## Title: Gedicht „Die Lilie der heiligen Cäcilie“ von Friedrich Kind zur Aufführung der „Missa sancta Nr. 1“ mit Offertorium von Carl Maria von Weber am 24. März 1818 in der Dresdner Hofkirche ## Author: Kind, Friedrich ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032895 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Die Lilie der heil. Cäcilia.An C. M. v. Weber, nach Aufführung seiner Messe am dritten Ostertage. Die Lilie hob die weiße reine Krone; Sie strebte himmelwärts aus ird'schem Drang, Den Blick gerichtet nur zur Sternenzone – Wie aufwärts nur strebt heiliger Gesang; – In bunter Mischung prangten Feuermohne Bei andern Blumen von erwählterm Rang, Hier Rosen, würz'ge Nelken, dort Ranunkeln, G'nug alle, die bald durften, bald nur funkeln. Da trat Cäcilia zum stillen Garten, Zu keuscher Zier sich Eine zu erwählen, Und, ihre Blicke zu gewinnen, harrten Sie alle, die zum Blütenreich sich zählen; Sie konnten kaum des schönen Rufes warten, Der Himmelsbraut sich schmückend zu vermählen; Sie fühlten wohl im eifernden Bewerben, Die so Erkohrne werde nimmer sterben. Die Heil'ge neigte freundlich sich zu allen, Die still beredt des Schöpfers Allmacht loben; Sie ließ der Blumen Schmelz sich wohlgefallen, Und hob die Blicke fragend dann nach oben; Doch nirgends wollt' ihr eine Antwort hallen, Im eignen Herzen nicht, und nicht von droben, Und ernst ging sie am vollen Beet vorüber, Und keine dünkt' ihr reizender und lieber. #lb# Da sah sie fern die hohe Lilie stehen, Die nur im Innern goldne Schätze hegt; Im weißen Kelch schien von der Lüfte Wehen Der goldne Schmuck zu frommer Glut erregt, Und plötzlich hielt die Heil'ge an im Gehen, Im tiefsten Busen wunderbar bewegt; „Ihr andern“ – rief sie – „prangt mit reichen Farben, Doch die sind reicher, die mit Freuden darben!“ Und als sie so im stillen Sinn gesprochen, Da tönten in den Spähren Engellieder: „Weiß war das Lamm, das sie am Kreuz durchstochen!“ Und holde Himmelsknaben schwebten nieder, Und legten sanft die Lilie, frisch gebrochen, Ihr in den Arm, und schwebten aufwärts wieder, Und riefen: „Pflege ihrer reinen Schöne; Sie ist es werth, daß sie das Reinste kröne!“*)*) Das Offertorium war: Gloria et honore coronasti Eum etc. und die Composition ward Sr. Maj. unserm König am Friedrichstage überreicht. #lb#Kind.