## Title: Bericht über die Berliner Erstaufführung der Euryanthe am 23. Dezember 1825 ## Author: Anonymus ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031449 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Korrespondenz und Notizen.Aus Berlin, den 24. December 1825 *)*) Nicht von dem gewöhnlichen Theaterkorrespondenten..Gestern fand die erste Aufführung der Euryanthe Statt, und ich beeile mich daher, Ihnen über die Aufnahme dieses lange sehnsuchtsvoll erwarteten Meisterwerks des verehrten Weber Einiges mitzutheilen. Sehr interessant ist es, ein Werk, welches so viel und verschiedenartig besprochen, gelobt und getadelt worden ist, endlich selbst hören und beurtheilen zu können, und so ging der größere Theil des überaus zahlreichen Publikums mit einer gespannten Erwartung hin, und brachte kein günstiges Vorurtheil, sondern nur Liebe und Theilnahme für den genialen Komponisten mit, der hier allgemein geliebt und verehrt wird. Daher erscholl denn auch bei seinem Eintreten in das Orchester ein lauter und allgemeiner, sich immer erneuender Jubel, der die aufrichtigste Theilnahme aller Anwesenden aufs lebhafteste aussprach. Die Ouvertüre wurde mit rauschendem Beifall aufgenommen, und jedes einzelne Musikstück des ersten Akts gefiel und erhielt laute Anerkennung, jedoch vorzugsweise der erste Chor, ganz besonders Nr. 4 das Terzett mit Chor, dann Emmas Geisterstimme, das Duett zwischen Euryanthe und Eglantine, so wie die Arie der Letztern und das herrliche Finale. Weniger Adolars Romanze und Euryanthens Cavatine, die von Hrn. Bader und Mad. Seidler mit etwas schwacher Stimme vorgetragen wurden. Am Schlusse des ersten Aktes stimmte das Publikum in einen allgemeinen Jubel ein, und mit stürmendem Beifall wurde Weber hervorgerufen. Lysiarts Arie, so wie das Duett zwischen ihm und Eglantine, von Hrn. Blume und Mad. Schulz gut vorgetragen, gefielen sehr, da das Leidenschaftliche in diesen Musikstücken von dem Meister mit einer außerordentlichen Kraft und Wahrheit ausgedrückt worden ist. Die Introduktion zu Adolars Arie: „Wehen mir Lüfte Ruh’,“ ist herrlich, und machte auf mich einen viel tiefern Eindruck, als die Arie selbst. Das Duett zwischen Euryanthe und Adolar: „Hin nimm die Seele mein,“ ist seelenvoll komponirt, wurde vortrefflich vorgetragen und gefiel außerordentlich. Das Finale des 2ten Akts ist groß, und freudig erkennt man die Tiefe und Kraft des Komponisten, der so Herrliches schuf. Besonders zeichnet sich darin das Quartett mit Chor und der Schluß aus. Der dritte Akt beginnt mit einer sehr schönen Introduktion; das Duett zwischen Adolar und Euryanthe, so wie die Arie der Letztern, sind tief und innig, doch vorzugsweise spricht die herrliche Cavatine der Euryanthe zum Herzen, welche von Madame Seidler unübertrefflich vorgetragen wurde und den tiefsten Eindruck machte. Komponist und Sängerin feierten hier den höchsten Triumph, denn alle Anwesenden waren aufs tiefste ergriffen. – Der Jäger-Chor gefiel mit Recht außerordentlich, und mußte wiederholt werden. Auch die nun noch folgenden Musikstücke wurden mit Theilnahme aufgenommen, und der rege Beifall erhielt sich bis zum Ende ungeschwächt, wo von neuem ein allgemeiner Jubel ausbrach, und Weber unter den lebhaftesten und lange anhaltenden Beifallsbezeigungen hervorgerufen wurde. Dann wurden auch die Damen Seidler und Schulz und die Herren Bader und Blume hervorgerufen. – Die Aufnahme der Oper war also brillant, und der Beifall, welcher ihr wurde, war allgemein und aufrichtig. Die Darstellung war im Ganzen gut. Wenn Mad. Seidler im ersten Akt etwas schwach war, so hat sie im zweiten, und vorzugsweise im dritten Akt Außerordentliches geleistet und ihr großes Talent bewährt. Hr. Bader war gut, doch haben wir ihn in andern Partien, die vielleicht seiner Stimme mehr zusagen, vorzüglicher gesehen. Die vier Verse am Schluß der Oper trug er meisterhaft vor. Madam Schulz genügte als Eglantine vollkommen, und verdiente die laute Anerkennung, die ihr wurde; nur einmal that sie mit ihrer Stimme etwas zu viel. Hr. Blume verdient für den trefflichen Vortrag seiner Partie aufrichtigen Dank. Die Intendantur hatte zur Ausstattung der Oper Alles gethan, was das Publikum gewiß dankbar anerkennt. Die Kapelle bewährte ihren alten Ruhm. d. Red.