## Title: Helmina von Chézy an einen gräflichen Hoftheaterdirektor. vermutlich aus Dresden, Samstag, 28. Juni 1823? ## Author: Chezy, Helmina von ## Version: 4.10.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A047645 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Hochgeborner, hochzuverehrender Graf! Es würde mich sehr glücklich machen, wenn irgend eine nähere, geistige Bekanntschaft mit der Lyrischen Dichterin Ewr Hochgeboren zu einem günstigen Vorurtheil für ihre neubegonnene Laufbahn, für ihre ersten dramatischen Arbeiten gewönne. Von Ihnen erscheint mir Solche, bereits von den Ersten und Meisten unserer norddeutschen Theater mit überraschender Freudigkeit aufgenommen, möge sie sich Ihres Beifalls erfreuen, u möge Ihr Ruf und Wink sie geistig in das Leben zaubern. Wie der Frühling mit Blüten verschwenderisch freigebig ist, die ernstern, durch Sonnenschein u Gewitter gewaltiger wirkende Jahreszeit Blüthen zerstört u Früchte reist, so wendet sich jetzt mein Hang mächtig vom Lyrischen ab, nach dem dramatischen hin, doch wünsche ich die heitere Seite des Lebens abzuspiegeln, denn die Erheiterung von Allem bedarf unsere Zeit. Die Euryanthe, die ich hier Weber gedichtet, eine Arbeit die beinah zwey Jahr[e] hinweggenommen möge auch dafür zeugen, daß ich dem Ernst und der Wehmuth nicht ganz abgewendet seyn will, u überhaupt hoffe ich mich jetzt ausschließlich dem dramatischen Fach widmen zu können. Um mehreres Hin u Wiederschreiben über die unbedeutende Kleinigkeit, welche ich die Ehre habe Ew Hochgeboren Beurtheilung vorzulegen, wegen der Entlonung zu vermeiden, ersuche ich Sie mit ergebenster Bitte um schnelle Entscheidung, u um die Bestimmung eines Honorars von 4 Ducaten oder 12 Rthlr, gleichviel, ich glaube durch diese einfache Forderung darzuthun daß ich die gewöhnlichen Preise, die Haupttheaterdirektionen auf solche kleinen Zwischenspiele setzen, nicht zu überfordern gesonnen bin. Die ich mit der auszeichnendsten Hochachtung habe ich die Ehre mich zu nennen Verehrter Herr Graf! Ewr Hochgeboren ganz ergebenste Dienerin Helmina von Chezy geborne Freiin Klencke Adreße: abzugeben bey Hofrath Carl Winkler in Dresden. Dresden d. 28 Junius 1822. | N. S. Ich darf voraussetzen daß die Euryanthe, die ich für Carl Maria von Weber gedichtet über alle deutsche Bühnen im Fluge siegreich ziehen wird, u nehme mir die Ehre Ewr Hochgeboren vorläufig darauf aufmerksam zu machen daß ich mit dem verdienstvollen Compositör die Nebeneinkunft getroffen daß die Dichtung an mich besonders honoriert wird, da ich den Lohn dieser mühevollen, Zeit kostenden Arbeit (sie ist seit Okt: 1821 angefangen u in 8 Umarbeitungen erst jetzt vollendet) durchaus nicht vom Herrn Weber, sondern von dem Glück, das die Arbeit machen wird, abhängig habe machen wollen. Kein Zweifel, daß das Stück Furore macht, ich weiß, daß ich meine Anstrengungen um einen Theil dieses Gelingens beimessen darf, deshalb verlange ich auch um einen bescheidenen Antheil an der Belohnung, u um der verehrlichen die Acquisition nicht zu erschweren habe ich die Ehre es der Bestimmung derselben zu überlassen, wie hoch sie eine Originaloperndichtung, die völlig durchcomponirt, u ganz im innigsten Einverstand mit den Wünschen des geistvollen Tonsetzers gedichtet ist, honoriren wollen. Wobei ich noch bemerke daß die Erfüllung der Bedingung eines angemessenen Honorars für mich unerläßlich ist, wo die Oper aufgeführt werden soll.