## Title: Johann Friedrich Esperstedt an Friedrich Ludwig Schmidt in Hamburg. Berlin, Freitag, 15. November 1816 ## Author: Esperstedt, Johann Friedrich ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A040847 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Berlin den 15 Novbr 1816. Ja mein verehrter Freund, seit in der Welt so viel und so öffentlich geliebhabert wird, sind die jungen Theaterliebhaber wie sie sein sollen, so selten, daß das hiesige Schauspiel schon seit 2 Jahren einen sucht. Man hatte schon mit Verneigung auf Namen und Familie seine Augen auf den damals in Stettin befindlichen jungen Unzelmann geworfen, da ihn aber die Berliner selbst zu berlinisch fanden, so entging uns auch dieser, – und es ist noch keiner wieder gesehen worden! - Und es scheint sogar als ob wir noch unsern besten Schauspieler in diesem Fache, H. Rebenstein, verlieren würden, da er bereits 3 Monate über den Urlaub auf der Reise ist. Es geht in diesen Sachen bei den deutschen Theatern jezt fürchterlich her. Directionen und Schauspieler wüthen unter einander in ihrem eigenen Fleische! – Hier ist Mad. Milder, Mad. Seidler und Hr. Wild aus Wien – die eigentlich alle nicht hier sein sollten. – So ist es den bei Ihnen mit Krügern und mit Gerstäcker auch wegen Stuttgart. Eine Mlle. Brandt vom Theater zu Prag, die hier Gurly, Acherling, Wilhelmine im Räuschgen pp mit vielem und vedienten Beifall, und mit ganz vorzüglicher Talentverwendung in Spiel, Tanz und Gesang gegeben hat, in der nächsten Woche von hier nach Dresden geht, kann ich mit voller Ueberzeugung empfehlen, obgleich sie in der Außenseite kaum mehr als das ist, was sie annehmlich nennen. Doch scheint der Umstand, daß sie Maria von Webers Braut ist, und dieser mit ihr ein Verhältnis zu suchen scheint ihr Engagement zu erschweren. Mad. Becker hat darum hier nur einmal gesungen, weil sie nicht so lange warten konnte, als 3 ihr noch bewilligte Rollen gegeben werden konnten. Die Oper Zaire wie glänzend sie auch ausgestattet ist, und wie wunderschön die Hauptrolle von Mad. Milder gesungen ist, wie viel sie auch wegen ganz neuen türkischen Costümen kostet, hat doch wegen des sich zur Oper nicht eignenden Textes kalt gelassen. Wir studiren jezt eine musikalische Posse: Frau Russkachel aus Kotzebues Almanach, der gerade Weg der Beste, ein Schauspiel des Hr von Zahlhaas, Heinrich von Anjou, dann Müllners Yngurd. – Pflicht um Pflicht von Wolf aus Müllners Almanach hat hier sehr gefallen. So eben ist das Stück: Welcher ist der Bräutigam, von Mad. Weissenthurn geendet welches sehr einfach und geistreich ist, und sehr gefiel. Mit innigster Hochachtung, der Ihrige Esperstedt