## Title: Fundstücke aus Webers Bibliothek? ## Author: Frank Ziegler ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A050174 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Im Jahr 2007 unternahm Eveline Bartlitz erstmals überhaupt den Versuch einer Teilrekonstruktion von Carl Maria von Webers einstiger Bibliothek; ihre Ergebnisse publizierte sie in Heft 17 der Weberiana. Die Bücher waren bereits kurz nach Webers Tod verkauft worden, ein Großteil kam im November 1826 in Dresden zur Auktion. Georg Moritz Segnitz publizierte dazu ein Verzeichnis der angebotenen Bände, leider hat sich bislang kein Exemplar dieses Drucks nachweisen lassen; eines, ursprünglich im Besitz der Berliner Staatsbibliothek (Signatur Aq 1492), wird seit 1945 vermisst. Auch in der Dresdner Weber-Nachlass-Akte fehlt die ursprünglich beigelegte Liste der Buchtitel, dort ist lediglich der Erlös der Auktion festgehalten (176 Taler, 13 Groschen, 6 Pfennige). Für eine weitere Auktion im August 1830 kaufte Segnitz nochmals dreizehn Bücher von der Witwe Weber; die überlieferte Quittung weist aus, dass es sich um die Nummern 4554 bis 4566 des (ebensfalls verschollenen) Auktionskatalogs handelte. Somit ist nur aus gelegentlichen Kauf- oder Schenkungsnotizen in Webers Tagebüchern sowie aus brieflichen Erwähnungen zu ermitteln, mit welchen Büchern sich Weber in seiner Dresdner Zeit umgab. Ist Webers Bibliothek dank der Recherchen seit 2007 zumindest gedanklich in Teilen wiederauferstanden, so fehlten bislang Hinweise auf den Verbleib der Bücher. Um so mehr erstaunte es, dass das Auktionshaus Mehlis in Plauen für seine 100. Versteigerung vom 17. bis 21. November 2020 zwei mögliche Objekte mit dieser Provenienz anbot: Dabei handelte es sich zum einen (Katalog-Nr. 1316) um den ersten Jahrgang der Allgemeinen musikalischen Zeitung (Leipzig 1798/99), zum anderen (Katalog-Nr. 1317) um Johann Friedrich Nagels Kurze Anweisung zum Klavierspielen für Lehrer und Lernende (Halle: Johann Christian Hendel, 1797). Beide Bände enthalten von fremder Hand den undatierten (aber mit weitgehender Sicherheit aus dem 19. Jahrhundert stammenden) Vermerk „Aus C. M. v. Webers Nachlaß.“ bzw. „Aus Carl Maria von Webers Nachlasz.“; beide stammen zudem, folgt man einer entsprechenden Blindprägung in den Exemplaren, aus dem Besitz eines gewissen W. Methner. Bislang konnte die Richtigkeit der Nachlass-Einträge weder bestätigt noch eindeutig widerlegt werden; aufgrund der Pandemie-Situation war es nicht möglich, die beiden Objekte zu besichtigen und auf eventuelle Eintragungen hin zu überprüfen. Während die Musikzeitung bei der Auktion keinen neuen Besitzer fand, wurde die Nagel-Klavierschule (verkauft für 100 Euro) bald darauf bei viaLibri vom Schwabinger Antiquariat Turszynski zum Verkauf angeboten (für 600 Euro!) und ist laut ebay seit dem 29. November 2020 nicht mehr verfügbar. Dass Weber Teile der Allgemeinen musikalischen Zeitung (u. a. die beiden ersten Jahrgänge komplett) besaß, ist durch eine Bücherliste gesichert, die seinem Brief vom 21. Juli 1817 an Gottfried Weber beiliegt. Diese Liste ist insofern von großer Bedeutung, als sie diejenigen Bücher Webers nachweist, die dieser 1810 als Schuldpfand in Stuttgart zurücklassen musste. Nachdem C. M. von Weber 1813 einen großen Teil seiner Schulden in Württemberg getilgt hatte, wurden seine Bücher und weitere Habseligkeiten an Gottfried Weber nach Mannheim geschickt, bei dem sie bis 1817 lagerten. Eine vergleichbare Liste liegt Gottfried Webers Brief vom 16. August 1813 an den Stuttgarter Stadtschreiber Christian Friedrich Klüpfel bei, mit dem er den Empfang der Bibliothek quittierte. In Dresden kam die Kiste mit Webers Besitz, wie seinem Tagebuch zu entnehmen ist, am 6. September 1817 an. Genannt werden in beiden Listen vorrangig musiktheoretische Werke, die Weber seit ca. 1802 gesammelt hatte, darunter viele Standardwerke des 18. Jahrhunderts. Auffallend: Nagels Klavierschule ist nicht darunter! Das ist kein eindeutiges Indiz gegen die in der handschriftlichen Notiz behauptete Provenienz, Vorsicht bezüglich der Glaubwürdigkeit solcher Hinweise scheint aber immer geboten, wenn – wie hier – keine zusätzlichen Belege die Behauptung stützen.