## Title: Dichtung „Der Josephen-Baum gepflanzt von Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Josephe am 26. August 1819“ von Karl August Engelhardt ## Author: Engelhardt, Karl August ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A030573 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Hierzu eine Beilage: Der Josephenbaum, gepflanzt von Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessin Josephine, am 26. August im Garten Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Maximilian. Eine Dichtung von Engelhardt (Richard Roos), welche auch einzeln für 2 Gr. zu bekommen ist, in der Arnoldischen Buchhandlung. | Der#lb#Josephen-Baum#lb#gepflanzt#lb#von#lb#Ihrer Königl. Hoheit der Prinzessinn#lb#Josephe#lb#am 26. August 1819#lb#im Garten Sr. des Prinzen Maximilian Herzogs von Sachsen#lb#Königl. Hoheit.*)*)Anmerkung. Die Dichtung ist von dem Kriegs-Archiv-Secretair Engelhardt; die Composition von dem Musik-Director Weinlig; Amor ward gegeben von Julius Schirmer; die Chöre wurden gesungen von Mitgliedern der Weinligschen Singakademie; das Harmonichord spielte dessen Erfinder, der Akustiker Kaufmann.Im Hintergrunde ein Myrtenhain, mit untermischten Rosen- und Granatbäumen. – Beim Nähern Ihrer Königl. Hoheit ertönt aus dem Haine zuerst eine sanfte Musik, (Harmonichord) dann der unsichtbare Chor: Säuselt sanft, ihr Abendlüfte! Blumen, hauchet Balsamdüfte! Schmücke bräutlich dich, Natur! Ihr, der Lieb' und Hof[f]nung Sterne, Stralt aus ungemeßner Ferne Mild herab auf diese Flur! Silbersait',im sanften Strome, Rausche von des Himmels Dome, Daß sie tönen deine Lieder In den Pyrenäen wieder!(Das Harmonichord tönt in sich verlierenden Klängen nach; dann erscheint auf dem Piedestal, wo bisher ein steinerner Amor stand, ein lebender, einen Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken, einen goldnen Pfeil in der Hand. Für sich:) Sie naht – sie naht – zum letztenmal seh' ich sie hier – Leiht, gute Götter! – leihet mir Der Rede Schmuck, des Wortes Zier, Denn heis glüht mein Verlangen, Sie würdig zu empfangen.(Zu Ihrer Königl. Hoheit.) Sei mir gegrüßt, Erhabne! – – Du erschrickst doch nicht, Daß Dir ein Stein den Gruß der Liebe spricht – – Ja, wie aus Kindern werden Leute, Aus Fürstentöchtern Königsbräute, So könnten wohl die Götter Kraft und Leben Dem Steine geben – Auch schreibt sich ja nicht von heute und gestern Die Bekanntschaft mit dem steinernen Knaben her – | Wie oft bist Du, mit herzigen Brüdern und Schwestern, Hier lustig gesprungen wie Kreuz und Quer, Nicht wissend, was der kleine steinerne Knabe Mit Bogen und Pfeil zu bedeuten habe. Schon damals thäten die Götter beschliessen, Für Dich sollt' ich einst, an des Manzanares Strand, Den schärfsten meiner Pfeile verschiessen – Und würdest Du mitleidig dann eilen, Von Haus und Hof und Vaterland, Die Herzenswunde zu heilen, Da sollt' ich zum Abschied Dich freundlich begrüssen – Nun siehe! erfüllt ist der Götter Schluß – Und bereit der steinerne Knabe, Als letzte freundliche Gabe, Dir zu sprechen, Erhabne! den Abschiedsgruß – (Harmonichord in wehmüthigen Klängen – dann Amor:) Wer scheidet, pflegt ja oft, mit milden Händen, Ein Angedenken gern dem Bleibenden zu spenden. Darum verzeihe, wenn ich, in der Deinen Mitte, Für sie und mich ein solches jetzt erbitte. Sieh! dieser kleine Raum, Dir wohl bekannt, Wo ich, auf das Geheis der Götter, In jedem Sturm und Wetter, Als Schutzgeist dieses Gartens stand – Er war – er ist noch mein – Doch Dir, erhabne Fürstinn! Dir! Will ich ihn nun mit Freuden weih'n. – Die neue kleine Zier, In der Du heute ihn erblickst, Sie soll – die Götter mögen segnend drüber walten – Dein Angedenken ewig hier erhalten! (Auf ein von Rosen gebildetes, mit einer Krone von Myrten und Granaten verziertes, colossales J. zeigend.) Sieh! Fürstentochter! – Königsbraut! – ha, sieh! Von Florens Hand geschrieben dieses hehre J. – Es soll, sobald es nur beginnt zu tagen, Bis daß der Sonnenwagen Ins Meer sich senkt – ja selbst bei Luna's Silberschein, Die heilge Sprache ohne Töne seyn, Den Herzen allen, die Dir schlagen, Josephe! – still in's Herz zu sagen. (Harmonichord. Dann der Götterknabe links und rechts auf zwei kleine Gärten zeigend, der eine voll Bäume, Gesträuche und Blumen vaterländischen Ursprungs und Gedeihens – Garten der Vergangenheit – der andre im Spanischen Geschmack voll Granaten, Citronen, Datteln, Kastanien, Reben, Anemonen &c. – Garten der Zukunft –) Und dann, dem hehren Namen zur Rechten und Linken, Sieh! in zwei friedlichen Gärten Dir winken Die Bilder entschwundner und kommender Zeit – Auf den Garten zur Linken zeigend.) Dies milde Ländchen zur Linken – Was nur immer das glückliche Vaterland heut, Vom schattenden Baum bis zur Ringelblume – Die stolze Platane, wie die lieblichen Winden – Sie alle die Lieben wirft in dem Heiligthume, Als sprechende Zeugen der Stunden finden, Die Du hier, von Freuden und Scherzen umschwebt, Im goldenen Ländchen der Kindheit verlebt. – (Auf den Garten zur Rechten zeigend.) | Dies reizende Ländchen zur Rechten – (Einfallender, von Harmonichord und Guitarren begleiteter Chor.) Kennst Du das Land, wo die Granaten blühn – Im dunkeln Laub die Gold-Orangen glühn – Ein milder Wind vom Rebenhügel weht – Die Dattel hoch – hoch die Kastanie steht – Kennst Du es wohl – dahin, dahin Wird, Königsbraut! Dich bald die Liebe ziehn – (Nachdem das Harmonichord schweigt.) Und nun die Bitte um ein Angedenken – Woll'st einen Augenblick nur noch Gehör mir schenken.Sieh! dieser Pfeil – er ward mir durch Merkur, Rasch fliegend Tag und Nacht, Zurück auf die stille Flur, Vom Ufer des Manzanares gebracht, Nachdem er dort ein Königsherz Verwundet, dessen süssen Schmerz Nur, Fürstentochter! Du – ja Du nur heilst, Wenn Du als Königinn an jenen Ufern weilst – (Harmonichord.) Der goldne Pfeil – was soll er mir – Hab' ich ja doch, zu Nutz und Ehr' Im Köcher solcher Pfeile mehr – Drum schenk' ich ihn mit Freuden Dir. (Vom Piedestal tretend und Ihrer Königl. Hoheit den Pfeil überreichend.) Nimm ihn, als des steinernen Knaben Vermächtniß, Und stifte damit Deines Names Gedächtniß! (Mit sanfter Begleitung des Harmonichords.) Hier, wo in der Kindheit verklungenen Tagen, Die Aya Dich oft als Prinzeßlein getragen – Hier, wo einst ein Kränzchen von niederm Gehalt, Dir mehr als Hispaniens Krone noch galt – Hier, in dem kleinen friedlichen Raum, Wo Du träumtest der Jugend erquickenden Traum. –(Das Harmonichord schweigt.) Hier, Fürstentochter! – Königsbraut! – hier pflanze, Eh' in der Horen raschem Tanze Der Trennung Stunde naht, erst diesen Baum – Zur Erinnerung Deiner den Deinen, Die bittend mit mir sich vereinen. (Ihrer Königl. Hoheit einen jungen Granatbaum üb erreichend. Das Stämmchen so schlank – das schönst' Incarnat Seine Blüthe – Jenseits der Pyrenäen, Im Land, wo die Säulen des Herkules stehen, Da nannte Schwester Flora ihn einst Granat – Doch hier, an der Elbe freundlichem Strand, Prinzessin! in Deinem Vaterland, Werd' er Josephen- Baum künftig genannt – (Harmonichord – dann Amor auf die Durchlauchtigste Familie zeigend.) Das Plätzchen, wo er als Denkbaum soll stehen, Werden ja gern Deine Schwestern und Brüder ersehen. – (Im Augenblick umschlingen sämmtliche Prinzen und Prinzessinnen Königl. Hoheiten die Durchlauchtigste Braut mit Epheuketten und geleiten sie, die Stelle zur Pflanzung des Baums zu wählen. – Vom Harmonichord ertönt sanfte, etwas marschartige Musik. Dann der Götterknabe zu der Durchlauchtigsten Braut, Königl. Hoheit:) Nun – fällt die Wahl so schwer – – Ja, ja – wohl ist auch um die Ehr', Wo solch ein Baum soll seine Zweige breiten, Jed' Plätzchen zu beneiden – Erlaubst Du, will die schwere Wahl ich leiten – (mit Begleitung des Harmonichords.) | Kann's geben wohl im Schoos der Erde Ein segenreicher Stücklein Land, Als, wo der Gott mit ewig freundlicher Geberde – Der Gott der Liebe stand – – (Das Harmonichord schweigt.) Drum, in dem kleinen Park, Josephen schon geweiht, Tret' ich auch noch mit Freudigkeit Den letzten kleinen Raum, Den Zeus mir einst zum Standpunkt gab, Dem heiligen Josephen-Baum Auf ew'ge Zeiten ab. Und daß nicht in der Zeiten Strom Die Schenkungsurkund' untergehe, Und sichrer, als auf Pergament bestehe, Ruf' ich dort an des Himmels Dom, Euch Sterne all, auf eurer stillen Bahn, Zu ew'gen Zeugen meiner Schenkung an! (Feierliche Klänge des Harmonichords, indeß der Götterknabe eine der in der Nähe brennenden Fackeln ergreift und Ihrer Königl. Hoheit damit leuchtet. Jetzt, Königsbraut! rasch mit dem goldnen Pfeil Als Grabscheit in die heil'ge Erde – (Feierliche Musik, während Amor mit der Fackel zur Pflanzung leuchtet.) Der Pflanzerinn und ihrer Pflanzung Heil! Daß einst zum kräftigen Stamm das schwache Stämmchen werde! Und in den spätsten Zeiten noch das Haus Wettin Sein Incarnat im schönsten Prangen, Wie auf dem Baum, so auf der Enkel Wangen, Mit Freuden sehe blüh'n! – (Unsichtbarer, vom Harmonichord begleiteter Chor.) Der Pflanzerin mit dem goldnen Pfeil, Der Königsbraut, Josephen, Heil – Heil – Heil auf allen Wegen! Und ihrer Pflanzung Segen! (Der Götterknabe zu Ihrer Königl. Hoheit.) Nun, Fürstinn! mit Verwund'rung hab ich erblickt, Du verstehst Dich auf's Pflanzen fürwahr so geschickt, Als sei'st Du ein Zögling von meinem Vetter, Vertumnus, dem Hofgärtner der Götter – Doch sonder Zweifel hat der goldne Pfeil An der geschickten Pflanzung Theil, Denn alle Kräfte überwiegt Die Kraft, die in dem Pfeile liegt. – Drum, Fürstentochter! kann ich Dich Zum Abschied nun nicht herzlicher begrüssen, Als mit dem Wunsch: Mög' st Du einst wonniglich Als Jubelbraut den goldnen Pfeil noch küssen! (Chor nach der Sangweise: Den König segne Gott &c.) Heil Dir im Myrtenkranz, Tochter des Vaterlands, Heil, Fürstinn, Dir! Einst, holde Königsbraut, Tön' es im Jubellaut: Heil unsrer Jubelbraut, Spaniens Zier!