meiner Kränklichkeit u Geistesermattung der Hoffnung auf den bescheidenen Lohn der mühevollsten Arbeit, ich bedarf der Wiederbefestigung des Glaubens an Sie, ich bedarf Ihrer Versicherung: daß Sie, das Werk, welches Sie selbst laut u überall die schönste deutsche Oper nennen — schon um der Mühe willen, die Sie sich selbst dabey gegeben haben mich in das Wesen der Gesanges Oper einzuweihen — nicht mit Ihrer Partitur umsonst mit in den Kauf zu geben gesonnen sind! – Ihre Enscheidung so hoffe ich gewährt mir bald das schöne Recht mich mit vollem Herzen zu nennen Ihre dankbare Freundin Helmina v Chezy geb. Klencke Dresden d. 14 Junius 1823.