WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Ausschnitt zur geplanten Biographie über Abbé Vogler (Jugendjahre) Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter

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Machine-Readable Transcriptions of Newspaper Articles about Music and Theatre Performances in the early 19th Century

kurzer Abriss der Jugendzeit von Webers Lehrer Vogler; berichtet Anekdote, die davon erzählt, wie Vogler vor einer zu frühen Eheschließung bewahrt wurde vgl. Kommentar im Aufsatz über Abbé Vogler Carl Maria von Weber Abt Voglers Jugendjahre Kaiserlich Königlich privilegirte Prager Zeitung 3 204 22. Juli 1816 811

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Deutsch spätestens 21. Juli 1816 Endkorrektur, Status erhöht Korrekturlesung Text eingefügt und ausgezeichnet mit Schriftenliste abgeglichen Initiale Transformation aus der Schriftenliste.xml (Ticket #813)
Abt Voglers Jugendjahre.

Der durch seine Virtuosität auf der Orgel, durch seine meisterhaften Compositionen und seine theoretischen Werke über Tonsetzkunst gleich berühmte Abt Vogler ward 1749 zu Würzburg geboren. Sein entschiedener Hang zu Künsten und Wissenschaften äußerte sich mit aller Macht schon in den Kinderjahren, und bewog seinen Vater, der Instrumentenmacher war, ihn studiren zu lassen. Vogler zeichnete sich als Knabe vor allen Schülern des fürstbischöflichen Gymnasiums zu Würzburg nicht nur durch vorzügliches Talent, sondern auch durch eisernen Fleiß sehr vortheilhaft aus. Die gewöhnlichen Wissenschaften beschäftigten ihn nicht genug, sein lebhafter Geist strebte mehr zu umfassen, darum widmete er alle seine freyen Stunden der Musik, lernte, beynahe ohne Unterricht, zuerst Violin, und dann Klavier spielen, und fing sogar an, zu komponieren, von keinem Lehrer geleitet, einzig seinem Genius folgend und vertrauend. Als er zum Jüngling heran gereift war, hatte er sich als Tonkünstler schon einen bedeutenden Ruf in seinem Vaterlande erworben, so daß viele Musikfreunde aus der Umgegend seine Bekanntschaft suchten. Unter andern kam in jener Zeit auch ein reicher Weinhändler aus B. mit seiner aufblühenden Tochter nach W. Beyde liebten die Tonkunst sehr, und strebten, theils um ihres Vergnügens willen, theils, um die musikalischen Talente des Mädchens mehr zu entwickeln und auszubilden, nach Voglers Umgang. Diesem war ihr erster Besuch nicht nur angenehm und schmeichelhaft, sondern der Tochter blühende Gestalt machte überdieß einen tiefen Eindruck auf sein jugendliches Herz, und weckte die Empfindungen der Liebe mit allem, seinem Alter im Allgemeinen, und seinem regen Leben insbesondere eigenen Feuer; das Mädchen theilte bald seine Gefühle, und der Vater schien das Verständniß der jungen Leutchen zu billigen. Vogler wäre ohne Zweifel in eine eheliche Verbindung getreten, hätte des Schwiegervaters ausgebreitetes Geschäft übernommen, und sein Genie wäre der Kunstwelt verloren gegangen, wenn nicht ein lächerlicher Vorfall die Fesseln dieser ersten Liebe zerrissen hätte. Er begleitete nämlich am Feste des heiligen Kilians, Schutzpatrons des Bistums W., seine Geliebte in den Dom, und zwar, weil es eben stark regnete, mit einem Regenschirm; an der Kirchthüre ließ er sie voran hinein treten und folgte ihr in das Schiff der Kirche. Der prachtvolle Schmuck des Hochaltars, im Glanze vieler hundert Kerzen schimmernd, der reiche festliche Ornat des Fürstbischofs und der beym Hochamte ihm dienenden Priester, die höhere Musik, von dem zahlreichen Hoforchester exekutirt, beschäftigten des Mädchens Auge und Ohr, so daß sie des neben ihr stehenden Geliebten nicht achtete; auch ihm mochten an der Seite seiner Auserwählten alle diese Eindrücke neu erscheinen und seine Sinne gefangen halten. Lange standen beyde gleichsam in Betäubung, bis ein allgemeines Gelächter der Umstehenden Voglern zuerst zur Besinnung brachte. Er sah sich um, und allenthalben begegneten lachende Gesichter seinem Blicke; seine Verlegenheit wuchs mit jedem Pulsschlag er wagte es nicht, nach der Ursache dieser seltsamen Erscheinung zu forschen, weil er sie an sich selbst zu finden fürchten mußte. Endlich bemerkte er, daß einige der Nächststehenden aufwärts sahen; schnell hob er nun sein Auge und ward mit Schrecken gewahr, daß er seinen Regenschirm noch immer aufgespannt über sich hatte. Mit Blitzesschnelle zog er ihn ein, ließ die Geliebte stehen und stürzte aus der Kirche. Aus Schaam floh er von diesem Augenblick an das Mädchen, und konnte ihr nie wieder ins Auge sehen. – War das Zufall oder das Werk eines wachenden Genius?