## Title: Aufführungsbesprechung Mannheim: „Lilla“ von Vincente Martin y Soler am 19. Dezember 1811 in Mannheim ## Author: Gottfried Weber ## Version: 4.10.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A030706 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Mannheim. (Theaterbericht.) Donnerstag, den 19. Dez.: Lilla, Oper in 2 Aufzügen, aus dem Italienischen nach Una Cosa rara. Madame Werner wählte zu ihrem Wiederauftreten eine wenig mehr beliebte Oper, eine wenig bedeutende Role: Letzteres vielleicht darum nicht mit Unrecht, weil ihre Stimme noch sehr schwach ist, so daß man in drey und vierstimmigen Stellen Mühe hat, sie nicht zu überhören. Am meisten glückte ihr die Bravour-Arie des zweiten Actes; besonders gefällig und anziehend war ihr einfaches, naives, und dem Charakter ihrer Role ganz entsprechendes Spiel; wahr und ohne Ziererei, und höchst einnehmend ihr schönes Aussehen. Auch Mad. Beck war heute wenig bey Stimme und Stimmung, eine merkliche noch nicht ganz vorübergegangene Heiserkeit mag die Schuld davon tragen. Mlle. Müller, welche jüngst als Marzelline wenig befriedigt hatte, legte heute wieder Beweise von Fortschritten ab in Spiel und Gesang. Immer mehr gewinnt ihre Stimme Aehnlichkeit mit der ehemaligen Silberstimme ihrer Mutter und auch von dem natürlichen gefälligen Anstande dieser letztern scheint sie sich einen Theil eigen machen zu wollen. Die Befangenheit, welche in Hrn. J. Müllers Spiel u. Gesang durchblickte, ist bey einem Anfänger so natürlich und verzeihlich, daß es ungerecht wäre, den Erfolg seines heutigen ersten bedeutendern Versuches mit Aristarchenstrenge auf die Goldwage zu bringen. Ueber Hrn. Mayer als Sänger leichter Parthieen, hat Ref. sein Urtheil schon mehrmals geäußert. Sein Spiel war heute belebt und oft angenehm launig: doch wünschte wohl mancher Zuschauer das etwas weibische Drehen des Kopfes, und das Verneigen (Kniks machen) nach Weiber Art, hinweg, was einem wohlgewachsenen großen schlanken Manne am allerwenigsten zu Gesichte steht. Auch hätte er in der Aria buffa seinen alten Urgroßvater auf irgend eine andre weniger widerliche Art nehmen und parodiren dürfen. Die Verdienste der Herren Werner und Gerl als sehr gründlich gebildete achtungswerthe Musiker, sind anerkannt. G. Giusto.