## Title: Konzertübersicht der Fastenzeit 1816 in Prag (Teil 4 von 7) ## Author: Carl Maria von Weber ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031202 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Conzert-Uebersicht der Fastenzeit 1816.#lb#(Fortsetzung.)Den 30. März gab Mad. Therese Brunetti, Schauspielerin am ständischen Theater im Redoutensaale eine musikalisch-deklamatorische Abendunterhaltung. Mad. Brunetti wußte sehr gut durch den Reiz der Mannigfaltigkeit und der zahlreichenVielerley Gerichte und Namen das Publikum anzuziehen. Es würde uns zu weit führen, die eilf verschiedenen Stücke einzeln zu berühren, und wir begnügen uns zu sagen, daß alles sehr lobenswerth ausgeführt wurde, unter den deklamatorischen Stücken aber vorzüglich folgende anzogen: Gespräch eines Bauernmädchens von Castelli, vorgetragen von Dem. Brand, Trifolium von Schreiber durch Mad. Sonntag, das Not- und Hilfsbüchlein von Langbein durch Mad. Brunetti, und endlich Mädchengedanken von Schütze, wobey sich fast das ganze weibliche Personale unsrer Bühne vereinte, um ein geistvolles Gedicht auf die anmuthigste Weise vorzutragenim Ganzen, ja vorzüglich im Einzelnen gegeben wurde. Das Ganze würde vielleicht noch mehr Wirkung gemacht haben, wenn nicht leider jedes Deklamatorium schmerzlich an den Verlust der vortrefflichen Schröder erinnerteSchmerzlich muß übrigens jedes Declamatorium an den Verlust der trefflichen Schröder erinnern, die in dieser Beziehung wohl lange unerreicht bleiben wird. Der musikalische Theil ging etwas unter in der Masse der sich schnell drängenden Dinge. Das erste Allegro des Beethovenschen SeptettsSeptetts von Beethoven diente zur Einleitung, Mad. Czegka sang eine Arie von Cimarosa mit den an ihr in diesem Genre gekannten Vorzügen, sodann spielte sieSpielte dann mit einer Dilettantin, Frau Professorin Wawruch, (die sich durch ein höchst zartes und geschmackvolleszartes geschmakvolles Spiel auszeichnete) eine etwas lange Steibeltsche Sonate für 2 PianofortesSonate für 2 Pianoforte von Steibelt mit großem und gerechten Beyfall. und Auch Hr. Ehlers sang ein Notturno von Reinhardt und Göthes Hochzeitslied mit Begleitung der Quitarre mit Geist und Gefühlgab uns 2 Liedchen mit Begleitung der Guittarre zum besten. Den 6. April. Conzert des Hrn. Franz Clement, Orchester-Direktor des königl. ständ. Theaters, im Redoutensaale. 1. Sturm aus der Oper: Medea, von Cherubini. So gewiß es auch ist, daß dieser große Mann etwasnur Treffliches liefern kann, so brachte doch dieses Musikstück heute keine große Wirkung hervor, da es nicht wie der Hayd'nsche Sturm ein für sich allein bestehendes Werk ist, sondern durchaus auf den szenischen Zusammenhang in der Oper mit jenen eingreifenden Wesen berechnet ist, das Cherubini so eigentümlich bezeichnet. 2. Neues Violin-Conzert, komponirt und gespielt vom Konzertgebervon Clement. Hr. Clement bewährte sich hier abermals als einen Meister der größten Künstlichkeitgroßen Meister der Kunst, oder vielmehr der Künstlichkeit auf seinem Instrument. Diese Reinheit und Vollendung des Tons in den schwierigsten Passagen, seinedie Ruhe, Sicherheit und Ausdauer verdient die vollkommenste Anerkennung. Ueber die Art seines Vortrags, und wie er überhaupt seinedie Kunst betrachtet, will Ref. nichts weiter bemerken, da beydebeydes zu allgemein bekannt, ihrsein sehr Verdienstliches habenauch hat, und es immer unrecht bleibt, von Jemand zu verlangen, daß er seine künstlerische Individualität verläugnen, und einer andern Schule oder Manier beytreten solle, wenn er etwas in seiner Art Vollendetes leistet. Alle Gattungen sind gut, ausgenommen die schlechte, sagt Voltaire. Was die Komposition betrifft, so erweiset sie einen großen darauf verwendeten Fleiß, und war nur überwürzt mit unaufhörlich sich drängenden Modulationen und harmonischen Rückungen. 3. Quartett aus der Oper: Idomeneo, von Mozart, gesungen von Mad. Czegka, Mad. und Dem. Kainz, und Hrn. Ehlers. 4. Trio für Pianoforte, Violin und Violoncelle von Eibler – und schlüßlich: Wellingtons Sieg oder die Schlacht bey Vittoria, von Beethoven. Ueber dieses Tongemälde erspart sich Ref. die Aeußerung seiner Meinung bis nach wiederholtem Hören desselben, da er heute von der eigentlichen Musik unter dem fürchterlichen Lärm der Kanonen, Ratschen etc. fast nichts zu hören bekam, und auch dem Publikum nicht jene großen Erwartungen erfüllt zu seyn schienen, die es mitgebracht hatte; was immer eine mißliche Sache bey einem so ganz außer deraußerhalb den Gränzen des Tonreichs liegenden GegenstandesGegenstand ist, da die Phantasie eines jeden Einzelnen sich eine eigne Vorstellungsart davon macht, die dann schwerlich getroffenerreicht wird, und ein Vergleich mit dem großen Stoffe ins Kleinliche fällt. Die Sieges-Symphonie hat offenbar große Genie-Züge, wie sie diesem mächtigen Tonsetzer wohl nie fehlen können; es herrscht mitunter wahrer Siegesjubel darin, auch das God save the king ist einmal auf höchst eigenthümliche und kräftige Weise herbeygeführt und begleitet. Dieß sind die ersten Eindrücke, die bey Ref. haften blieben über das Ganze; ein Mehreres bey einer künftigen Aufführungnach der Aufführung im Theater, von der Musiker Gesellschaft. (Fortsetzung folgt.)