WeGA, Briefe, Digitale Edition Carl Maria von Weber an Johann Gänsbacher <lb/>Dresden, Freitag, 17. und Sonnabend, 18. Juli 1817 Weber, Carl Maria von Veit, Joachim Übertragung Eveline Bartlitz Joachim Veit

Version 4.9.1 vom 5. Februar 2024

Download dieser Datei: 2024-03-28T20:28:30.386Z

Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe
Hornsche Str. 3932756 D Detmold
Creative Commons Attribution 4.0 International (CC BY 4.0) http://weber-gesamtausgabe.de/A041260

Machine-Readable Transcriptions of Texts from the Carl Maria von Weber Complete Edition (WeGA)

Abriss seiner Tätigkeit seit März 1817; listet die in Dresden zur Aufführung gebrachten Opern auf; berichtet über seinen Ruf nach Berlin; betr. verschiedener gemeinsamen Bekannten; habe Gänsbachers Brief an Schlesinger weitergeleitet; arbeite an der Jägersbraut, von der bereits 4–5 Szenen skizziert seien; erwähnt Gottfried Webers Tonsetzkunst, die auf unsere Grundsätze gebaut, einzigartig sei Hab dir recht lange nicht geschrieben und muß mich recht

A; Wien; Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Bibliothek; Weber an Gänsbacher 45

Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe, Sämtliche Briefe

Übertragung folgt den ER der WeGA

font-style: italic;font-style: italic;text-decoration: underline;vertical-align: super; font-size: 0.8em; line-height: 0.7em;vertical-align: sub; font-size: 0.8em; line-height: 0.7em;display: block; text-align: center;display: block; text-align: right;font-style: italic;display: block; text-align: left;letter-spacing: 0.15em;font-size: smaller;font-weight: bold;font-variant: small-caps;content: '"'content: '"'content: "'";content: "'";
German Obsoletes Element tei:textClass entfernt nach notes u. kl. Korr., Denkpausen u. Durchsicht von Frank Ziegler status auf spproved gesetzt ID und @keys gegen nicht-sprechende ersetzt. Brief überarbeitet ID geändert Ersteinrichtunng des Brieftextes und Auszeichnen der Personen. Brief-Header geändert Initiale Transformation aus askSam DB Briefe1
Mein lieber Herzensbruder!

Hab dir recht lange nicht geschrieben und muß mich recht anklagen einestheils, obwohl ich wirklich so in Arbeit, Verdruß, und wieder Arbeit vergraben bin, daß meine Gesundheit recht angegriffen ist, und ich seit ein paar Monaten immer kränkle. das wird aber auch schon wieder beßer werden und ich will nur jezt mein Referat nachholen, und deine lieben guten Briefe beantworten. d: 10t März schrieb ich dir zum leztenmale. d: 13t kam Wohlbrük an und gab GastrollenZu den ersten Gastauftritten vom 16. bis 18. März 1817 vgl. die Aufführungsberichte in der Abend-Zeitung vom 25. März bis 1. April 1817. und wohnte bei mir. die Ferien vor Ostern benuzzend, beschloß ich eine Ueberraschung und reiste d: 22t Abends 9 Uhr hier ab mit Baßi nach Prag, und so schnell, daß ich d: 23t noch zur Hälfte der Zauberflöte zurecht kam. die Freude meiner geliebten Lina, und aller Freunde kannst du dir denken. d: 27t erhielt ich deinen Brief vom 13t nachgeschiktLaut Tagebuch durch J. G. Wohlbrück.. d: 28t dirigirte ich Silvana selbst. So wie ich nur den Kopf ins Orchester stekte, gieng ein unmenschliches aplaudiren und Bravo schreyen los, das gar kein Ende nehmen wollte. Jedes Musikstük wurde aplaudirt, an jedem Akt Schluß Bravo Weber geschrien. es gieng aber auch vortreffllich, Orchester und Chöre besellte der alte Geist, und alles war wie elektrisirt, und Wonnetrunken. da fühlten sie erst recht was sie verlohren hattenVgl. den Bericht im Sammler vom 10. April 1817.. den 1t Aprill muste ich wieder fort. die Trennung that wehe, aber das lange Jahr hatte doch durch diese Ueberraschung einen wohlthätigen Abschnitt bekommen, und uns für die übrige Zeit gestärkt. d: 2t kam ich in Dresden an, besorgte d: 3t alle Direktions Geschäfte, und fuhr d: 4t früh schon wieder nach Leipzig, wohin mich Wohlbrük begleitete. d: 8t führte ich da mein Kampf und Sieg auf, und spielte Konzert. und fuhr denselben Abend noch wieder zurük nach Dresden wo ich den 9t zur Vorstellung der Adelina zurecht kam, in der Weixelbaums auftraten. d: 12t schrieb ich in der Nacht eine Musik zu dem Trauerspiele Yngurd von Müllner. d: 13t war Joseph. d: 14t Yngurd d: 15t Ostade. d: 16 Adelina. wo Thurner im ZwischenAkt auf der Oboe herrlich blies. d: 22t war zum 1t male Helene. d: 30t27. kamen Grünbaums an. d: 3t May. war Joh: v: Paris zum 1t male. d: 11 das Lotterieloos, zum 1t. d: 18t Blaubart zum 1t mal. in alle dem sang die Grünbaum mit dem ungeheuersten Beifall, und ging von da nach Berlin. d: 31t1. Juni das Hausgesinde. d: 4t Juny das Waisenhaus. d: 15t Das Geheimniß. d: 16t erhielt ich deinen Brief vom 5t unterdeßen kam die Grünb: von Berlin zurük, wegen Abwesenheit eines Mitgliedes muste nachstudirt werden. und sie sang abermals im Joh: v. ParisIn der Vorstellung am 19. Juni 1817 sang A. Hunt anstelle der abwesenden E. Zucker die Lorezza, Th. Grünbaum sang die Prinzessin von Navarra; vgl. den Bericht in der Abend-Zeitung vom 3. Juli 1817.. und den 18t geschah das unerhörte daß zum erstenmale, und eher als die Italiener, die deutsche Oper zum König nach Pillnitz gerufen wurde. wo die Grünb: im Lottoloos sangTh. Grünbaum sang die Adele.. das war ein Triumph. d: 27t führte ich mit der ganzen Kapelle das VaterUnser von Naumann in der Kirche zum besten der Armen auf. ging trefflich. d: 28t kam Papa Beer hier durch nach KarlsbadJ. H. Beer reiste laut Karlbader Kurliste (1817, Nr. 903) am 2. Juli 1817 in Karlsbad an und stieg im Haus zur silbernen Kanne auf der neuen Wiese ab., und Treitschke und Schreivogel von Wien, die auf Rekrutirung herumreisen, und mit denen ich viel von dir sprach. d: 30t bekam ich abermals einen Ruf nach Berlin als KapellMster, und das ist jezt die wichtige LebensEpoche in der ich wie ein Esel zwischen den 2 Heubündeln stehe, und nicht weis was ich thun soll. zum Unglük ist auch mein Cheff der Graf Vizthum abwesend, komt aber in einigen Tagen wiederNächste Aussprache laut Tagebuch am 23. Juli 1817., und somit muß sich die Sache bald entscheiden. Auf jeden Fall ist dieser Antrag gut denn das beßere wähle ich. du siehst aus dieser kurzen Uebersicht wo hundert von Briefen, Aufsäzzen, Gesellschaften, Korekturen, Gastrollen, Proben pp nicht gerechnet sind, wie ich überladen mit Arbeit war, und daß man darunter wohl erliegen kann. doch jezt zur Beantwortung deiner Briefe. No. 1 der vom 13t März. Ich bin hier vorder Hand auf ein Jahr angestellt, dem aber immerdie lebenslängliche Anstellung folgt, daß ist hier so Stilü. Es ist sehr still im Leben, und daher sehr zur Häußlichkeit gut. treffliche Dichter, und einzelne liebe Menschen. Musikalische Seele wie wir sie brauchen aber keine einzige. Viel Verdruß durch die Kabalen der Italiener, und manche wandelbare Aussicht für die deutsche Oper in die Zukunft. der Tenorist Mieksch lebt allerdings noch, und ist mein sehr guter Freund. Neumann aber ist todt. die herrliche Feyer bei Empfang deiner wohlverdienten Medaille hätte ich mit ansehen mögenZur Verleihung der großen Civil-Ehrenmedaille an Gänsbacher Ende 1816 vgl. den Kommentar zu Webers Brief vom 10. März 1817.. das sind herrliche Augenblikke im Leben, die gar manches wieder aufwiegen. von D moll habe ich eine Ewigkeit nichts gehört. ich schrieb ihr theilnehmend nach jener unglüklichen FeuersbrunstZum Brand auf den gräflich Desfour’schen Besitzungen (vermutlich in Hradek) vgl. auch Webers Briefe vom 28.–31. Januar 1817 an Caroline Brandt sowie vom 10. März 1817 an Gänsbacher., und habe seitdem keine Zeile mehr von ihr gesehen. den Brief an Schlesinger habe ich auch zur ungebühr lang liegen laßen, da ich aller Welt Antwort schuldig bin. habe ihn aber doch endlich spedirt. Von deiner Kirchen Musik hoffe ich allerdings etwas einmal aufzuführen, sobald ich an den Dienst komme. vielleicht ist auch etwas dafür zu haschen. doch braucht es damit noch Zeit. bei uns geht alles hübsch langsam aber solid.

Vergeblich habe ich deiner Ankündigung gemäß gehofft das Graf F dur einmal hieher kommen würde. dafür ist aber Graf Odonell hierLaut Webers Brief an C. Brandt vom 3.(/4.) Juli 1817 seit Anfang Juli. mit Junghs Schwester, die dem Hans ähnlich sieht. ich habe keine Zeit viel hinzugehen und bin erst einmal dagewesen. Graf und Gräfin sind aber ein paar artige angenehme Leute. Wenn du nur einmal zu mir kommen Könntest lieber Bruder. Wenn der hiesige KirchenCompositeur abfahren wollte, das wäre ein Posten für dich; Nun kömt Zeit, kömt Rath. Mit Freuden habe ich gesehen daß du fleißig warst und etwas Neues für die Kirche geliefert hast. Melde mir ja den Effekt der Aufführung. Es ist freilich traurig daß die Verleger von unserm Schweiß sich mästen, wenn es aber nur recht unter die Menschen komt dann ist es doch gut. und das wird mit deinem Requiem bei Steiner gewiß der Fall seinDie Stimmen-Ausgabe des Requiems (VN: 2597) war Ende 1816 bei Steiner erschienen; vgl. die Anzeige in: Wiener Zeitung, 1816, Nr. 351 (16. Dezember), S. 1395. Meyerbeer führt oder hat in diesem Augenblik schon aufgeführt eine Oper von sich in VenedigDie Uraufführung von Romilda e Costanza fand nicht in Venedig, sondern in Padua statt.. Er bleibt noch ein Jahr in Italien und geht dann nach Paris. Grünb: haben in Berlin in ihrem Concert, eine Arie und eine Hymne von ihm gegebenZum Konzert am 10. Juni 1817 in Berlin, in dem u. a. eine Arie mit Chor sowie die Hymne An Gott (Text: Gubitz) von Meyerbeer erklangen, vgl. u. a. AmZ, Jg. 19, Nr. 29 (16. Juli 1817), Sp. 494., die beide außerordentlich gefielen. die Hymne ist sehr einfach, fließend und doch mit neuen Wendungen gedacht.

Was Weixelbaums betrifft, so sind das elende gemeine Menschen, die mit dem erbärmlichsten Komödianten Charakter begabt sind. Hier, haben sie mir und andern dieselben Geldborg Geschichten gemachtZur Zahlung Webers und Rückzahlung an ihn vgl. die Tagebuchnotizen vom 14. April und 13. Mai 1817., und trotz alle ihrer niederigen Aufführung ist es doch möglich daß Sie engagirt werden. so bald dieß geschieht werde ich gewiß für dein Geld sorgenAuf der Rückreise von Italien nach Deutschland (vermutlich 1816) machten die Weixelbaums in Innsbruck Station und liehen sich Geld (10 fl.) von Gänsbacher, das sie diesem schuldig blieben; vgl. Denkwürdigkeiten, S. 84 (mit Bezugnahme auf Webers Brief: Ähnliche Schuldenstreiche machte er auch in Dresden, wie mir Weber schrieb).. willst du es aber sicherer so schreibe nach Carlsruhe wo sie engagiert sind.

An meiner Jägersbraut arbeite ich so fleißig als meine vielen Geschäfte es mir zulaßen 4-5 Nr: sind schon skizzirt. Was gäbe ich drum wenn des Freundes und Bruders Rath und Beyfall mich unterstüzzen und erheben könnte. So muß ich ohne allen Antheil von Außen für mich allein Schreiben. Ende Septemb: gehe ich nach Prag, heyrathe meine gute Carolina, mit der ich täglich mehr Ursache habe zufrieden zu sein, und bringe mit ihr die Mutter nach Mannheim zum Sohn, suche unterwegs ein paar Thaler zu verdienen, und ziehe dann ein in meinen häuslichen Tempel, ob hier oder in Berlin?, das weis Gott.

Nun lebe wohl, mein vielgeliebter HerzensBruder. Gott segne dich und deine Arbeiten. lebe Gesund und heiter und behalte lieb deinen bis in den Tod treuen Bruder Weber Dresden d: 18t July 1817.

Von Gottfried habe ich lange nichts gehörtWeber erhielt noch im Verlauf desselben Tages einen Brief von ihm.. er hat ein treffliches theoretisches Werk angefangenDer erste Verlagsvertrag bezüglich der Publikation der Theorie der Tonsetzkunst datiert vom 28. August 1816; vgl. Digitalisierte Sammlungen der Staatsbibliothek. Die erste Ausgabe erschien in drei Bänden (1817/1818/1821)., daß auf unsere Grundsäzze gebaut, einzig in seiner Art ist. der erste Theil ist bereits heraus. Addio senza addio.Eine gewaltige Übung im italienischen ist das beste hier.