Version 4.9.1 vom 5. Februar 2024
Download dieser Datei: 2024-03-29T10:24:11.942Z
born digital
Bei der Mitgliederversammlung der Internationalen Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft,
die anlässlich des 200. Todestages von Freischütz-Geschichte im sogenannten Gespensterbuch) am 23. April 2016 in dessen ehemaligem Gut
Ermlitz bei Leipzig stattfand, haben Freischütz Digital (das
offizielle Kürzel ist FreiDi) öffentlich vorgestellt. Das
Projekt hat die Ergebnisse seiner Arbeiten an Edirom
online integriert, die dem Nutzer alle wichtigen Quellen des Werkes (sowohl
Musik als auch Texte betreffend) in komfortabler Weise präsentiert.
Das Projekt entstand in der Zusammenarbeit von Wissenschaftlern der Universität
Frankfurt (Referenztexten
, also einerseits
Texten, die Vorbild für das Libretto waren (wie die Geschichte aus Apels Gespensterbuch), andererseits aber auch mit anderen
Dramatisierungen des Freischütz-Stoffes. Unter Leitung von
Meinard Müller experimentierte
Im Untertitel hatte das dreijährige Projekt den Namen Paradigmatische Umsetzung eines genuin digitalen Editionskonzepts. Dieses
Editionskonzept unterschied sich deutlich von dem traditioneller Editionen – daher
war auch die Vorlage eines Edierten Werktextes
(wie ihn die WeGA in Kürze
präsentieren wird) nie Ziel dieser Edition. Vielmehr standen hier neben der
Exploration und Demonstration neuer Möglichkeiten durch die digitalen Techniken die
Entstehung der Texte, die Unterschiede der Quellen und die Veränderungen durch die
Rezeption der Texte im Mittelpunkt der Bemühungen. Zu den wichtigsten Neuerungen
gehörte eine durchgängige Codierung von Text- und Musikanteilen nach den
internationalen Standards der Text Encoding Initiative TEI und der Music Encoding
Initiative MEI. Während bei Texten durch andere Projekte schon ausreichende
Erfahrungen vorlagen, handelte es sich hier um die erste in dieser Tiefe erschlossene
Oper, die im Format der MEI codiert wurde. Dies stellte die Bearbeiter allein
aufgrund der Datenmenge (das Autograph Verovio ein Tool
integriert werden, das diese Codierungen wieder in anzeigbaren Notentext überführt.
Dadurch wird aber eine Flexibilität in der Darstellung erreicht, die bis dato
undenkbar war: So lassen sich Partitursysteme frei aus- oder einblenden, Partituren
mit verwendeter Kürzelnotation wahlweise original oder mit aufgelösten Kürzeln
anzeigen oder auch Details des Notensatzes in der Suche erfassen oder farblich
hervorheben. In diesem Bereich konnte FreiDi nur erste
Möglichkeiten im Ansatz aufzeigen, da all diese Entwicklungen noch brandneu sind.
Eine Herausforderung im Textbereich stellte der Versuch einer Darstellung der
Textgenese dar. So konnten für einzelne Libretto-Manuskripte die verschiedenen
Entstehungsschichten mit Hilfe der TEI-Codierung getrennt erfasst und anschließend
stufenweise einblendbar präsentiert werden. Im Bereich der Referenztexte wurde durch
die Nutzung des Topic-map-Verfahrens der Versuch gemacht,
motivische und stoffliche Beziehungen der Texte zu visualisieren und über ein solches
Netzwerk von Begriffen
einen neuartigen und raschen Zugriff auf die Textinhalte zu
bieten. Als Vorstufe eines Tools zur Unterstützung von Interpretationsanalysen wurde
ein sogenannter Sync-Player entwickelt, der einerseits
akustische Aufnahmen und Notentext (Faksimile oder Verovio-Darstellung)
parallelisiert, andererseits aber einen punktgenauen Übergang zwischen verschiedenen
Interpretationen des Werks erlaubt. Mit Hilfe einer eigens mit Unterstützung der
Hochschule für Musik Detmold und des Erich-Thienhaus-Tonmeisterinstituts produzierten
Aufnahme der Nummern 6, 8 und 9 der Oper konnten zudem akustische Versuche
durchgeführt werden, die auf der Homepage des Projekts im Bereich Demonstratoren
beschrieben sind.
Das Projekt bietet vielfältige Zugangsformen zu dem reichhaltig ausgebreiteten
Material und es sei an dieser Stelle ein eigenes Erkunden der Website empfohlen.
Hingewiesen wurde bei der Vorstellung von Schreiter und Veit aber auch darauf, dass
viele Dinge nur als erste, keineswegs perfekte Demonstration von Möglichkeiten zu
verstehen sind und dass die Website auch nach dem Ende der offiziellen Förderung noch
weiter ausgebaut und momentan im Hinblick auf eine weitere Vorstellung des Projekts
bei der Music Encoding Conference Mitte Mai 2016 in
Ein besonderer Dank wurde anlässlich der Präsentation an die ehemaligen Mitarbeitern
des Edirom-Projekts Freischütz Digital weiterhin konzeptionell und aktiv
mit Rat und Tat unterstützt haben (
Es ist zu hoffen, dass diese Art der Präsentation neben der Veranschaulichung neuer digitaler Möglichkeiten mit dazu beiträgt, die Probleme, in
die jeder Editor bei der Interpretation von Noten- oder Worttexten gerät und die oft
eine eindeutige Festlegung willkürlich erscheinen lassen, einem größeren Publikum
verständlicher zu machen. Alle im Projekt selbst erstellten Materialien (also nicht
die von Bibliotheken und Archiven freundlicherweise zur Verfügung gestellten
Digitalisate) werden in Form von XML-Dateien im open access zugänglich gemacht, so
dass weitere Forschungen direkt darauf aufbauen können.