## Title: Aufführungsbesprechung München: „Der Freischütz“ und „Preciosa“ von Carl Maria von Weber von 15. April bis 27. Juni 1822 ## Author: Anonymus ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031358 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Nachrichten.München, Ende Juny. Uebersicht der Monate May und Juny. […] Auf der deutschen Bühne ist der Freyschütz noch immer neu. Er erschien auf selber seit dem 15ten April bis 24sten Juny achtmal: eine Ehre, welcher sich ausser der Schillerschen Jungfrau und der Mozart'[s]chen Zauberflöte nur Er in so kurzer Zeit zu erfreuen hatte, und welche auf einer Bühne, die herkömmlich die Woche nur Ein Singspiel darzustellen hat, als ausgezeichnet gelten darf. Immer befriediget Mad. Ves | permann als Agathe, immer wird ihre schöne Arie freudig aufgenommen; denn ihr Gesang ist einfach und rührend. Den Max hat ein seltsameres Geschick betroffen, indem Hr. Löhle, in dessen Fach diese Rolle gehört, eben vor der dritten Vorstellung schnell von einer Unpässlichkeit befallen wurde. Nur vier und zwanzig Stunden waren noch übrig und man war in Furcht, diese so sehnlich erwartete Darstellung zu verlieren; als Hr. Mittermaier, der schon so oft ähnliche Beweise einer grossen Theatereinsicht und seltene Bereitwilligkeit, das Beste der Kunst und der Bühne zu fördern, gegeben hatte, es auf sich nahm, als Max aufzutreten, wofür ihn auch das überraschte Publikum bey seinem ersten Hervorkommen mit einem allgemeinen herzlichen Zuruf lohnte. Da nun aber bald darnach auch Hr. Mittermair an einer Heiserkeit litt, so ward endlich Hrn. Schimon, einem noch wenig gehörten Sänger, der erst seit Kurzem in den hiesigen Bühnenverein getreten, die erwünschte Gelegenheit, von seinen Bühnentalenten ehrenvolle Zeugnisse zu geben. Hr. Staudacher ersetzt durch richtiges und einsichtsvolles Spiel, was ihm als Sänger in seiner vom Gesange sehr entblössten Rolle zu leisten versagt ist. Auch die Chöre wurden mit aller Präcision ausgeführt; sie machten seltene Wirkung. Das Jägerlied musste Da capo gesungen werden und und niemals fehlte ihnen ein rauschender Beyfall. Die Preciosa hatte sich einer dreymaligen Vorstellung zu erfreuen. Man findet Hrn. von Webers Liedercompositionen passend und im Charakter geschrieben. Nur wundert man sich, wie er einer Dichtungsbagatelle seine Kunst, freylich auch in einer Kleinigkeit, anhängen mochte. […]