WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Aufführungabesprechung: <q>Gott und die Natur</q> von Giacomo Meyerbeer am 8. Mai 1811 in Berlin Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter

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sehr ausführliche Werkbesprechung; nummernweise Vorstellung der Komposition; hebt besonders Nr. 5 (Lieblingsstück des Puplikums) und Nr. 8 (kontrapunktisches Meisterwerk) hervor; mit Notenbeispielen Hierbei handelt es sich mehr um eine Werk- als Aufführungsbesprechung; da Weber, der das Werk sehr gut kannte, bei der Aufführung selbst nicht anwesend war, sondern zu dieser Zeit in München weilte; vermutlich hatte er evtl. nötige Informationen über die Auff. von Meyerbeer erhalten; über die Entstehung des Oratoriums vgl. Brief von Weber an Gänsbacher vom 27. Februar 1811 (Zusatz Meyerbeer); Brief von Weber an G. Weber vom 14./15. September 1811 sowie die kurze Notiz von Gänsbacher in verschiedenen Zeitungen; vgl. auch TB Monatsübersicht Juni 1811 Carl Maria von Weber [NACHRICHTEN.] Berlin Allgemeine Musikalische Zeitung 13 34 21. August 1811 570-572 Fraktur

D; Berlin; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung; Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (IV), Bl. 32b/v–33a/r

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Deutsch 18. Juni 1811 (laut A, Versand am gleichen Tag laut TB) geprüft, weitere Komm. ergänzt und Status erhöht mit Entwurf verglichen und Abweichungen als Apparat vermerkt Notenbeispiele eingefügt notatedMusic-Elemente eingefügt. Text eingefügt, ausgezeichnet und Korrektur gelesen nach ED mit Schriftenliste abgeglichen Initiale Transformation aus der Schriftenliste.xml (Ticket #813)

Berlin *).*) Anm. Durch Umstände verspätigt. Unter den mancherley Kunstproducten, die uns seit einiger Zeit erfreuten, oder langweilten, steht das, am 8ten May in dem Concert spirituel des Hrn. Kapellm. Weber aufgeführte Oratorium von SchreiberName in Hell II, S. 59 und MMW III, S. 30 verlesen zu Scheile, Gott und die Natur, in Musik gesetzt von Hrn. Meyer Beer, so ausgezeichnet in jeder Hinsicht da, dass es Ihnen angenehm seyn wird, etwas Ausführlicheres, als die Berliner und andere Zeitungen liefertenKöniglich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats-und gelehrten Sachen, Nr. 58, (14. Mai 1811), gez.: J. C. F. R. (Johann Carl Friedrich Rellstab) und Berlinische Nachrichten von Staats- und gelehrten Sachen, Nr. 58 (14. Mai 1811) sowie 1811-V-32 und 1811-V-35. Vgl. außerdem den ausführlichen Bericht im Journal des Luxus und der Moden, Jg. 26, Juli 1811, S. 458–462, über die Arbeit dieses vielversprechenden Künstlers zu hören, der so viele wissenschaftliche Bildung mit der vollkommnen Beherrschung der musikalisch-technischen Erfordernisse in sich vereint. Der Plan des Ganzen ist mit reicher Mannigfaltigkeit, und ohne das Gesetz der Einheit zu stören, entworfen. Volles Leben, schmeichelnde Lieblichkeit, und besonders die ächte Kraft des emporstrebenden Genie's sind darin unverkennbar. Der erste Chor (C-dur) und die darauffolgende Fuge sind sehr weislich ganz mezzo tinto gehalten, und mir fielen nur einige kleine Text-Verstümmelungen auf. No. 2. und 3. Bass-Recitativ und Aria. (Es-dur.) Das RecitativBei Hell, S. 60 Quintett ist höchst sprechend und wahr. Daran schliesst sich die Arie, bey deren grosser Lieblichkeit man beynahe bedauern möchte, dass ein Bassist sie zu singen habe, wenn nicht Hr. Gern sie vorgetragen, und mich überzeugt hätte, dass er auch in diesem Betracht alle Wünsche befriedigen könne. In dieser Nummer ist die Stelle: da winkt er dem Licht, es schwebet hernieder – sehr glücklich ganz entfernt gehalten von Haydns: es werde Licht – und zwar durch einen überraschend gehaltenen E dur-Accord der Blas-Instrumente. – No. 4. und 5., Rec. und Aria, (aus B,) gesungen von Hrn. Eunike, wurde ein Lieblingsstück des Publicums. Man könnte zwar vielleicht sagen, es wäre Schade, dass gleich Anfangs zwey Arien von Männerstimmen aufeinander folgen: aber der Effect des Blumen-Chors, (No. 6, aus G), von blossen Weiberstimmen vorgetragen, tritt dagegen wie eine freundliche Lichtgestalt hervor, und wurde das zweyte Lieblingsstück des Publicums, ja, veranlasste ein eignes Sonnett auf den Componisten – so wie überhaupt mehrere Gedichte auf den Dichter und Componisten in der Berliner Zeitung befindlich sindVgl. Brief von Meyerbeer an G. Weber vom 22. Mai 1811. Laut Becker I, S. 604, Anmerkung 107, 3 ließ Gottfried Weber auf Grund der von Meyerbeer mitgeschickten Zeitungsauschnitte einen Absatz im Badischen Magazin einrücken (Nr. 75 v. 28. Mai 1811).. Die Harfen-Begleitung war aber leider so schwach, dass man sie kaum hörte. No. 7. Discant-Arie, (C-dur) ist von einer, für Sopran-Arien seltenen Kraft, (mir beynah das liebste Stück) und in eben diesem Geiste von Dem. Schmalz vorgetragen. Dass diese Sopran-Arie nach dem Weiber-Chor folgt, ist, glaube ich, ein gegründeter Vorwurf, der dem Componisten zu machen ist. Beyde Stücke verlieren dadurch. – No. 8. Chor der vier Elemente. Ein echt kontrapunktisches Meisterstück, Luft, Sopran, Feuer, Alt etc. Erde, Tenor; Wasser, Bass. Jedes trägt erst seinen eigenen Gesang, mit dem, dasselbe charakterisirenden Accompagnement vor; am Ende vereinigen sich alle vier Gesänge mit ihren vier Accomp. – also acht Themata – sehr consequent, und besonders von hoher Wirkung da, wo das ganze mächtige Ensemble, pianissimo wiederholt wird, (in F-dur). So benutzt, und so fliessend und natürlich behandelt, mögen wol allein derlei harmonische Kunststücke an ihrer Stelle stehen und wirken, was sonst selten der Fall ist. – No. 9. Bass-Recitativ. No. 10. Chor: Er war, er ist, und er wird seyn. – Schöne rhetorische Durchführung eines choralmässigen 4stimmigen Gesanges, mit untermischten soli a quadro der vier Hauptsingstimmen, (aus Es.) – No. 11. Duett, zwischen einem Zweifler, und einem Gottesläugner, /Tenor und Bass,) wozwischen ein Chor von Männern Zuversicht und Glaube predigt. Die verschiedenen CharaktereBei Hell, S. 62 Cavatinen sind ungemein treffend geschildert und das Ganze zu einem Gusse verbunden. Auch ist es gut gedacht, diesen ernsten Gegenstand blos von Männern unter sich abhandeln zu lassen. ( G-moll.) – An dieses Stück schliesst sich der Chor (C dur): Hörst du die Posaun' erklingen? wo es mich schon freute, dass der Componist nicht die Plattitude beging, Posaunen hören zu lassen. Von hier fängt er an, immer grösser zu werden, bis ans Ende. Der Text wendet sich zur Auferstehung , wo alles Gestorbene zu leben wieder anfangen wird. Der Sopran tritt solo und pianissimo nur von einem Paukenwirbel begleitet, nach der spannenden Stille einer Fermate ein:

Es lebt, was je geboren war, es lebt, was je geboren
Endlich tritt die Schlussfuge ein, deren Thema:
Im Tod ist Sieg, im Grab ist Licht, das Wort des Herrn, es trüget nicht.
die Posaunen erst per augmentationem so vortragen:
und womit der Comp. dann eine feurige Bewegung der Violinen verbindet, und mit einer ausserordentlichen Kraft auf das Ende losgeht. Die Instrumentierung ist durchaus gut berechnet, oft originell und neu. Alle Melodien, selbst die schmeichelndsten, bleiben in den Gränzen des ernsten Styles. Möge Hr. Meyer Beer auf dem Pfade der Kunst mit der Ausdauer, dem Fleiss, und der Bescheidenheit fortwandeln, die man bisher an ihm so hochschätzen durfte, und wir haben der Kunst reiche Früchte von ihm zu versprechen.