## Title: Friedrich Kind: Weberliedchen ## Author: Kind, Friedrich ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031649 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Weben ist ein löblich Ding, Ist ein freundlich lohnend Streben; Niemand achte den gering, Der dem Weben sich ergeben; Denn was wäre ohne Weben – Sagt es ehrlich – wohl das Leben? Erste Pfleg’rin der Cultur War die schöne Kunst zu weben; Faun und Mensch des Waldes nur Mag mit Fellen sich umgeben; Denkt Euch, könnt Ihr’s sonder Grauen, So die Herren und die Frauen! Wer die erste Weberin Auf dem Erdenrund gewesen, Kann ein unbefangner Sinn Bei Ovid und ....... lesen; Beide haben viel geschrieben, Wohl auch – von der Kunst zu lieben. O Arachne, kluge Maid, Würdig immer frischer Kronen! Konnte Eifersucht und Neid Auch Dein Walten nicht verschonen? Find’ ich deiner Schönheit Reste Jetzt in einem Spinnenneste? Grimmig rächte Pallas Hand; Doch – was war damit erwiesen? #lb# Wie Apoll den Satyr band, Läßt der Dey zu Algier spießen! Mancher lief herum im Skalpe, Gäb’s mehr Phöbos, wen’ger Alpe! Furchtlos, kluge Weberin, Soll mein Hymnus dich erheben; Jeder tritt bewundernd hin, Sieht dich fest und zierlich weben; Stirbst du, wird, nach sichern Sagen, Einst zum Diamant dein Magen.*)*) Nach einem Volksglauben wird eine hundert Jahre lang eingeschlossene Spinne in einen Edelstein verwandelt. Doch gesetzt, dies wär’ nur Tand, Was Dein kluger Geist ersonnen, Gab dem Wilden das Gewand, Und damit war viel gewonnen; Mag die Menschheit vor dir beben, Du hast ihr sich selbst gegeben! Was Dein kluger Geist erfand, Leitet uns durch’s ganze Leben. Alles muß des Webers Hand, Schirmend bald, bald schmückend, geben – Windel, Brauthemd, Band der Leier, Und zuletzt den Todtenschleier. Du war’st Schöpf’rin jeder Kunst; Denn das rohe Herz des Wilden Wendet nimmer seine Gunst Zu dem Zarten, zu dem Milden; #lb# Erst, mit sanfter Hüll’ umgeben, Fängt er geistig an zu leben. Laubgewinde, Strauß und Kranz Wob man nun aus Frühlungsblüthen; Diese mußten ihren Glanz Dichtern oft zum Gleichniß bieten. Jeder weiß: die Frauen weben Himmelsrosen in das Leben. Wortgewebe gab es bald, Auch die Seele zu verschönen; Orpheus fing so Fels, als Wald, In dem Netz von süßen Tönen – Wie auch jetzt noch welche leben, Die an Zaubernetzen weben. Und zu solchen Webers Ruhm Ward dies Liedchen schnell erfunden, Sey der Web’rin Eigenthum, Die ihm Rosen eingewunden; Mag Sie in Sein Erdenleben Jeden Morgen schön’re weben! #lb#Kind Weben ist ein löblich Ding, Ist ein freundlich lohnend Streben; Niemand achte den gering, Der dem Weben sich ergeben; Denn was wäre ohne Weben – Sagt es ehrlich – wohl das Leben? Erste Pfleg’rin der Cultur War die schöne Kunst zu weben; Faun und Mensch des Waldes nur Mag mit Fellen sich umgeben; Denkt Euch, könnt Ihr’s sonder Grauen, So die Herren und die Frauen! Wer die erste Weberin Auf dem Erdenrund gewesen, Kann ein unbefangner Sinn Bei Ovid und ....... lesen; Beide haben viel geschrieben, Wohl auch – von der Kunst zu lieben. O Arachne, kluge Maid, Würdig immer frischer Kronen! Konnte Eifersucht und Neid Auch Dein Walten nicht verschonen? Find’ ich deiner Schönheit Reste Jetzt in einem Spinnenneste? Grimmig rächte Pallas Hand; Doch – was war damit erwiesen? #lb# Wie Apoll den Satyr band, Läßt der Dey zu Algier spießen! Mancher lief herum im Skalpe, Gäb’s mehr Phöbos, wen’ger Alpe! Furchtlos, kluge Weberin, Soll mein Hymnus dich erheben; Jeder tritt bewundernd hin, Sieht dich fest und zierlich weben; Stirbst du, wird, nach sichern Sagen, Einst zum Diamant dein Magen.*)*) Nach einem Volksglauben wird eine hundert Jahre lang eingeschlossene Spinne in einen Edelstein verwandelt. Doch gesetzt, dies wär’ nur Tand, Was Dein kluger Geist ersonnen, Gab dem Wilden das Gewand, Und damit war viel gewonnen; Mag die Menschheit vor dir beben, Du hast ihr sich selbst gegeben! Was Dein kluger Geist erfand, Leitet uns durch’s ganze Leben. Alles muß des Webers Hand, Schirmend bald, bald schmückend, geben – Windel, Brauthemd, Band der Leier, Und zuletzt den Todtenschleier. Du war’st Schöpf’rin jeder Kunst; Denn das rohe Herz des Wilden Wendet nimmer seine Gunst Zu dem Zarten, zu dem Milden; #lb# Erst, mit sanfter Hüll’ umgeben, Fängt er geistig an zu leben. Laubgewinde, Strauß und Kranz Wob man nun aus Frühlungsblüthen; Diese mußten ihren Glanz Dichtern oft zum Gleichniß bieten. Jeder weiß: die Frauen weben Himmelsrosen in das Leben. Wortgewebe gab es bald, Auch die Seele zu verschönen; Orpheus fing so Fels, als Wald, In dem Netz von süßen Tönen – Wie auch jetzt noch welche leben, Die an Zaubernetzen weben. Und zu solchen Webers Ruhm Ward dies Liedchen schnell erfunden, Sey der Web’rin Eigenthum, Die ihm Rosen eingewunden; Mag Sie in Sein Erdenleben Jeden Morgen schön’re weben!