WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Konzertbericht: Weber-Akademie, Prag am 22. Dezember 1815 Gerle, Wolfgang Adolph Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter

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über die musikalische Akademie unter Leitung und Mitwirkung von Weber (auf dem Programm u. a. Webers 1. Klavierkonzert und die Kantate Kampf und Sieg), die der Rezensent in der Konzertbesprechung analysiert und als Krone des Abends bezeichnet Lt. TB vom 30. Januar 1816 hat Weber die Rezension von Gerle nur redigiert, ist also nicht Autor der Schrift; von Bužga und Berkovec wurde sie Weber zugeschrieben. Gerle, Wolfgang Adolph Conzertmusik zu Prag Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung 3 35 4. Februar 1816 135

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Deutsch 30. Januar 1816 (laut TB) weiterere Kommentare ergänzt geprüft, Kommentar ergänzt, mit den anderen Teilen verlinkt und Status erhöht Korrekturlesung Text eingefügt nach Bužga ohne dortige Auszeichnungen mit Schriftenliste abgeglichen Initiale Transformation aus der Schriftenliste.xml (Ticket #813)
Conzertmusik zu Prag. Den 22. Dez. 1815. Musikalische Akademie des Hrn. K. M. von Weber, Direktor der Oper am k. ständischen Theater, im RedoutensaaleVgl. Webers TB-Eintrag vom 22. Dezember 1815 sowie Themenkommentar..

1) Symphonie von MozartLt. TB Sinfonie in Es (möglicherweise Sinfonie Nr. 39 Es-Dur KV 543), widersprüchliche Aussage dazu im Brief an Johann Gänsbacher vom 20. Januar 1816: Simph: g moll (möglicherweise Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550).. Dieses herrliche Musikstück diente gleichsam als Vorbote der reichen Kunstgenüsse, welche uns der heutige Abend gewähren würde. – 2) Arie von Paer, von Mad. Grünbaum mit all dem Zauber gesungen, den wir täglich an ihr bewundern. – 3) Pianoforte-Conzert, componirt und gespielt von Hrn. v. WeberJohann Nepomuk von Chotek notierte in sein Tagebuch: […] das Conzert ziemlich lang und schwer aber nicht angenehm […]: vgl. Weberiana 19 (2009), S. 50.. Die Freunde der ächten Kunst, die in den Werken dieses genialen Tonsetzers weht, wußten es ihm um so mehr Dank, daß er uns auch mit einer Ausstellung seiner ausübenden Kunstfertigkeit erfreute, da wir den Genuß ihn zu hören, schon längere Zeit entbehrt hatten. – 4) Kampf und Sieg, Kantate zur Feyer der Vernichtung des Feindes im Juny 1815 bey belle Aliance und Waterloo, von Wohlbrück, in Musik gesetzt von Hrn. von WeberChotek äußerte sich auch dazu: […] die Cantate wovon auch hier der Text beyliegt [fehlt] ist ganz hübsch gedichtet und einzelne Musikstellen sind auch hübsch, aber das Ganze wollte mir nicht völlig behagen.; vgl. wiederum Weberiana 19 (2009), S. 50.. Dies war eigentlich die Krone des Abends, und es sey uns daher vergönnt, einige ausführlichere Worte über ein so tief gedachtes als klar und kräftig ausgesprochenes Werk zu äußern. Die Ouverture scheint den innern verschlossenen Unwillen des tapfern Gemüths über den Frevel der Tyranney anzudeuten, und zugleich ertönen darin Anklänge froher Ahnung der Zukunft. Sie erhebt sich immer mehr zur Kraftäußerung, und verhallt endlich in schwer zu unterdrückendes Rachegefühl, welche Stimmung auch im ersten Chor fortwaltet; worauf beruhigend der Glaube eintritt, und sodann dreystimmig mit Liebe und Hoffnung fortfährt. Dem Terzett folgt ein herrlicher Kriegerchor, zwischen welchem der österreichische Grenadiermarsch in einer äußerst effektvollen Instrumentation durchschallt. Dumpfe Paukenwirbel gehen einem kecken Feindesmarsch zuvor, in welchen das Körnersche Gebet verwoben ist. Hier wie überall hat der Tonsetzer auf eine meisterhafte Weise den Marsch und Chor miteinander fortgehen lassen, so daß doch von beyden nicht das Geringste ihrer Individualität verloren geht. Der Marsch verliert sich und die Wuth der Schlacht bricht herein. Das ҫa ira erschallt in freschem Feindesjubel, und tritt während des folgenden Kriegerchors öfter wieder ein, welcher Anfangs Besorgniß ausspricht, dann aber in Hoffnung und erneute Kraftäußerung übergeht. Die Schlacht erneut sich, das ҫa ira tönt wieder, bis es endlich unter dem wachsenden Forte des Orchesters verstummt. Das God save the king ertönt von allen Blasinstrumenten, und verkündet den Sieg der gerechten Sache, während die Saiteninstrumente und die Trommel den Schlachtruf fortsetzten. Höchst treffend ist die verschiedene Freude der Franzosen und der Verbündeten ausgedrückt; jene frech und fast höhnisch, diese stets erhaben und kräftig. Der Glaube beginnt nun wieder in feyerlichen Tönen, mit ihm vereinigen sich Liebe und Hoffnung zum Dreygesange, bis folgender groß gedachter Völkerchor das Werk schließt, welches den Kunstaufwand des Dichters und Tonsetzers durch seltene Vortrefflichkeit belohnt: Herr Gott! dich loben wir Ewiger Urquell des Guten! Nimmer erlöschen im Menschengeschlecht Die Gefühle für Wahrheit und Recht, Deines Odems heilige Gluthen. Herr Gott! wir danken dir! Du hast des Unrechts Macht gefällt, Daß wir auf dir geweihten Altären Ewig die himmlischen Gluthen ernähren Gieb und erhalte den Frieden der Welt.

Ein Vorwurf, den man diesem Werke macht, ist, daß es von der gewöhnlichen Kantatenform abweicht und sich oft beynahe dem dramatischen Styl nähert; aber gerade dieses ist ein Beweis, wie sehr beyde vereinten Künstler von dem innigsten Wesen ihres Stoffes durchdrungen waren, und wie besonders der Tonsetzer jedes Hinderniß zu besiegen wußte, welches ihm im Wege stand; denn grade nur auf diese Weise konnte die ganze herrliche Weltbegebenheit durch Töne gleichsam wiedergeboren werden, und es blieb noch immer eine der schwierigsten Aufgaben der Kunst, jene im Gemüthe ohne aller Anschauung zu wecken. So hat auch Herr von Weber, überzeugt, daß dieser Stoff, unaufhaltsam vorwärts dringend, kein Retardiren duldet, dem Schmuck glänzender Arien entsagt, und vor allem die gefährlichste Klippe aller Compositeurs, welche Kriegsszenen durch ihre Kunst wiedergeben wollen; diejenige nämlich, daß die durch entsetzliches Getöse die Schlacht gleichsam in den Conzertsaal einführen, und selben mit Kanonen- und Pelotonfeuer erfüllen, aufs glücklichste umgangen. Mit weiser Berechnung hatte er einzig den Totaleindruck im Auge, gab nur in großen imposanten Massen die Gefühle menschlicher Natur wieder durch kräftige und analoge Melodien, die jedes Gemüth ansprechen und von dem mit ächten Kunstsinne Begabten, leicht verstanden werden. (Die Fortsetzung folgt.)