## Title: Zur Etablierung einer deutschen Opern-Gesellschaft in Dresden (Entwurf) ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A100219 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Versuch eines Entwurfes den Stand einer deutschen Opern Gesellschaft in tabellarische Form zu bringen, mit kurz erläuternden Anmerkungen.Einleitende Bemerkungen.Die Italienische Oper hat ihre feststehenden Figuren und GesangsFächer für die Opera seria und Buffa. Die Französische desgleichen. Von einer deutschen Opern Gesellschaft aber verlangt man nebst dem ihr Eigenthümlichen, auch die Vereinigung alles obigen, da die Werke der beiden genannten Nazionen in Uebersezzungen auf die deutsche Bühne gebracht werden. Hieraus folgt ein vielfältigeresmehrzähligeres, vielseitigeres, und daher schwer bis zu einem gewissen vollkommenen Grade zusammen zu bringendes Personale. Bei der Wahl deßelben ist besonders darauf zu sehen, daß die Individualität der Mitglieder zu sehen, als sich zu vielseitiger Benuzzung sich darbiete. da Man kann ein schönes Talent besizzen, und doch wenig brauchbar sein kann, welches sich bei denen einigen schon vorhandenen Künstlern bewährt. man wird sich bey Fr. v. Bidenfeld nicht wohl eine Pamina denken können, und H. Bergmann wird so wenig jemals einen Achill geben können, als Mad: Miksch eine Medea. Diese Bemerkung benimmt übrigens den Verdiensten und der Brauchbarkeit, ja Nothwendigkeit dieser Mitglieder nichts von ihrem Werthe, sondern soll blos die Nothwendigkeit darthun, das OpernPersonale auf einen gerechten Forderungen gemäßen Stand zu bringen. | Nothwendige Individuen. Deren Fach und Benuzzung. Vorschlag zur allenfallsigen Besezzung durch, Gehaltsbetrag ohngefähr: 1. Eine erste Sängerin. Zu eigentl. ersten GesangsParthien, wo im gewöhnlichen Sinne des Wortes der Gesang das vorherrschende ist. Mad: Grünb: da aber selbst im Falle eines Uebereinkommens erst in 1 1/2 Jahre sie eintreten kann, so müßte unterdeß in der Wahl der Opern Rüksicht genommen und die nächste erste Sängerin vorzugsweise angewendet werden. – 3400 2. Eine erste Sängerin Zu CharakterRollen, MännerRollen pp Medea, Athalia, Iphigenia, Sextus, Sargino, auch mehr deklamatorischen Wesens wie Md: Waldmüller, Lembert pp – 2000 3. Eine Erste Sängerin. Für das naive, muntre Fach. Savoyarde, Aschenbrödel, Zerline, Aline pp. Mlle: Amberg + auch theilweise Julia Zuker – 1500 4. Eine Sängerin. Zu Anstands, Mütter, und oder Alt tiefen Gesangs Rollen. Fr. v. Biedenfeld. + Mlle: Schubert. 5. Eine Sängerin. Minder bedeutende Rollen, Vertraute pp. Mad: Miekch. + Mlle. Emilie Zukker, + Mlle Hunt pp 6. Ein Erster Tenorist. Zu Ersten Liebhabern, Jugend Helden. H. Stümer, H: Gerstäker. – 2000 7. Ein Zweiter [Tenorist]. Zu dergl: in geringem Grade. + H. Bergmann 8. Ein Tenorist. Zu sogenannten SpielRollen hauptsächlich bei französ. Opern. Joh: v. Paris, alle flüchtige Bedienten Rollen pp. + H. Wilhelmi. 9. Tenor buffons. – – – + H. Geyer. Burmeister. 10. Ein Erster Baßist. Zu ernsten Charakter Sing-Rollen, Herzog in Camilla, Mafferu, Sarastro. fehlt eigentlich noch Doch sind Diese beiden Fächer sind den Umständen nach durch die + H: Hellwig und Genast zu besezzen, doch fehlt eigentlich noch ein erster kräftiger Baßist. 11. [Ein erster Bassist]. Zu mehr Charakter Rollen. Seneschall Blaubart, Moriz in Helene pp wo das Spiel vorherrschend. – 1600 12. Ein 2t Baßist. Zu Neben Rollen, komischen oder bezeichneten Charaktern. H. Mezner, auch H. Häker. 13. Bariton. H: Krönner in Frankf: – 1600 14. Ein Bariton Zu niedrig komischen Rollen. H: Geiling. – 400. Die mit + bezeichneten Mitglieder sind theils Anfänger, theils werden sie vorzugsweise und zu viel zum Schauspiel benutzt, um gehörig ihr Talent zum Gesange ausbilden zu können. Daraus Aus diesem Verzeichniß ergiebt sich, daß zwar schon vielerley Hülfmittel zum Ausfüllen und Ergänzen da sind, aber doch die eigentlich eine Oper begründenden Haupttheile gänzlich fehlen. Diese Vermischung ist, wenige Fälle ausgenommen, schädlich, weil erstens häufiger Gebrauch der Ausbildung zum Sprechen nothwendigen Stimm Organe der Ausbildung derer zum Gesange nothwendigen, gänzlich im Wege steht /: weshalb es, wie im ital: eine große Erleichterung ist eine ganze Oper hindurch zu singen :/ und 2tens der dadurch sich kreuzende Geschäftsgang, alle Zeit dazu raubt erforderliche Zeit und Kraft raubt. Die leztern Gründe müßen mich auch bestimmen veranlaßen, auf eine bestimmte Trennung der | deutschen und ital: OpernGesellschaft in deren Grund Prinzipien und Bestimmungen nehmlich, anzutragen. Einzelne Fälle zur Vervollständigung der einen oder der andern Gattung natürlich ausgenommen. Vorstehendes Verzeichniß erschöpft keinesweges die höchsten Forderungen an den Bestand eines deutschen Opern Gesellschaft Personals, es ist nur das unumgänglich nöthige um eine dergl: Gesellschaft zu konstruiren. noch denn den vorhandenen Fähigkeiten gemäß die Wahl der auszuführenden Opern zu bemeßen ist die Sache desjenigen, der die Leitung derselben hat. […] Durchaus nothwendig und zu engagiren sind demnach No. 1. 2. 3. 6. 10. Bei Nro: 1 tritt der Fall ein /: wie beinah bei allen den Meisten :/ daß erst von Michaeli an in einem Jahr auf deren Besiz zu hoffen ist. Dieser Zeitraum muß durch das Engagement einer 2t ersten Sängerin, die früher zu haben und sodann auch beizubehalten wäre, ausgefüllt werden. In dieser Beziehung habe ich und noch auf 3. 6. 10. sind nicht nur Korrespondenz mit allen Talenten, die ich man für würdig der hiesigen KunstAnstalt hielte angeknüpft, sondern auch zu genauerer und bestimmterer Kenntnis und Beurtheilung derselben die Gastdarstellungen überhaupt gewählt und festgesezt worden, da selbst die […] mit ihren Eigenschaften, […] Zeit und Zufälle leicht dem Talent so wohl vortheilhafte als nachtheilige Richtung in Kurzem geben können. Zu Erlangung ausgezeichneter Subjekte gehört die nothwendig geworden auch glücklicher Zufall und die Macht denselben festzuhalten, wo er sich zeigt. Die vorzüglichen Künstler sind so selten, und vielfach von allen Seiten so gesucht, daß meist nur eine schnelle bestimmte Entscheidung sie gewinnen kann. Wenn der GehaltsAnschlag der Sänger zu hoch scheinen dürfte, so erlaube ich mir blos dabey zu bemerken, daß dabei als Maßstab der Gehalt der ital: Sänger angenommen ist, und zwar nicht sowohl aus innerer Ueberzeugung der Nothwendigkeit, als der Gewißheit, daß jeder neu anzustellende Künstler denselben vor Augen haben wird und, – fühlt er seine Vorzüge in künstlerischer und jugendlicher Hinsicht die längere Brauchbarkeit verspricht, auch demnach er mit Recht glauben wird, nicht unbescheiden in seinen Forderungen gewesen zu sein. Die nothwendig gewordene Aufstellung eines eigenen Chores bringt auch die Anstellung eines Musik-Meisters oder Korrepetitors, für denselben sowohl als für die weniger musik: Mitglieder der Oper mit sich, wie dieß bei allen selbst den kleinsten Theatern der Fall ist. Ein stehender Theater Chor wird in so fern von großem Gewinne sein, daß erstens förmlich Pflanzschule liefert durch die gehörige Anleitung und stetes Ueben dann ein Ensemble Spiel bewirk hervorgebracht werden wird, daß der größten Wirkungen fähig ist, und 2t und hauptsächlichstens, daß auch hieraus eine förmliche Pflanzschule entspringt, deren hervorstechende Talente man weiter befördert und bildet. Zur vollständigen Erreichung dieses Zwekes wäre nächst dem Sing Meister ein Tanz Meister nothwendig, der ohne Ausnahme Alle in den ersten Elementen des theatralischen und mimischen Tanzes zu Ausschmückung einzelner Szenen, und zu wirkungsvollen Gruppirungen, unterrichtete. Zum Diesem könnten auch müßte eine Anzahl Kinder zum Tanz Unterrichte gegeben werden, deren Anzahl sich alle 3 Jahre erneute und zwar in dem Maaße, daß die Eltern sich verpflichteten ihre Kinder für den zu genießenden Unterricht die ersten 3 Jahre unentgeltlich beim Theater figuriren zu laßen, die nächsten 3 Jahre aber gegen ein bestimmtes geringes Quantum. Die im nächsten Jahre Termine eintretenden würden dann die später Abgehenden wieder in gleichem Maaße ersezzen, und somit immer die Hälfte unentgeltlich benuzet werden können. Dresden d: 24t May 1817. CMvW an den H. HofMarschall Graf Vizthum abgegeben.