## Title: Aufführungsbesprechung Dresden: darunter „Petrus Apianus“ von Friedrich Kind und „Der Leuchtturm“ von Ernst von Houwald, April 1820 ## Author: Anonymus ## Version: 4.13.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A033044 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Korrespondenz-Nachrichten.#lb#Dresden, am 2. Mai.(Beschluß.) Die deutsche Oper ließ uns außerdem in einigen Aufführungen Dlle. Caroline Willmann als Gast hören. Sie gefiel bis jezt als Königin der Nacht und Prinzessin von Navarra am besten, und in der That ist ihr Bravourgesang höchst vorzüglich. Wenn auch ihre Mitteltöne nicht gleich schön wie ihre höhern sind, so ersezt sie doch durch den vollen, reinen Klang der leztern reichlich, was ihr in den erstern abgeht, und da, dem Vernehmen nach, sie eben jezt etwas heiser seyn soll, so werden auch diese gewiß bey ganzer Stimme noch wohllautender werden. Ihr Spiel ist recht gut. Eben so trat ein Herr Wagner als Tamino und Belmonte auf. Er ist Anfänger und noch etwas befangen, sein voller Brustton verspricht aber bey weiterer Ausbildung vieles Gute. Des Schauspiels neue Leistungen waren: 1) Die Belagerung von Solothurn, historisches Drama in 2 Akten, von Weidmann. Ein sehr zusammengepapptes Machwerk, ohne Halt, […]. Desto mehr gefiel 2) die gleich darauf gegebene seltsame Wette. […] | […]Das dritte neue Stück war Petrus Appianus, historisches Schauspiel in einem Akte, von Fr. Kind, aus dessen Almanach von diesem Jahre bereits bekannt. Es sprach hier weniger an, als man von einem vaterländischen Stücke – es spielt in Leisnig an der Mulde – hätte erwarten sollen. Freylich ist es auch wohl mehr dramatische Anekdote, als daß es sich im regelmäßigen Gange des Drama's ver- und ent-wickelte, es enthält aber einige so interessante Scenen, und im Allgemeinen eine so reine Diktion, daß ich mir den Erfolg bedeutender vorgestellt hätte. Viele wollten hauptsächlich vermissen, daß Petrus Appianus selbst nicht im Stücke erscheine, da er doch der Hebel desselben sey, und es von ihm den Namen habe, eben so wie Karl V. auch nicht gesehen wird, so gespannt auch das Publikum auf Beyde durch das Schauspiel selbst ist. Es mag etwas in dieser Bemerkung liegen. Die Darstellung ging nicht ganz rund. Die Kroaten waren völlig unverständlich, desto besser angeordnet war die Musik der abziehenden Regimenter am Schlusse. Den tiefsten Eindruck von allen Darstellungen des Aprils macht ohnstreitig 4) am 24. der Leuchtturm, Drama in 2 Akten, vom Freyherrn von Houwald. Es ward auf der hiesigen Bühne, wie vorher das Bild zum erstenmale vor allen andern Bühnen dargestellt, und rechtfertigte die Erwartungen vollkommen, welche jenes größere Trauerspiel für alle dramatischen Produktionen des tieffühlenden Dichters hegen lässt. Denn eben dieses Gefühl ist es, aus dem alle seine Dichtungen sichtbar hervorgehen, sie sind von innen empfangen, nicht von außen gegeben, und erhalten dadurch eine Wärme und Wahrheit, wie sie jezt so selten bey neuen Erscheinungen gefunden wird. Ich müsste zu weitläufig werden, wenn ich in's Detail eingehen wollte, aber daß jedes Herz auf's Innigste ergriffen war, bezeugte die aufmerksame Stille, mit welcher während der ganzen Vorstellung jeder Zuhörer auf die Bühne gerichtet war, um auch nicht Einen Ton dieser geistigen Musik zu verlieren, und der rauschendste Beyfall, in welchem sie sich dann bey den Aktschlüssen auflöste. Freylich gehört auch zur Wirkung des in meist gereimten Trochäen geschriebenen Stücks eine so wackere Darstellung, als sie ihm hier zu Theil ward, wo besonders Hr. Werdy, als reuiger Graf Holm, Hr. Hellwig, als still wahnsinniger Ulrich Hort, und Mad. Schirmer, als die milde Tochter des Leuchtthurmwärters, Dorothea, sich auszeichneten. Die Anordnung des Leuchtthurms im ersten Akte verfehlte alle Wirkung, desto besser war die zweyte Dekoration der Meeresküste. Im Laufe des Aprils ist auch ein Hr. Baudius vom Stettiner Theater in sehr verschiedenen Rollengattungen als Gast aufgetreten, z. B. als Peregrin im Vielwisser, Sigismund im Leben ein Traum, Wind in Verlegenheit und List u. s. w., und hat sich in allen als einen denkenden und brauchbaren Schauspieler bewährt. Es wäre sein Engagement der Bühne zu wünschen.