## Title: Joh. Langer: Die Fabel von den Zwey Sängern ## Author: Langer, Joh. ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A030752 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Die Fabel von den zwey Sängern.#lb#Meinem Freunde Carl Maria von Weber. Jüngst kam ein altes Buch mir in die Hand, Ich weiß nicht wo gedruckt, noch wie es sich genannt, Noch weniger wer es einmahl geschrieben; Genug, ich blätterte, von Neugier angetrieben, Und fand ein kleines Fabelchen darinnen, Das mir ganz artig hat geschienen; Nimm es von mir zum Angedenken wieder, Wir Dichter haben nichts, als Herz, Gefühl und Lieder. – Einst als zum süßen Liederstreit, Die Sänger nahten fern und weit, Und wie des Meeres grause Wogen Des Volkes Menge kam gezogen In der Arena Riesenbau Sich reihend zu der Künste Schau; Da trat ein hehrer Sängersmann Mit stolzem Schritt' zum Kampfesplan, Und wie die Silbersaiten rauschen, Schweigt jeder Mund, die Ohren lauschen. Mit einem Meer von süßen Tönen Will er des Lebens Traum verschönen, Die Sinne hält er zauberisch gefangen, Weckt in der Brust ein glühendes Verlangen, Und wie mit Necken bald, und bald mit Kosen Durch's jugendliche Reich der frischen Rosen, Süß schmeichelnd hin der leise Zephir zieht, Erklingt sein Lied. Und als er schweigt belohnet sein Bestreben Ein Beyfall, daß des Circus Säulen beben. Und als die Hände ruhen und die Zungen, Da war ein zweytes Saitenspiel erklungen, Und wie die kunstgewohnten Hände walten, Sich neue Welten ringsumher gestalten, Was seine Töne liebevoll verkünden, Wird jedes Herz verstehen und empfinden; Es muß ein Gott aus diesen Saiten sprechen, Denn jetzt will jedes Herz vor Wehmuth brechen, Jetzt vor dem Geistersturm der Klänge beben, Und jetzt in stiller Andacht sich erheben: Denn Kraft und Kunst und Wahrheit zu vereinen, Dieß ist sein steter Wunsch, sonst hegt er keinen. – Längst hat der Meister sich hinweg begeben, Noch will kein lauter Beyfall ihn erheben, Noch krönt ihn keine Hand mit Siegeskränzen – In jedem Auge heiße Perlen glänzen. – Und die Moral verlangst Du Freund zu wissen? – Das nächste Blatt war, leider! – weggerissen. Joh. Langer. Jüngst kam ein altes Buch mir in die Hand, Ich weiß nicht wo gedruckt, noch wie es sich genannt, Noch weniger wer es einmahl geschrieben; Genug, ich blätterte, von Neugier angetrieben, Und fand ein kleines Fabelchen darinnen, Das mir ganz artig hat geschienen; Nimm es von mir zum Angedenken wieder, Wir Dichter haben nichts, als Herz, Gefühl und Lieder. – Einst als zum süßen Liederstreit, Die Sänger nahten fern und weit, Und wie des Meeres grause Wogen Des Volkes Menge kam gezogen In der Arena Riesenbau Sich reihend zu der Künste Schau; Da trat ein hehrer Sängersmann Mit stolzem Schritt' zum Kampfesplan, Und wie die Silbersaiten rauschen, Schweigt jeder Mund, die Ohren lauschen. Mit einem Meer von süßen Tönen Will er des Lebens Traum verschönen, Die Sinne hält er zauberisch gefangen, Weckt in der Brust ein glühendes Verlangen, Und wie mit Necken bald, und bald mit Kosen Durch's jugendliche Reich der frischen Rosen, Süß schmeichelnd hin der leise Zephir zieht, Erklingt sein Lied. Und als er schweigt belohnet sein Bestreben Ein Beyfall, daß des Circus Säulen beben. Und als die Hände ruhen und die Zungen, Da war ein zweytes Saitenspiel erklungen, Und wie die kunstgewohnten Hände walten, Sich neue Welten ringsumher gestalten, Was seine Töne liebevoll verkünden, Wird jedes Herz verstehen und empfinden; Es muß ein Gott aus diesen Saiten sprechen, Denn jetzt will jedes Herz vor Wehmuth brechen, Jetzt vor dem Geistersturm der Klänge beben, Und jetzt in stiller Andacht sich erheben: Denn Kraft und Kunst und Wahrheit zu vereinen, Dieß ist sein steter Wunsch, sonst hegt er keinen. – Längst hat der Meister sich hinweg begeben, Noch will kein lauter Beyfall ihn erheben, Noch krönt ihn keine Hand mit Siegeskränzen – In jedem Auge heiße Perlen glänzen. – Und die Moral verlangst Du Freund zu wissen? – Das nächste Blatt war, leider! – weggerissen.