## Title: Aufführungsbesprechung Kassel: „Oberon“ von Carl Maria von Weber am 28. Juli 1827 (Teil 2/2) ## Author: B–r. ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032061 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Correspondenz-Nachrichten.Aus Kassel.#lb#(Beschluß.)Wir haben übrigens auch ein Opern-Personal, wie man es auf manchem stabilen Theater vergebens suchen wird. Mlle. Schweizer, Mlle. Heinefetter, Mlle. Roland, Hr. Wild und Hr. Sieber sind allgemein anerkannt und bedürfen keiner weitern Lobpreisung. Unser vortreffliches Orchester wird wohl keinem in Deutschland den Vorrang lassen. Unsere beiden Theatermaler, Beuther und Primavesi, haben ihren ehrenvollen Ruf längst begründet. Die hiesige Direktion, welcher es nicht an Mitteln fehlt, macht sich Ordnung, Reinlichkeit und Pünktlichkeit zur besondern Sorge. Was Wunder also, daß wir diese Oper hier auf eine so vorzügliche Weise dargestellt sahen. Dazu kommt noch, daß der Tag, an welchem sie aufgeführt wurde, der jedem Hessen höchst erfreuliche ist, der Geburttag seines geliebten Fürsten. Die rühmlichst bekannte Anhänglichkeit des hessischen Volkes an seinen Fürsten sprach sich auch feurig aus bei’m Absingen des God save the King. Das ganze Amphitheater war erleuchtet und der Zudrang so groß, daß die Direction für nöthig fand, die Vorstellung am andern Tage (am 29. Juli) wiederholen zu lassen, welches auch schon am 28. Juli bekannt gemacht wurde, damit diejenigen Fremden, welche zur ersten Vorstellung kein Billet mehr bekommen konnten, nicht genöthigt seyn möchten, abreisen zu müssen, ohne sich diesen hohen Genuß verschafft zu haben. Wir enthalten uns der genaueren Auseinandersetzung der einzelnen Leistungen, welche sämmtlich vortrefflich waren, und bemerken nur, daß der Zuschauer durch die sehr schnell auf einander folgenden Veränderungen der Bühne so mächtig in eine ganz andere Welt versetzt wurde, daß er am Ende fast bewußtlos hinsah. Vorzüglich wahr und glücklich war der Wechsel des trüben und heitern Himmels dargestellt bei dem Schlusse des zweiten Aktes. Ein Gewitter steigt herauf, der Himmel klärt sich auf, die Sonne geht unter, der Mond geht auf und spiegelt sich in dem bewegten Meere. – Beschreiben läßt sich diese Scene nicht. Alle Zuschauer waren überrascht und ergriffen. Die fremdartige Architektur, die herrlichen Luftgebilde von dem heranschwebenden Oberon, so wie manchmal von einer Gruppe von Genien belebt, herrliche Waldparthieen, Gärten, Seehäfen, prachtvolle Säle, konnten nur höchst überraschend und befriedigend auf den Zuschauer einwirken. Ueber den Werth der Musik wagen wir kein anderes Urtheil auszusprechen, als daß derjenige, welcher dieselbe mehreremale hört, immer mehr wird befriedigt werden. Ein Beweis, daß der tief denkende, tief fühlende Componist seine schwere Aufgabe glücklich gelös’t habe, und daß wir in gerechtem Schmerze den großen Verlust empfinden, welchen wir durch das frühe Hinscheiden des genialen C. M. v. Weber erlitten haben. – B–r.