München, den 14. November 1811.
Einzig ewig gleich geliebter Freund.
Mit welchen Ausdrücken soll ich dir die unendliche Freude beschreiben, mit der
dein Brief vom 18. August, den ich hier in München, nach meiner Zurückkunft aus der Schweiz erhielt, mich erfüllte. Ja, du konntest fest auf meine unwandelbare Liebe zu dir
rechnen, und stets warst und bliebst du mir theuer, und die mit dir verlebten
Augenblicke gehören noch immer zu den schönsten meines Lebens. In Breslau habe ich keine
ZeileDer letzte der nachweisbaren frühen Briefe Webers an
Susan stammt vom 12.-14. Juni 1804 aus Augsburg, wurde also wenige Wochen vor Webers
Amtsantritt in Breslau geschrieben. von dir erhalten, und eben dieß lange Stillschweigen auch von dir betrübte mich
oft sehr; in der hiesigen ZeitungDie Münchener Politische Zeitung berichtet in Jg. 12, Nr. 148
(25. Juni 1811), S. 667 über die Aufführung von Susans Kantate Das Opfer der Berge zur
Ankunft des bayerischen Kronprinzenpaares in Salzburg am 19. Juni. Vgl. dazu auch
Morgenblatt für gebildete Stände, Jg. 5, Nr. 174 (22. Juli 1811), S. 696. las ich zuerst wieder, daß du in Salzburg das Fest der Berge
Gemeint ist die vorstehend genannte Kantate nach dem Text von Alois
Weißenbach Das Opfer der Berge. Ein Exemplar des gedruckten Kantatentextes findet sich
im Salzburger Museum Carolino Augusteum unter der Signatur 8° 7379.
componirt hättest,
und freudig wollte ich nun an dich schreiben, als meine Schweizer Reise mir
jeden Augenblick Zeit raubte. Ich kam hieher zurück, fand deinen Brief, und nun soll
nichts mehr unsern Briefwechsel unterbrechen. So viel du mir zu sagen haben wirst, habe
ich dir gewiß auch zu sagen, und wie glücklich könnte mich eine Zusammenkunft machen!
Aber leider Gottes ist vor der Hand keine Aussicht dazu. Vorgestern gab ich hier mein
zweytes ConcertZu Webers Konzert am 11. November 1811 vgl. Aufführungsbesprechung München, kleiner Redoutensaal: Konzert von Carl Maria von Weber am 11. November 1811 Carl Maria von Webers Konzert am 11. November 1811 in München (II), Kunstbericht aus München, 13. Oktober 1811 sowie Über Webers Konzert in München am 11. November 1811 sowie die kurzen Berichte im Journal des Luxus und der Moden und der AmZ. mit dem unendlichsten Beyfall. und bis Ende dieses Monats reise ich von
hier über Prag nach Berlin, habe aber hier während dieser
vierzehn Tage noch so viel zu componiren und zu besorgen, daß
nur ein Freund wie du mich bewegen konnte, mir diesen Moment Zeit zu stehlen, und ihm,
wenn auch nicht so ausführlich, wie ich gerne möchte, doch mit ein paar heißen Worten
zuzurufen, ich bin ganz der Alte im Herzen. Schreibe mir nur ja
noch hieher, und ausführlicher, ich werde dir immer sogleich antworten, und dir
berichten, wo du deinen nächsten Brief hinzuschicken hast. Ich freue mich unendlich zu
hören, was du in der Kunst gethan. Meine Schicksale waren seit unserer Trennung
sonderbar, bunt und mancherley, aber jetzt lebe ich zufrieden in meinem Beruf und strebe
noch immer mit demselben Feuer vorwärts, als vor sieben Jahren in meiner Brust glühte. –
Daß ich dich einst umarme ist gewiß, wenigstens ist es mein fester Entschluß, aber ein
paar Jahre mögen noch verfließen, ehe dieser Genuß mir zu Theil wird. Doch laß uns
hoffen und unsern Bund wenigstens durch die Feder erneuert erblühen.
Lebe wohl innigst geliebter Bruder, und schreibe bald wieder deinem ewig treusten
Freund
v. Weber m. p.