## Title: Carl Maria von Weber an Gottfried Weber in Mannheim. München, Dienstag, 30. April 1811 ## Author: Weber, Carl Maria von ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A040393 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ S: Wohlgebohren dem Herrn Licentiaten Gottfried Weber zu Mannheim Das nenne ich mir noch einen Brief den man mit HerzensErgözung ein paar mal lesen kann, nehmlich dein verehrtes vom 12[t] huj: welches ich am 18t erhielt, eher aber nicht dazu kommen konnte, es dir zu beantworten. Daß Rok förmlich unser ist, freut mich sehr, und ich hoffe daß wir an ihm einen thätig wirkenden Aliquottheil haben werden, denn ich kann nicht umhin im Ganzen meine Unzufriedenheit über die wenigen Vereins an den Tag zu legen. besonders aber Unknow: und Philod:. Triole kann aus Local Rüksichten nicht mehr leisten, und wir hoffe ich thun unsere Schuldigkeit. Triole werde ich es notificiren, aber nicht eher bis ich weis wie er heißt. Die Beschreibung deiner Stabat mater Aufführung pp hat mich sehr unterhalten, weil ich mich dadurch ganz nach Mannheim versezt fühlte, und wahrhaftig es so gut in der Einbildung singen hörte als wenn ich dabey wäre. ich war am Schluße des Briefes herzlich froh daß es so abgelauffen ist. das PalmsonntagsConcert mag schön gewesen seyn, da ward ich hier anders durch die Schöpfung erquikt die herrlich durch das hiesige Orchester gegeben wurde. überhaupt habe ich in der Charwoche so viele Musik gehört, daß ich zulezt gar keine mehr ertragen konnte. ich habe ein paar Notizen darüber ganz kurz ins Mattin: geschikt so wie einen KunstZustand von Darmstadt. und kurze Anzeige von der Wiedergeburt des Archivs in Hamburg pp. es war mir unmöglich dieses alles abzuschreiben, ich bitte dich also es für meine Rechnung thun zu laßen, und ad Acta zu legen. ich habe nicht selbst dirigirt in meinem Concert, weil man sich wohl auf Fränzel verlaßen kann, und es auch hier nicht Sitte ist daß irgend ein Fremder dirigirt, aber ich sage dir es war eine Wonne zu sehen mit welchem Eifer und Aufmerksamkeit das Orchester beselt war. von Gombart hörte ich daß in circa 14 Tagen das erste Heft deiner Quartetten erscheint, ich habe ihm geschrieben daß er mir sogleich ein Exemplar schikt, weil ich die Anzeige davon in die M: Z: machen will, welches hoffentlich nicht so lange dauern soll als die Rezens: der Sonate. ich habe bey Gombart unterdeßen 6 Guittarre Lieder, worunter der Canon, Mädchen ach meide ist, und den Momento Capricioso fürs Klavier, stechen laßen, wovon du durch Hoffmann in Darmstadt 2 Exempl: erhalten wirst um Sie zur Bibliothek zu legen. ich habe sie vorgestern an Hoffmann sämtlich geschikt, um keine doppelte Porto Kosten zu machen. die Anzeigen davon kannst du übertragen wem du willst. allenfalls Unknow: die Lieder, und Philod: das andre. wie stehst du denn jezt mit der Musik: Z:  gut? und ist bald Hoffnung zum 1ten Ton, oder Chorälen? zu deinen neuen Guittarre Liedern wird sich nun wohl auch das | 6te gefunden haben, ich habe kein altes abgelegtes, und noch weniger ein neues ungelegtes. Seit ich für Bärmann das Concertino componirt habe, ist das ganze Orchester des Teufels und will Concerte von mir haben. Sie überlaufen den König und die Intendance, und wirklich ist dermalen für ziemlichen Preiß bey mir bestellt, 2 Clarinett Concerte /: wovon eines aus F moll schon beynah ganz fertig ist :/ 2 große Arien. 1 Violoncell Concert für Legrand. 1 Fagott Concert. du siehst daß ich da nicht übel zu thun habe, und höchst wahrscheinlich den Sommer über hier zubringen werde, da ich so viel verdiene daß ich außer meinem Aufenthalt, doch noch etwas übrig habe, und bey meiner Abreise noch ein Concert geben kann, was mir auch gewiß 400 ƒ trägt. auch ist es des Orchesters und aller Menschen Wunsch mich hier als KapellMst: angestellt zu sehen, du weist aber was ich davon zu halten habe, doch glaube ich daß diese Gründe, verbunden mit der Ueberzeugung daß im Sommer nirgends etwas zu machen ist, bedeutend genug sind mich hier zu feßeln für 5 Monate. Zudem möchte ich gern eine große Cantate die mir Heigel macht, die Erfindung der Instrumente, hier componiren und der Königinn überreichen, und noch über alles dieß habe ich den himmlischen Genuß des vortrefflichsten Orchesters, das mich auf Händen trägt. Ein königlicher Spaß steht mir bevor, es soll nehmlich diese Woche in dem hiesigen GesellschaftsBlatt eine Kritik über mein Concert erscheinen, und in einem andern Blatt schon die Antikritik, ich lache mich todt, wenns recht bunt durcheinander geht, und schikke dir sogleich die Blätter. Noch immer habe ich nichts für uns gefunden. doch soll ich heute die Bekanntschaft mit einem Profeßor Schlett machen, der ein guter Kopf seyn, und auch über Musik schreiben soll. Schellings Bekanntschaft habe ich gemacht, und wir sind recht gute Freunde geworden. Niemand fehlt mir hier als Einer von Euch, was gäbe ich darum wenn ich dich hier hätte. der Bär das Vieh, hat mir noch immer keinen Buchstaben geschrieben, du hast recht gethan Ihn zu wischen, ich habe ihm auch ein paar zarte Worte zugeflüstert. daß F: von Bloksberg sich mit H: Hesperus verheirathet hat freut, mich und ich hoffe daß Sie einig leben werden. stelle dir vor der närrische Kerl der Simon Knaster schreibt mir auch vor ein paar Tagen, er habe so lange einen Freund gesucht, und endlich habe er Niemand gefunden, so daß er so zu sagen der Niemand sey. erzähl dieß doch auch dem Bären. Anfangs May wird der Abu Haßan in Stut Ludwigsburg vor dem Hof zum erstenmale gegeben. aber – nicht unter meinem Nahmen. ist das nicht elend? und wie dumm, bald werden ja doch alle | Zeitungen schreyen daß er von mir ist. item – wie Gott will. Sie können mich – l:–n. Ich habe der Clary Ihren Bruder noch nicht zu sehen bekommen, ich war 3 mal bey ihm, gab den Brief ab pp und er hat sich nie um mich bekümmert, und nun habe ichs auch satt ihm nachzulaufen, grüße mir das ganze Solomésche Haus bestens, nebst allem was daran attachirt ist. ich hätte der Clary längst gern geschrieben, es ist aber unmöglich bis jezt gewesen. H: Capeller hat hier eine sehr intereßante Erfindung an der Flöte gemacht, worüber ich einen Aufsaz in die M: Z: schreibe, deßen Copie ich dir im nächsten Briefe schikke. es wird dir sehr gefallen, denn der Nuzzen davon ist groß. Das Biwele muß recht gewachsen sein, und alleweil vom Regenwurm schon zum halben Lindwurm geworden seyn. küße es recht derb für mich. bey Euch ist ja der Teufel los mit Componisten. Wegen meinen Büchern und Musikalien habe ich wieder nach Stuttgart geschrieben, daß man dir sie schikt. du wolltest ja einmal in die Elegante etwas ausführlicheres über mich schreiben, wo du hauptsächlich die 3 Rüksichten als Ausübenden, Schreibenden, und Componirenden betrachten wolltest. es könnte mir von großem Nuzzen seyn, wenn du dieß jezt thätest, und hast du eine halbe Stunde übrig so schenke mir sie. Mein alter Herr ist nun auch wieder beruhigt und will in Gottes Nahmen in Mannheim aushalten. Schreibe mir, ob Roek schon nach Paris ist, daß du ihm Aufträge und Instruktionen giebst versteht sich von selbst. Mit Winter stehe ich vortrefflich, es mag ihm n[un] Ernst sein oder nicht, kurz er ist höllisch Freundschaftlich gegen mich; i[ch]laße ihm aber auch an Weyrauch nicht fehlen, und vielleicht rührt ihn daß. ich muß aber auch gestehen daß ich ein paar ältere Meßen von ihm hörte, die vortrefflich waren. H: Lindpai[n]tner ein junger Comp: Schüler von ihm, hat für eine Meße die auf Ostern aufgeführt wurde, vom König eine schöne Tabatiere erhalten. er hat auch früher schon die Oper Demophoon hier gegeben. er hat Talent, aber keinen Kirchenstyl. ob meine Opern hier gegeben werden weiß ich noch nicht bestimmt, hoffe es aber. in der Eleganten steht was von Beer und Webers Concert, eben nicht sehr rühmlich. Schreibe mir bald wieder und ausführlich. grüße deine Liebe Gustel, und Houts 1000 mal, Dusch brauchst du nicht erst zu grüßen denn meine Briefe sind ja so an Euch. Nun lebe wohl lieber Bruder und vergiß nicht deinen dich innig liebenden in der Neuhauser Gaße No: 133 über 2 Stiegen. München d: 30t Aprill 1811.