## Title: Aufführungsbericht Wien, Theater an der Wien, 10. April 1813: Aschenbrödel ## Author: Anonymus ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032972 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Theater an der Wien.#lb# Den 10. April. Aschenbrödel. Oper in drey Aufzügen. Diese Oper hält sich noch immer auf dem Repertoir; ein Beweis von ihrem Werthe und der guten Darstellung, welche jetzt vorzüglich von der Dlle. Buchwieser, Mad. Hönig und Hrn. Meyer bewirkt wird. Die letzte Vorstellung interessirte in so fern, als Hr. Weiß aus Brünn den Part des Prinzen und Hr. Gottdank den des Stallmeisters gab. Letzterer hat den seinigen sehr schnell übernommen und würde schon dieserhalb auf Nachsicht zu rechnen haben. Allein er hat mehr gethan, als man erwartete. Seine Ansicht von der Rolle war richtig und deren Ausführung ziemlich präzise. Mit Recht vermied er die Nuanzen einer niedern Komik. Der Stallmeister, welcher die Rolle des Königs spielt, muß nicht beym ersten Blick verrathen, daß er sich in einer fremden Sphäre befindet, und das geschieht doch allemahl, wenn man die Farben nicht zu grell aufträgt und in Uebertreibung ausartet. Herr Gottdank ist ein sehr brauchbares Mitglied und scheint im komischen Fache gut zu verwenden zu seyn; obgleich man von der andern Seite ebenfalls gestehen muß, daß er wenige Tage vorher den Part des Tamino in der Zauberflöte überaus gut vortrug und den Beyfall verdiente, den er erhielt. – Selbst die Schüchternheit, die er heute zeigte, gereicht ihm, als Folge der Anspruchslosigkeit, zur Ehre. – Hr. Weiß hat eine sogenannte ausgesungene Stimme. Sein Vortrag ist kalt, seine Manier veraltet. Er spricht deutlich, aber unangenehm, oft unrichtig, aus. Man könnte ihn einen stummen Sänger nennen. Sein Gesicht bleibt unverändert, wie ein Gemählde, das nur einen Moment darstellt; – nirgends der Ausdruck der Liebe, der Schwärmerey, der Begeisterung, des Heldenfeuers; – überall Gleichförmigkeit im Ton, in der Gebehrde. Er sang die Noten, ohne den Geist zu ergreifen, am besten noch die Romanze. Sehr gerne vokalisirt er auf i und u und seine Töne klingen halb nasal, halb guttural. Er ist auf dem Theater zu Hause, aber seine Aktion ein Gemisch von Haupt- und Staatsbewegungen. Die Art, mit welcher er Aschenbrödel behandelte, war die eines empfindelnden Liebhabers, der mehr protegirt als liebt, und dadurch Anspruch auf Dank zu haben glaubt. Sonst ist seine Figur und Haltung wohl zum Theater geeignet. Man rief ihn heraus. Dlle. Spiri, Aschenbrödel, scheint sich im Tanzen zu vervollkommnen. Bey einer Wendung jedoch kam sie der Chlorinde so nahe, daß selbige zurückzutreten genöthigt wurde. So etwas ist auf diesem Theater wohl zu vermeiden. Im Uebrigen ist ihr Spiel nicht sehr tadelhaft, und vielleicht wäre es noch immer von höherem Effekt, wenn man bey ihrem ersten Erscheinen sie nicht dreymahl herausgerufen hätte.