No: 11. Kiobenhavn d: 28t Sept: 1820.
Guten Morgen mein herzliebstes Leben. was machst du? bist du brav, ditt und
fett, gesund? warst du denn auch immer heiter? immer heiter, nun, so so??? dieser Tage
ist nun das kleine Eß 3 Monate alt gewordenEs ist von dem ungeborenen Kind die Rede, Gott helfe ihm zur Stärke daß es nicht
fortläuft. ich habe auch gar keine Angst, und bin überzeugt daß dießmal alles gut
gehtNach dem Tod der ersten gemeinsamen Tochter am 28. April 1819 hatte Caroline am 30. September 1819 eine Fehlgeburt erlitten. Von der erneuten Fehlgeburt infolge des Kutschenunfalls 1820 vor Bremen erfuhr Weber erst nach seiner Rückkehr nach Hamburg..
Was ich in meinem lezten Briefe vermuthete ist
richtig eingetroffen, es gieng doch nehmlich gar zu schnell und gut. der hinkende Bote
kam nach. Mein Concert bei Hofe kann erst Mittwoch d: 4t 8b sein, bringe ich dann bis Sonntag d: 8t das in der Stadt
zu Stande so kann ich von Glük sagen. dann kome ich gerade zu recht um d: 14t in Lübek
es zu geben, und d: 15t hopsa heida nach Hamburg zu meinem
Menscherl. So habe ich es vor der Hand ausstudirt obs aber auch dabey bleibt weis Gott.
Nun laß dir erzählen, denn Gestern konnte ich keinen Augenblik dazu kommen. Nachdem ich
d: 26 mein No: 10 abgeschikt hatte, gieng ich einen Augenblik ins Theater, wo mir Schall
die schöne Nachricht gab, daß mein Concert sich um 8 Tage
verschöbe. dann hieß es sich anziehen, und der Frau Ministerin von
RosenkranzUnterstreichung mit Blei, vermutlich nicht autograph den Abend seine Aufwartung machen. alles sehr artig. Gestern d: 27t früh 9 Uhr
machte ich S. Majestät dem König meine Aufwartung. ein ungemein liebenswürdiger
huldvoller Mann, zu dem man augenbliklich Vertrauen und ein Herz faßen kann, so mild und
freundlich. dann giengs an andre Visiten, bis 1 Uhr wo ich nach Frederiksberg fuhr, um
Ihro M: der Königin vorgestellt zu werden, welches sie selbst ausdrüklich verlangt, und
einen Laufer deßhalb an mich geschikt hatte.
Gute Mukkin ich muß es dir nur gestehen,
dießmal bin ich dir etwas untreu geworden, denn diese herrliche Fürstin hat ganz mein
Herz genomen. Schon aus den Umgebungen, den Hofdamen und OberhofMstrinLaut Königlich-dänischer Hof- und Staats-Calender für das Jahr 1821, S. 108 gehörten dem Hofstaat der Königin u. a. das Kammerfräulein Fridericke Amalie Marie Hedewig von der Maase (die von Weber als Oberhofmeisterin Bezeichnete) sowie die Hofdamen Comtesse Marie Elisabeth Knuth, Fräulein Margaretha Oelgaard von Levetzau, Frau Kammerjunkerin Sigfride Victorine von Krogh, geb. Comtesse Knuth, sowie Fräulein Friderike von Sperling an; Oberhofmeister war Johann Ludewig von Brochenhuus. die ich vor der
Audienz sprach, kann man sehen, ob Geist zu Hause ist. und wie sehr wurde ich erst durch
die Königin überrascht. Diese herzliche Güte, dieß Wohlwollen ist wirklich
unbeschreiblich. Sie sezte mich Z: B: wahrhaft in Verlegenheit durch die Güte mit der
sie sich wirklich dringendst entschuldigte daß mein Concert
verschoben worden wäre, und wenn ich es wünsche so würden Sie es noch zu ändern suchen.
da es sich aber so weit verschoben hätte hätte sie den Wunsch nicht unterdrükken können
mich eher zu sehen pp Kurz, es ist unmöglich, daß eine simple
Privatdame verbindlicher sprechen und sein kann! Du weißt daß ich so viel mit den Großen
dieser Erde umgegangen bin, daß das verblendende Zauberlicht nicht seine Wirkung bei mir
thut, also kannst du auch meinem Urtheil glauben. Mündlich natürlich alles ausführlich.
Mittags aß ich bei Siboni
der sich nicht genug über PaßysHier meint Weber wohl nicht den nachfolgend genannten Pianisten Edmund Passy, sondern den Sänger Luigi Bassi, dem Siboni 1817 in Dresden in Webers Gesellschaft begegnet war; vgl. den Tagebucheintrag vom 8. August 1817.
Abtrünnigkeit wundern konnte. dann gieng ich in das Concert des H: Klavierspieler Paßy und der Mlle: Wasilius aus Stokholm.
meine Aufopferung für die armen Leute, hat ihnen schlechten Lohn gebracht, denn es war
sehr leer. aber auch welch Concert. die Kapelle sehr brav. aber, — gute Mukkin — was ist doch ein Pianoforte Concert ein langweilig elend Ding. wenn ich wüste daß es bei mir
auch so klänge. ich hakte mir die Finger ab, um die Leute nicht mehr zu Tode zu ennuyiren.
Es ist recht traurig daß hier die Post nur 2
mal die Woche von Hamburg komt, und geht. du kannst mir aber auf diesen Brief auch noch
hieher antworten. –
— Jezt geh ich in Bad. muß den Schmierhammel
einmal waschen, und kann es hier sehr gut, da ich die Bäder im Hause habe. also ade für jezt, mein gutes Herz, Gott segne dich und das kleine EßDas ungeborene Kind ist gemeint. + + + Millionen gute Bußen.
d: 29t Früh: Gleich nach dem Fee komt die Mukkin.
Wertheste Perschon, wie geht es Ihnen? haben Sie auch so schön Wetter wie ihr Herr? das heißt es ist fast AprillWetter, bald Hagel und Regen,
bald wieder Sonnenschein, aber das lezte doch meist. wahrscheinlich komt das ganz
schlechte Wetter erst wenn ich reise. das wäre sehr fatal. Habe mir zwar einen
Regenschirm gekauft, der mir bei den offenen Wagens gute Dienste leisten soll, aber
freilich der allein kann nicht alles abhalten. Nun wir werden ja sehen. Man wird sich
Mühe geben mir einen Reise Compagnon zu verschaffen, das wäre
mir sehr lieb, besonders wegen der halben Kosten. Es ist hier enorm theuer. fürs Eßen werde ich wohl nichts mehr ausgeben, denn ich bin auf
alle Tage schon versagt, man ist sehr gastfrey. Gestern nach dem Bade, /: das beiläufig
gesagt herrlich eingerichtet ist, :/ war große Cour bei mir, und ich kam erst nach 1 Uhr zum anziehen, da man aber hier
erst um 4 Uhr speißt, hatte ich Zeit genug noch einige Visiten zu schneiden. Dann war
ich zu Mittag bey Mad: Lütke. sehr angenehm. Weiße war auch da.
und nach Tische sollte das KalvierenScherzhaft für Klavier spielen; Weber spielte laut Tagebuch seine Klaviersonate Nr. 2. los gehen. er hatte aber keine Lust, und ich war
auch ditt gefreßt. da ich das lange Bitten aber nicht leiden kann, und es so zierig
aussieht wenn keiner dan will, so spielte ich, und es schien den Leuten zu gefallen.
dann ging ich ins Theater. Oper, Schloß Montenero. Orchester vortrefflich. Chöre recht brav. übriger Gesang fast
schlecht. habe mich aber doch sehr gut mit der herrlichen Musik unterhalten. ein kleines
Divertißement was darauf folgte, hieß nichts. dann ging ich in Bett. Ach wenn ich so
nach Hause kome, und es ist alles so einsam, kein Mensch spricht mit mir, ich kann mich
nicht mittheilen, da werde ich recht traurig, und krieg eine Sehnsucht nach der Mukkin
— — Na!! Wenn du aber nicht recht Gesund bist, liegt es
wahrhaftig nicht daran, daß etwa deine Gesundheit nicht getrunken würde, täglich einmal
müßten dir wenigstens deßhalb die Ohren klingen. Heute hoffe ich nun auf einen Brief von
dir. hier geht es in großen Zwischenräumen die Entfernung ist groß.
nun befehl mich
Ihnen gehorsamst Frau Mukkin, derweile bis ihr Brief komt werde ich mich bampelnMundartlich für baumeln, schaukeln, aber auch: sich etwas anhängen; hier wohl im Sinne von ankleiden? und
waschen. Servus.
½ 4 Uhr.
Muß jeden Augenblik benutzen mit dem Mutterschweinchen zu babsen. 1000 Dank
für deine liebe No: 7 vom 24 und 25t huj der mich ganz froh
gemacht hat, obgleich ich eine Angst habe daß deine Unpäßlichkeit doch vielleicht nicht so
vorübergehend gewesen wäre; aber gelt du machst der Männe nichts schwarz? und es war
weiter nichts als Magerl? und Schiff? nun ich wills glauben.
das war aber dum daß du so schnell wieder in
Stadt giengst. konnte es denn nicht eben so schnell wieder schön
werden? aber ich kenne dich schon, Du hast nirgends Ruhe als wo du dich zu Hause
glaubst. Wenn du meine Briefe lieb hast, so kannst Du auch wißen
wie es mir mit deinen geht. Auch muß es ein eigen Ding sein wenn
ich von dir spreche, denn die Leute haben es gleich weg, daß ich dich gar sehr lieb habe. Es muß dich doch auch gefreut haben daß die Menschen so
Theil an dir nehmen, wie du unwohl warst.
Das wollne Leibchen thut treffliche Dienste.
die pp habe ich in der Dumheit so aufs Papier gemacht, denn mir
fehlte weiter nichtsBezogen wohl auf Webers Brief vom 18. September 1820, in dem er von einer Fahrt durch den Regen berichtet hatte, bei der er durch und durch, durch den Mantel, Rott pp
nass geworden war.. und besonders jezt, bin ich wirklich recht wohl. muß es auch sein
wenn ich alles Gute aushalten soll das man mir zumuthet. man
reißt sich um mich, von jezt an bin ich schon alle Tage versagt, und, könnte es 3fach
sein, ging es an. Dikfellig bin ich gewiß. aber wer weiß ob nicht noch empfindlicher,
nachdem ich sehe wie ich überall gekannt und geachtet bin. übrigens soll die Wulle dich
nicht vom Herzel abhalten.
Du bist braver als ich, kanns aber doch nicht
loben. ich kann recht gut Austern schlukken, daß ich dabei immer an dich denke ist
gewiß, aber ich kann sie doch eßen. du hattest ganz recht meine
Alte, während du deinen Brief schriebst war ich schon glüklich in Kopenhagen.
Mit dem schwarzen Halstuch hast du es sehr gut gemacht. ich war schon sehr in Verlegenheit was ich ihr
mitbringen sollte, und nun ist es damit abgemacht. vielleicht bringe den Mädchen ein
paar Kleidchen.
Ja, Gott sei Dank. die Hälfte der
TrennungsZeit ist gut vorüber. und d: 15t 8b hoffe ich gewiß dich zu sehen und an mein
Herz zu drükken.
Der Lohnbediente ruft mich ab zum Freßerln,
ade. ade!
d: 30t
Da komt das Morgenbußel. guten Morgen. Kußsymbol
Das hieß gestern gefreßtLaut Tagebuch Mittagessen bei Gordon (ggf. Verschreibung für Gerson).. Schildkröte in
Madera und Chinesischen Gewürz gekocht. u: s: w: dann ins Theater der Barbier von
Sevilla, und noch zu Öhlenschläger. Von Edmund erhielt ich Gestern auch einen Brief, wo
er meint ich müßte 4–5 Tage vor dem Concert ankommen. ich
antworte ihm heute, und er wird sich wundern, daß ich vielleicht erst den Tag vorher
ankomen kann, und geht es damit nicht, laße ich lieber das ganze Lübeker Concert fahren, denn die Zeit vergeht zu schnell, und auf Hamburg
hoffe ich etwas.
Daß Chauffpied dich
besucht ist mir sehr beruhigend . Nach Lübek darfst du nicht
kommen, wo ich ohnedieß höchstens 2 Tage bleibe, und da so viel zu thun haben werde, daß
ich nicht einmal deiner froh werden könnte. Wenn ich hingegen zu der Mukkin nach Hamb:
komme, so gehe ich den ersten Tag gar nicht aus, und laße mich nirgends sehen, damit wir
recht babsen können. Es gränzt ans Unglaubliche daß von Dresden noch keine Briefe da
sind, ich bitte dich H: Moritz in meinem Namen Beine zu machen. Mein liebes Herz, der
Wagen muß doch gemacht werden. was hilft das Geld wenn wir TodesAngst ausstehen sollen.
wer weiß was Ende 8b für Wetter ist, wie tief ausgefahren die Gleise, und dann nochmals
vielleicht umgeworfen? Nein, Nein. immer machen laßen. werde es schon wieder verdienen,
und will ruhig neben meiner Mukkin sizzen können, und nicht immer mit ihr das Fieber
haben. Sag nur meinem guten Romberg er möge es machen laßen.
Dem Ali hast du Künste gelehrt? nun da bin ich
neugierig, nimmsnicht übel, aber ich meine es wird nicht viel sein. ob er mich noch
kennt?
Was ist das für ein dummes Gerede, ich hätte mehr zu thun, als deine langen Briefe zu lesen?
wären sie nur länger, ich lese sie ja doch 10 mal.
Nun leb Er hohl. ich hab noch
mancherley zu thun. An die Kapelle zu schreiben, an Edmund pp
vor Abgang der Post kom ich nochmals. befehl mich gehormst!!!
um 2 Uhr ich kann eben noch schließen mein geliebtes
Herz. mit den Concerten bleibt es nun so bestimt. d: 4t bei Hofe
den 8t in der Stadt, d: 9t fort, d: 14. hoffentlich in Lübek,
und d: 15t oder 16t bei der Mukkin!!! Juhe!!!!
Nun Gott segne
dich + + + grüße Fritz und Alle recht herzlich von mir, bleib brav und gesund und
behalte lieb deinen dich über alles in der Welt liebenden
Carl.