## Title: Die Webers in Lauchstädt – Streiflichter zur Familien- und zur regionalen Theatergeschichte ## Author: Ziegler, Frank ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A033109 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Auf die Frage: War Carl Maria von Weber je in Lauchstädt? kann man bestenfalls mit: Vielleicht! antwortenDer Aufsatz basiert auf einem Vortrag des Verfassers anläßlich der Mitgliederversammlung der Internationalen Carl-Maria-von-Weber-Gesellschaft e. V. am 4. September 2004 in Ermlitz. Der zweite Teil des Vortrags erschien unter dem Titel Leyer, Schwert und „Freischütz“-Ouvertüre – Bemerkungen zu Carl Maria von Webers Halle-Besuch 1820 in: Tagungsbericht Dresden 2006 sowie weitere Aufsätze und Quellenstudien. Bericht über das Symposion „Carl Maria von Weber – der Dresdner Kapellmeister und der Orchesterstil seiner Zeit“ in der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ in Dresden am 13. und 14. Oktober 2006 sowie freie Aufsätze und Quellenstudien, hg. von Manuel Gervink, Frank Heidlberger und Frank Ziegler (Weber-Studien, Bd. 8), Mainz 2007, S. 283–300.. Die Quellenlage dazu ist äußerst dürftig und Webers Autobiographie aus dem Jahr 1818 bietet kaum eine Hilfe: Für die Zeitspanne zwischen der Geburt 1786 in Eutin und dem Aufenthalt in Hildburghausen 1796/97 erschöpfen sich die topographischen Angaben in dem gleichzeitig nichts- wie vielsagenden Satz: „Eigenthümliche Neigung bestimmte meinen Vater zuweilen, seinen Aufenthaltsort zu wechseln.“ Hinterlassene Schriften von Carl Maria von Weber, hg. von Theodor Hell (d. i. Karl Gottfried Theodor Winkler), Dresden und Leipzig 1828, Bd. 1, S. VI. Tatsächlich sah Franz Anton von Weber das Glück seiner Familie, nachdem er im Frühjahr 1787, etwa ein halbes Jahr nach Geburt seines Sohnes Carl, auf seine Position als Eutiner Stadtmusikus verzichtet hatte, auf den Bühnenbrettern. Und so zogen die Webers, mal unter eigener Regie als „Webersche Schauspielergesellschaft“, mal als Angehörige fremder Truppen fast zehn Jahre lang auf dem Thespiskarren quer durch das Heilige Römische Reich Deutscher Nation: von Hamburg bis Salzburg. Bevorzugte Region für die Weberschen Künste war der fränkisch-thüringische Raum: Zwischen September 1789 und Juni 1794, also in nicht einmal fünf Jahren, sind u. a. Aufenthalte in Meiningen, Nürnberg, Erlangen, Ansbach, Bayreuth und Weimar bezeugt – der kleine Carl Maria (er war zwischen knapp drei und sieben Jahren alt) dürfte kaum in einem dieser Orte heimisch geworden sein. Von Weimar aus ergibt sich die Verbindung nach Lauchstädt, denn Webers Mutter kam am 21. Juni 1794 als Mitglied der Weimarischen Hoftheater-Gesellschaft in das seinerzeit sächsische Kurbad, das sie knapp zwei Monate später, am 12. August, wieder verließDie Weimarer Hoftheater-Gesellschaft reiste am 20. Juni von Weimar ab und gab am 22. Juni ihre erste Vorstellung in Lauchstädt; vgl. Rheinische Musen. Zeitung für Theater und andere schöne Künste, Mannheim, Jg. 1, Bd. 1 (1794), H. 3, 11. Stück, S. 273 (zur Abreise) sowie Carl August Hugo Burkhardt, Das Repertoire des Weimarischen Theaters unter Goethes Leitung 1791-1817 (Theatergeschichtliche Forschungen, Bd. 1), Hamburg und Leipzig 1891, S. 14f. (Vorstellungen). Das Datum der Abreise von Lauchstädt nach Rudolstadt überliefern die Rheinischen Musen, Jg. 1, Bd. 1, H. 3, 11. Stück, S. 261.. Bereits im Anstellungs-Vertrag Genovefa von Webers, den Goethe am 19. März 1794 unterzeichnete, war die Rede davon, daß das Ensemble des Weimarer Hoftheaters „vom Ausgange des Monats Juni bis Michaelis“ (= 29. September) 1794 auswärts spielen werdeSamuel Geiser, „Goethe und die Mutter Carl Maria von Webers. Erstveröffentlichung eines Theatervertrags zwischen dem Weimarischen Theater und Genovefa von Weber (1794), nach der Handschrift Goethes“, in: Schweizerische Musikzeitung, Jg. 97, Nr. 5 (1. Mai 1957), S. 177. Geiser hatte das Original des Vertrages in London erworben (vgl. Brief an Hans Schnoor vom 9. Oktober 1965; D-B, N. Mus. Nachl. 126a, Ordner 61); später im Besitz von Walter Henn; vgl. Walter Henn, „Warum ich Autographen sammle“, in: Bunte Blätter. Klaus Mecklenburg zum 23. Februar 2000, hg. von Rudolf Elvers und Alain Moirandat, Basel 2000, S. 84.; die Abstecher gingen wie üblich nach Lauchstädt (Aufführungen 22. Juni bis 10. August) und Erfurt (14. September bis 5. Oktober) sowie – erstmals in diesem Jahre – nach Rudolstadt (18. August bis 10. September)Den Vertrag bezüglich der Auftritte in Rudolstadt unterzeichnete Goethe am 12. Mai 1794; vgl. Gotthold Sobe, „Die Geschichte des Rudolstädter Theaters im Abriß“, in: Rudolstädter Heimathefte. Beiträge zur Heimatkunde des Kreises Rudolstadt, Jg. 3, H. 1 (Januar 1957), S. 5f.. Zum Weimarer Engagement von Webers Mutter hatten vermutlich familiäre Kontakte geführt: am dortigen Theater waren Jeanette Weyrauch, eine Tochter Franz Anton von Webers aus erster Ehe, und deren Mann Vincent Weyrauch angestelltVgl. Frank Ziegler, „Maria Anna Theresia Magdalena Antonetta von Weber alias Jeanette Weyrauch. Biographische Notizen als Bausteine zu einer Weberschen Familiengeschichte“, in: Weberiana 14 (2004), S. 65-69.. Beide planten allerdings bereits im Dezember 1793 gemeinsam mit weiteren Weimarer Ensemblemitgliedern für das bevorstehende Osterfest einen Wechsel nach Frankfurt am Main Vgl. Zeitung für Theater und andre schöne Künste, Leipzig 1793/94, 12. Stück, S. 258.. Für Genovefa von Weber eröffnete sich damit die Chance zur Anstellung an einem Hoftheater, denn mit Jeanette Weyrauchs Abgang wurde in Weimar das Fach der ersten Sängerin frei. Lauchstädt. Lithographie (1835) aus Saxonia, Bd. 2, Nr. 10, Beilage 1 Etwa zur selben Zeit sah Franz Anton von Weber für seine eigene Theatergesellschaft in Bayreuth kaum mehr eine Zukunft. Aus den Tagebüchern der Caroline von Flotow, einer jungen Bayreutherin, geht hervor, daß während der zweiten Bayreuther Spielzeit der Weberschen Gesellschaft (ab 1. Oktober 1793) der Publikumszuspruch drastisch nachließ; schon am 15. Oktober 1793 fiel der Flotow die „Leere des Hauses“ auf, und auch am 10. Januar 1794 bemerkte sie: „Übrigens war das Schauspielhauß leer, u. gewiß nicht 50. Personen da.“Flotow-Tagebücher, Privatvermögen der Freiherrlich von Lindenfels’schen Forstverwaltung, Schloß Thumsenreuth, Jg. 1793, Bl. 80bv (Vorstellung von Ifflands Hagestolzen) bzw. Jg. 1794, Bl. 85bv (Hagemanns Otto der Schütz). Herrn Dr. Bertold Freiherr von Lindenfels sei herzlich für die Genehmigung zur Einsichtnahme und Übertragung gedankt. Vater Weber sah sich zur äußersten Sparsamkeit gezwungen, um den Betrieb gewährleisten zu können, aber gerade dadurch kam sein Wirken zusätzlich in Mißkredit. Nach der Bayreuther Erstaufführung der Mozartschen Zauberflöte am 20. Dezember 1793 notierte die Flotow enttäuscht:Ebd., Jg. 1793, Bl. 83av. „Man hatte schon lange Zeit viel von der Schönheit dieser Oper gesprochen, u. sich sehr auf die Aufführung gefreut, fand aber seine Erwartung bey weitem nicht erreicht. Die Kleidung u. Decoration, war nichts weniger als prächtig […]. Das ganze hätte sich wohl weit besser ausgenommen, wenn nicht die übertriebene Sparsamkeit des H. v. Weber, überall durchschimmerte.“ Das Webersche Familien-Theaterunternehmen drohte einmal mehr (wie bereits im April 1790 in Meiningen und im September 1792 in Nürnberg) finanziell zu scheitern, und der Direktor mußte nach Alternativen suchen. Nach einer erfolglosen Bewerbung um die Übernahme des Augsburger TheatersVgl. Karl-Maria Pisarowitz, „Genoveva von Weber-Brenner“, in: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben, hg. von Götz Freiherrn von Pölnitz, Bd. 6 (Schwäbische Forschungsgemeinschaft bei der Kommission für Bayerische Landesgeschichte, Bd. 3/6), München 1958, S. 439. nahm er daher Ende 1793 Verhandlungen mit dem Schauspieler Daniel Gottlieb Quandt auf, der die Webersche Truppe in Bayreuth übernehmen wollte, um als Impresario in Franken Fuß zu fassenAlexander von Weilen (Hg.), Carl Ludwig Costenoble’s Tagebücher von seiner Jugend bis zur Übersiedlung nach Wien (1818) (Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte, Bd. 18 und 19), Berlin 1912, Bd. 1, S. 79.. Die Übergabe der Weberschen Gesellschaft an Quandt fand zwischen dem 24. und 28. März 1794 stattVgl. Rheinische Musen, Jg. 1, Bd. 1 (1794), H. 1, 2. Stück, S. 42, Bayreuther Notiz vom 29. März: „Unser Theater hat izt eine Total-Reform erhalten. Herr von Weber hat die Gesellschaft an Hrn. Quandt […] übergeben.“ Die letzte Vorstellung unter Webers Leitung dürfte Jüngers Lustspiel Er mengt sich in alles am 24. März gewesen sein (Nachweise: Theaterzettel D-Mbs, Rar 4589, Nr. 85 sowie Weilen, wie Anm. 11, Bd. 1, S. 81); die Darbietung des Trauerspiels Natur und Liebe im Streit von B. C. d’Arien am 28. März fand schon unter Quandts Direktion statt (Nachweis: Flotow-Tagebücher, wie Anm. 8, Jg. 1794, Bl. 92av). In einer Meldung vom 5. April wird zudem von der Übergabe der Leitung „in der vorvorigen Woche“ berichtet; vgl. Bayreuther Zeitung 1794, Nr. 43 (10. April), S. 296., kurze Zeit nach Genovefas Vertragsabschluß für Weimar. Fraglich ist, wann genau Franz Anton und Genovefa von Weber mit dem kleinen Carl von Bayreuth nach Weimar übersiedelten. Vermutet wird zumeist, daß sie die nunmehr Quandtsche Truppe auf ihrer Reise nach Hildburghausen am 15./16. MaiVgl. Weilen (wie Anm. 11), Bd. 1, S. 82 sowie Rheinische Musen, Jg. 1, Bd. 1 (1794), H. 2, 6. Stück, S. 139, Bayreuther Notiz vom 17. Mai: „Den 15ten reiste die bishero seit dem October verflossenen Jahres hier gewesene Schauspieler-Gesellschaft unter der Direction des Herrn Quandt nach Hilburgshausen [sic] ab.“ begleiteten, um von dort alleine nach Weimar weiterzufahren; Belege für diese Annahme gibt es allerdings nichtDie Hildburghäusischen wöchentlichen Frag- und Anzeigen auf das Jahr 1794 (S. 165) melden die Ankunft der Quandtschen Truppe am 16. Mai, erwähnen die Mitglieder der Gesellschaft jedoch nicht einzeln: „Angekommene und durchpaßirte Personen. […] Den 16. May. […] Herr Schauspieldirector Quandt und dessen Gesellschaft aus Bayreuth, log. in der Schwane.“ Das angegebene Gasthaus war der „Weiße Schwan“; für die diesbezüglichen Mitteilungen (auch zu Anm. 18) danke ich Herrn Ingward Ullrich aus Hildburghausen herzlich.. Carl Ludwig Costenoble, der zu Quandts Gesellschaft gehörte, erinnert sich in Zusammenhang mit Hildburghausen lediglich an Edmund von Weber als Kollegen; Franz Anton und Genovefa von Weber erwähnt der Schauspieler nur in BayreuthVgl. Weilen (wie Anm. 11), Bd. 1, S. 80-83.. Möglicherweise machte Vater Weber noch einen Umweg über Nürnberg – wohl gemeinsam mit seinem ältesten Sohn Fridolin, der nach seiner Schauspieler-Tätigkeit im Ensemble des VatersVgl. Zeitung für Theater und andre schöne Künste, Leipzig 1793/94, 8. Stück, S. 168: „Personalbestand der von Weeberschen Gesellschaft, zu Baireuth.“ offenbar wieder zu seiner Frau und deren wohlhabenden Eltern zurückkehrteSeine Frau Barbara (Babet) von Weber, geb. Wild, richtete am 14. November 1793 von Nürnberg aus eine Anfrage an Goethe, ob ein Engagement Fridolin von Webers am Weimarer Theater möglich sei – offenbar vergeblich; vgl. Briefe an Goethe. Gesamtausgabe in Regestform, hg. von Karl-Heinz Hahn, Bd. 1, Weimar 1980, S. 263, Nr. 793 (dort fälschlich auf Edmund von Weber bezogen).. Dann könnte jener „Herr von Weber aus Nürnberg“, der am 6. Juni 1794 in Hildburghausen eintraf und im Gasthaus „Weißer Schwan“ abstiegVgl. Hildburghäusische wöchentliche Frag- und Anzeigen auf das Jahr 1794, S. 187: „Angekommene und durchpaßirte Personen. […] Den 6. Juni. Herr von Weber aus Nürnberg, log. in der Schwane.“ , eventuell Franz Anton von Weber mit Frau und Sohn auf der Durchreise nach Weimar gewesen sein. Nürnberg ist schließlich auch im Weimarer Anstellungsvertrag Genovefas genannt, die dort als „Madame Weber, so gegenwärtig in Nürenberg“ bezeichnet wirdVgl. Geiser (wie Anm. 4), S.  177. Der Vertrag ist mit 19. März 1794 datiert; an diesem Tag stand Genovefa in Bayreuth als Amor in Martin y Solers L’ arbore di Diana auf der Bühne (Nachweise: Theaterzettel D-Mbs, Rar 4589, Nr. 82 sowie Weilen, wie Anm. 11, Bd. 1, S. 81). Trotz dieser offensichtlichen Ungenauigkeit könnte die Vertrags-Notiz auf eine geplante Reise nach Nürnberg vor Antritt des Weimarer Engagements hinweisen.. Sicher ist lediglich, daß Genovefa von Weber am Montag, dem 16. Juni, in Weimar als Constanze in Mozarts Entführung aus dem Serail debütierte, zwei Tage später spielte sie in Hagemanns Schauspiel Otto der Schütz die ElisabethTheaterzettel in Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek (D-WRa), ZC 121. – damit endete bereits die Weimarer Spielzeit. Die Rheinischen Musen melden kurze Zeit später:Rheinische Musen, Jg. 1, Bd. 1 (1794), H. 3, 11. Stück, S. 261. „Frau v.  Weber,  die Direktrise [sic] ist beim Weimarischen Theater angekommen, sie soll Mad. Weirauch ersezzen. Nach ihren Debüts zeigt sie eine bewundernswürdige Prätensionslosigkeit. Ihr Mann will indeß in Weimar privatisiren.“ Dabei ist die Einschätzung der Genovefa als unprätentiös zwar ein freundliches Kompliment für ihren Charakter, in künstlerischer Hinsicht allerdings nichtssagend, so daß fraglich erscheint, ob ihre Debüts tatsächlich erfolgreich waren. Das alte (Bellomosche) Theater in Lauchstädt, Rekonstruktions-Zeichnung Die Tradition, daß ein Weimarer Ensemble während der Badesaison – also zwischen Mitte Juni und Mitte August – in Lauchstädt gastierte, ging bereits auf die Gesellschaft von Joseph Bellomo zurück, für die der Prinzipal dort 1785 einen Theaterneubau hatte errichten lassen. Sie wurde auch 1791 von der neu gegründeten Weimarer Hoftheatergesellschaft unter Goethes Leitung weitergeführt, nachdem man Bellomo das Lauchstädter Komödienhaus für 900 Taler abgekauft hatteOtto Nasemann, Bad Lauchstädt (Neujahrsblätter, hg. von der Historischen Commission der Provinz Sachsen, Nr. 9), Halle 1885, S. 28. An anderer Stelle ist die Ablösesumme für das Gebäude samt Ausstattung zusammen mit der Schauspiel-Konzession mit 1200 Talern angegeben; vgl. Julius Zeitler (Hg.), Goethe-Handbuch, Bd. 2, Stuttgart 1917, S. 420.. Anton Genast betont, daß das Bad besonders „vom sächsischen Adel und leipziger Patricierfamilien sehr besucht wurde“Mitteilungen von Anton Genast in: Eduard Genast, Aus dem Tagebuche eines alten Schauspielers, Bd. 1, Leipzig 1862, S. 76.. Ähnlich erwähnt ein Reisender im August 1786, er habe in Lauchstädt „einen ansehnlichen Theil des Dresdner Adels“ angetroffen „Briefe des Herrn von F. auf einer im Julius 1786 ausgetretenen [sic] Reise aus Deutschland, durch Ungarn, nach dem Königreich Taurien“, in: Journal von und für Deutschland, Jg. 3 (1786), Nr. 10, S. 338.. Zudem fanden sich bei den Theatervorstellungen zahlreiche Hallenser Studenten ein, denn in der nahegelegenen Universitätsstadt, einer Hochburg des Pietismus, waren Schauspielaufführungen verboten; Friedrich der Große nahm im Sommer 1771 die „von dem Comoedianten Döbb[e]lin mit seiner Troupe jüngsthin [in Halle] veranlaßte[n] […] Unordnungen“ zum Anlaß, „fürs Künftige alle öffentlichen Schauspiele auf Unsern Universitaeten, und in deren Nachbarschaft“ zu untersagenVgl. Günter Meyer, Hallisches Theater im 18. Jahrhundert (Die Schaubühne, Bd. 37), Emsdetten 1950, S. 60; s. a. Arno Paul, „Das Lauchstädter Theater zur Goethe-Zeit und seine Beziehungen zur Studentenschaft“, in: Euphorion. Zeitschrift für Literaturgeschichte, Bd. 67, Heft 1, Heidelberg 1973, S. 85.. Man duldete daher noch bis zur napoleonischen Besetzung 1806 weder Auftritte reisender Gesellschaften innerhalb der Stadtmauern noch den Besuch von Vorstellungen außerhalb Halles durch die Einwohner der StadtVgl. Siegmar von Schultze-Galléra, Die Stadt Halle. Ihre Geschichte und Kultur, Halle/Saale 1930, S. 225.. Doch Verbotenes lockt bekanntlich besonders, und so berichtet ein Besucher im Jahre 1787, das Lauchstädter Theater sei „an Tagen, wo Trauerspiele gegeben wurden, gedrängt voll – besonders von Hallischen Studenten.“W. L. v. P., „Bemerkungen auf einer Reise nach Lauchstädt nebst einigen Nachrichten von dem dasigen Bade. Im Jahr 1787“, in: Journal von und für Deutschland, Jg. 5 (1788), Nr. 3, S. 261. Die Leidenschaft der Jung-Akademiker fürs sogenannte ,Komödienlaufen‘ konnte so Manchem zum Verhängnis werden, allerdings weniger wegen des Theaterverbots als aufgrund der finanziellen Belastungen. Denn „durch den verführerischen Reitz der Nähe des Orts und des Schauspiels“ wurden die Studenten im Sommerbad, wie ein Kritiker 1787 mahnte, „zu Ausgaben verleitet, die sie den ganzen Winter hindurch fühlen müssen“Salomo Schorcht, Lauchstädt, ein kleines Gemählde an Herrn D. H. in Z., o. O., 1787, S. 55f., zit. nach: Heinrich Reinhold, Bad Lauchstedt[,] seine literarischen Denkwürdigkeiten und sein Goethetheater nach Berichten der Zeitgenossen dargestellt, 2. verb. Auflage, Halle/Saale 1914, S. 62.. Selbst das Hallische Adreß-Verzeichniß von 1804 warnte vor Lauchstädt; es sei „ein wahrer Verderb für das Finanzwesen der Studenten“Zit. nach Reinhold (wie Anm. 28), S. 63. Ähnliche Warnungen in F. C. Laukhards […] Leben und Schicksale, von ihm selbst beschrieben, Bd. 2, Halle/Saale 1792, S. 114f. sowie Bd. 5, Halle/Saale 1802, S. 58-62 und 310.. Aber solche Einwände taten dem Vergnügen keinen Abbruch, und so beschreibt Salomo Schorcht 1787 regelrechte ,Prozessionen‘ zu Theateraufführungen im benachbarten Kurbad: „Eine Kette von Reutern, Fußgängern und Wagen dehnte sich auf dem ganzen Wege aus, und das eine Ende davon war Lauchstädt, und das andere Halle.“Zit. nach Reinhold (wie Anm. 28), S. 66. Achim von Arnim verbrachte im „seligen Lauchstädt“Brief von Arnim an Clemens Brentano vom 1. Juli 1807; vgl. Achim von Arnim, Clemens Brentano, Freundschaftsbriefe, vollst. krit. Edition von Hartwig Schultz, Frankfurt am Main 1998, Bd. 1, S. 406. sowohl während seiner Studentenzeit in Halle 1798–1800 als auch bei seinem Halle-Besuch 1806 glückliche Stunden. Ihn faszinierte das „bunte Gewühl der Schauspieler und Studenten“Brief an Bettine Brentano vom 12. Juli 1806; vgl. Bettine und Arnim. Briefe der Freundschaft und Liebe, hg. von Otto Betz und Veronika Straub, Bd. 1, Frankfurt am Main 1986, S. 68. Die zitierte Passage bezieht sich auf den Lauchstädt-Besuch Arnims am 11. Juli 1806. Am 17. Juli 1806 sah er dort Goethes Egmont; im Brief an Friedrich Carl von Savigny vom 23. Juli berichtet er, ihm sei „vor Kunst-Tiefe und Hitze die Luft“ ausgegangen; vgl. Heinz Härtl (Hg.), Arnims Briefe an Savigny 1803-1831, Weimar 1982, S. 34., der ganze Ort schien ihm „ein Paradies“Brief an Leo von Seckendorff vom 28. Juli 1806; vgl. Anton Kippenberg, Katalog der Sammlung Kippenberg, 2. Ausgabe, Leipzig 1928, Bd. 2, S. 26 (Nr. 3969)., dem er in seinem Schauspiel Halle und Jerusalem sogar ein literarisches Denkmal setzteLudwig Achim von Arnim, Halle und Jerusalem. Studentenspiel und Pilgerabenteuer, Heidelberg 1811, S. 177f. (Szene III/2).. Besonders aus den Jahren 1805/06 liegen begeisterte Schilderungen vor, etwa vom dänischen Literaten Adam Oehlenschläger und von Karl August Varnhagen von EnseVgl. Adam Oehlenschläger, Meine Lebens-Erinnerungen. Ein Nachlaß, Leipzig 1850, Bd. 2, S. 11 bzw. Karl August Varnhagen von Ense, Denkwürdigkeiten des eignen Lebens (Ausgewählte Schriften von K. A. Varnhagen von Ense, Bd. 1), 3. verm. Auflage, Leipzig 1871, Bd. 1, S. 342.. Auch Eichendorff, der in diesen Jahren als Hallenser Student mehrfach das drei Stunden entfernte Lauchstädt besuchte, schwärmte:Zu den Besuchen vgl. Joseph von Eichendorff, Werke, Bd. 5: Tagebücher, autobiographische Dichtungen, historische und politische Schriften, hg. von Hartwig Schultz, Frankfurt am Main 1993, S. 120f., 124f., 159-162 (Tagebuch 30. Juni und 3. August 1805, 14. Juni sowie 9., 17. und 23. Juli 1806); Zitat ebd., S. 429 (aus Erlebtes). „Die Komödienzettel kamen des Morgens schon, gleich Götterboten, nach Halle herüber, und wurden […] eifrigst studiert. War nun eines jener literarischen Meteore oder ein Stück von Goethe oder Schiller angekündigt, so begann sofort eine wahre Völkerwanderung zu Pferde, zu Fuß, oder in einspännigen Kabriolets, nicht selten einer großen Retirade mit lahmen Gäulen und umgeworfenen Wägen vergleichbar, niemand wollte zurückbleiben, die Reicheren griffen den Unbemittelten mit Entree und sonstiger Ausrüstung willig unter die Arme, denn die Sache wurde ganz richtig als eine Nationalangelegenheit betrachtet.“ Über die Zeit der Webers in Lauchstädt wissen wir wenig, es herrscht nicht einmal Klarheit, ob Franz Anton und Carl Maria von Weber tatsächlich mit Genovefa in den Kurort gereist waren. Im ersten Moment scheint wenig dagegen zu sprechen, zumal der verdienstvolle Weimarer Theaterchronist Satori-Neumann behauptet, Franz Anton Weber habe „gelegentlich im Theaterorchester der Filialbühnen als Geiger“ mitgewirktBruno Thomas Satori-Neumann, Die Frühzeit des Weimarischen Hoftheaters unter Goethes Leitung (1791-1798). Nach den Quellen bearbeitet (Schriften der Gesellschaft für Theatergeschichte, Bd. 31), Berlin 1922, S. 101., allerdings könnte Franz Anton von Weber tatsächlich einen Grund gehabt haben, einige Zeit alleine mit seinem siebenjährigen Sohn in Weimar zu „privatisiren“, während die Mutter bereits in Lauchstädt auf der Bühne stand. Zu den Lieblingsprojekten des Vaters Weber gehörte die 'Vermarktung' seines Sohnes als musikalisches ,Wunderkind‘, und offenbar bot sich in Weimar eine günstige Gelegenheit dazu. Anton Genast jedenfalls erinnerte sich gelegentlich eines Besuches bei Carl Maria von Weber in Dresden im Jahre 1817, daß dieser „in seinem achten Jahre in Weimar mit großem Glück bei Hof gespielt […] hatte.“Eduard Genast (wie Anm. 23), Bd. 2, Leipzig 1862, S. 8. Die zeitliche Angabe Genasts paßt haargenau zum Weimar-Aufenthalt des Jahres 1794; leider ließ sich bislang kein Nachweis für ein entsprechendes Auftreten bei Hofe erbringen. Ob der Erfolg, von dem Genast berichtet, in erster Linie auf außergewöhnlichen musikalischen Fähigkeiten basierte, ist fraglich. Angesichts Webers eigener Einschätzung, in seiner Ausbildung habe erst Heuschkel in Hildburghausen 1796/97 „den wahren, besten Grund zur […] Spielart auf dem Clavier“ gelegtVgl. Hinterlassene Schriften (wie Anm. 2), Bd. 1, S. VI., scheint es kaum vorstellbar, daß der Knabe bereits über zwei Jahre früher in Weimar am Tasteninstrument sonderlich reüssierte. Denkbar ist freilich, daß Franz Anton von Weber, der selbst ein guter Geiger und Bratscher war, in der frühen Ausbildung seines Sohnes eher ein Streichinstrument favorisierte – schließlich war die Violine als ,wunderkindtauglich‘ erprobt, man denke nur an Leopold Mozarts Erfolg mit seinem Vorzeigeschüler Wolfgang Amadeus oder an Johann Friedrich Reichardts 1779 erschienene fiktive Romanbiographie des Kindervirtuosen Heinrich Wilhelm Gulden[Johann Friedrich Reichardt,] Leben des berühmten Tonkünstlers Heinrich Wilhelm Gulden nachher genannt Guglielmo Enrico Fiorino, 1. Teil (mehr nicht erschienen), Berlin 1779.. Leider bleiben nur Mutmaßungen, und ebenso wie Webers erstes Weimarer Konzert entzieht sich auch der mögliche Lauchstädt-Aufenthalt einer faktischen Darstellung. Es bleibt ungewiß, ob Vater und Sohn Weber gemeinsam mit Mutter Genovefa am 21. Juni nach Lauchstädt kamen, ob sie erst später dorthin nachreisten oder gar erst in Rudolstadt die Mutter wiedertrafen. Die Lauchstädter Kurlisten jedenfalls enthalten keinen Hinweis auf die Familie von WeberFreundliche Nachricht von Bernd Heimühle, Historische Kuranlagen und Goethe-Theater Bad Lauchstädt GmbH; dort Abschriften der Kurlisten (auch „Badelisten“), Original in der Außenstelle Wernigerode des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt., aber auch das will nichts besagen – schließlich waren sie keine Kurgäste. Am 5. September 1794 befanden sich beide Eltern nachweislich gemeinsam in Rudolstadt, und Franz Anton von Weber klagte in einem Schreiben an Goethe vom selben Tage über die „Lasten […], die uns die Bühnen diesen Sommer veranlasst haben“Geiser (wie Anm. 4), S. 179; Original: Weimar, Thüringisches Hauptstaatsarchiv (nachfolgend: THSA), Bestand Kunst und Wissenschaft – Hofwesen, A 10000, Bl. 42f. – gemeint sind die Ausgaben für die Reisen nach Lauchstädt und Rudolstadt sowie für die dortigen Unterkünfte. Die mehrfachen Orts- und Quartierwechsel waren den Theaterleuten sicherlich lästig, zumal keine der Abstecher-Bühnen zum Herzogtum Sachsen-Weimar gehörte. Vielmehr lagen alle Sommer-Spielorte des Ensembles im ,Ausland‘: Lauchstädt in Kursachsen, Rudolstadt im Fürstentum Schwarzburg, Erfurt war kurmainzisch. Um das Chausseegeld zu sparen, mußten noch dazu unbefestigte Landwege benutzt werden, so daß die Fahrt von Weimar nach Lauchstädt einen ganzen Tag, von Lauchstädt nach Rudolstadt zwei Tage, von Rudolstadt nach Erfurt und von dort zurück nach Weimar wiederum je einen Tag dauerteVgl. Satori-Neumann (wie Anm. 37), S. 203f.. So ist wohl auch der Stoßseufzer des Weimarer Korrespondenten der Rheinischen Musen zu verstehen, der im Mai 1794 ankündigt, die Hoftheatergesellschaft würde in diesem Jahr „zum  lezten  male,  Gott lob!“ in Lauchstädt hausenRheinische Musen, Jg. 1, Bd. 1 (1794), H. 3, 11. Stück, S. 273.. Die Erleichterung war allerdings verfrüht: Der Ort blieb auch in der folgenden Zeit (alljährlich bis 1811, letztmalig 1814) die „Sommerfrische“ des Weimarer Theaters und trug wesentlich zur finanziellen Konsolidierung der Gesellschaft bei – Kurgäste waren (und sind) ein dankbares und zahlungsfreudiges Publikum! Historische Bauzeichnung des Bellomoschen Theaters im 1790 ausgebauten Zustand Die Klage über die unangemessene Behausung der Gesellschaft kann sich allerdings auch auf den Theaterbau beziehen. Damals gab es noch nicht das schmucke Goethe-Theater, das heute die Besucher bezaubert; das Haus wurde erst im Jahr 1802 eröffnet. 1794 spielte man noch im Vorgängerbau von Bellomo, der – vom Kurpark aus gesehen – hinter dem Schloß stand. Der Prinzipal hatte 1785 vom Zimmermeister Baufeld ein hölzernes Theater errichten lassen, das 1790 als Fachwerk-Konstruktion ausgebaut wurde: eine Bühne von ca. 8 x 8 Metern (Bühnenöffnung ca. 6 Meter) mit fünf Seitenkulissen auf jeder Seite sowie fünf Versenkungen, davor ein lächerlich kleiner Orchesterplatz über die gesamte Bühnenbreite, aber kaum mehr als einen Meter tief – freilich für ein Orchester von etwa 10 Musikern, wie es üblicherweise in Lauchstädt spielte, ausreichendVgl. Satori-Neumann (wie Anm. 37), S. 191.. Im Zuschauerraum standen zehn Bankreihen, dahinter auf einem etwas erhöhten Podium (etwa auf Bühnenhöhe) weitere fünf Bankreihen; dahinter, nochmals erhöht, schloß sich eine Art Loge an, die erst mit dem Ausbau 1790 angefügt worden warOriginale Bauzeichnung und Erklärung in: Adolph Doebber, Lauchstädt und Weimar. Eine theaterbaugeschichtliche Studie, Berlin 1908, S. 32f. und Tafel 6. Die Zahl der Versenkungen gibt Satori-Neumann (wie Anm. 37, S. 154) nach Reparaturbelegen von 1796 in den Weimarer Theaterakten an.. Der Schauspieler Anton Genast war regelrecht schockiert, als er 1791 das Fachwerk-Gebäude erstmals in Augenschein nahm: „schon das kleine Haus in Weimar hatte mich frappirt; wie erstaunte ich aber, als ich in Lauchstedt gar eine große Scheune zum Theater hergerichtet fand.“Eduard Genast (wie Anm. 23), Bd. 1, S. 76f. Auch Salomo Schorcht beschreibt das Theater 1787 als „eine Art Scheune […], die von Holz und Bret[t]ern zusammengenagelt und mit Schindeln gedecket ist“; vgl. Reinhold (wie Anm. 28), S. 49. Ähnlich reagierte die Sängerin Karoline Jagemann, als sie 1797 erstmals nach Lauchstädt kam und ihr „bei der Ankunft […] als erstes Haus ein Schafstall ins Auge fiel, den der Hofkammerrat [Franz Kirms] für Thaliens Tempel erklärte.“Eduard von Bamberg (Hg.), Die Erinnerungen der Karoline Jagemann. Nebst zahlreichen unveröffentlichten Dokumenten aus der Goethezeit, Dresden 1926, S. 106. Für Christian Friedrich Bernhard Augustin hatte das Haus „mit einer Kalkhütte die größte Aehnlichkeit“C. F. B. Augustin, Bemerkungen eines Akademikers über Halle und dessen Bewohner, in Briefen, Germanien [d. i. Quedlinburg] 1795; zit. nach Reinhold (wie Anm. 28), S. 62. Augustin beurteilt die Hofschauspielergesellschaft „sowohl an Zahl als am Werth noch weit unter der Mittelmäßigkeit“ (ebd., S. 63) – diese Aussage könnte sich eventuell auf die Vorstellungen von 1794 beziehen, als auch Genovefa von Weber zum Ensemble gehörte.. Goethe drückte es etwas diplomatischer aus:Johann Wolfgang Goethe, Tag- und Jahreshefte, hg. von Irmtraut Schmid (Johann Wolfgang Goethe. Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche, Bd. I/17), Frankfurt am Main 1994, S. 101 (Erinnerung von 1802). „Die […] Bühne war von Bellomo so ökonomisch als möglich eingerichtet; ein paar auf einem freyen Platz stehende hohe Brettergiebel, von welchen zu beyden [Seiten] das Pultdach bis nahe zur Erde reichte, stellten diesen Musentempel dar; der innere Raum war der Länge nach durch zwey Wände getheilt, wovon der mittlere dem Theater und den Zuschauern gewidmet war, die beyden niedrigen schmalen Seiten aber den Garderoben.“ Mit den Jahren häuften sich die Klagen. Der Schauspieler Heinrich Becker schrieb am 28. Juli 1799 an den Theater-Mitdirektor Franz Kirms:Ernst Pasqué, Goethe’s Theaterleitung in Weimar. In Episoden und Urkunden dargestellt, Leipzig 1863, Bd. 2, S. 160. „Unser Theater hier in Lauchstädt ist so übel beschaffen, daß es, sowohl auf dem Theater [d. h. der Bühne], als auf dem Platz der Zuschauer einregnet, und in unserer Mannsgarderobe können wir gar nicht mehr bleiben, wenn es regnet.“ Auf witterungsbedingte Mängel wies auch Goethe in seinem an den sächsischen Kurfürsten Friedrich August gerichteten Gesuch um einen Neubau hin, das er am 25. Juli 1797 aufsetzte und das weniger die Bedürfnisse des Schauspielerensembles als die der Theaterbesucher in den Mittelpunkt stellt: Goethes Werke, hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen („Sophien-Ausgabe“), Bd. IV/12, Weimar 1893, S. 203. „Nur ist der enge Raum des kleinen Schauspielhaußes und die aus dessen niedriger Bauart entstehende Hitze ein Anlaß gewesen, daß viele Personen sich dessen enthalten und den Wunsch nach einer Erweiterung und Erhöhung desselben bemerklich gemacht haben.“ Kritikwürdig war zudem die Beleuchtung, die nach einem Bericht des Regisseurs Franz Joseph Fischer von 1791 so kärglich war, daß man nur „mit Mühe die Gesichter der Spielenden, zu geschweige, [ihr] Minenspiel ausnehmen“ konnteVgl. Satori-Neumann (wie Anm. 37), S. 155.. Im Vorspiel Was wir bringen, das zur Eröffnung des neuen Hauses 1802 gespielt wurde, erinnert Goethe im 9. Auftritt, anspielend auf die alte Behausung der Schauspieler, versöhnlich: „Je beschränkter ihre Wohnung war, desto lebhafter zeigte sich ihre Bemühung. Durch Neigung und Aufmerksamkeit ersetzten sie was zu ersetzen war.“Vgl. Johann Wolfgang Goethe. Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche, Bd. I/6: Dramen 1791-1832, hg. von Dieter Borchmeyer und Peter Huber, Frankfurt am Main 1993, S. 277. Bekannt ist für das Jahr 1794, als Genovefa von Weber zum Ensemble gehörte, immerhin das komplette Repertoire des Lauchstädter Sommer-Gastspiels: 29 Vorstellungen in gerade sieben WochenVollständiger Spielplan-Überblick für Juni bis Oktober 1794 ohne Rollenangaben bei Burkhardt (wie Anm. 3), S. 14f.. Gespielt wurde durchschnittlich viermal die Woche an wechselnden Wochentagen. An Opern standen Mozarts Entführung und Zauberflöte, Paisiellos König Theodor in Venedig, Dittersdorfs Hieronymus Knicker und Das rothe Käppchen sowie Grétrys Richard Löwenherz auf dem Programm, in Rudolstadt und Erfurt kam noch Mozarts Don Giovanni hinzu. Daneben dominierten Schauspiele von Iffland den Spielplan. Die Lauchstädter Theaterzettel sind fast vollständig überliefert, wodurch auch ein Überblick über die Beschäftigung von Webers Mutter möglich wirdIn der Zettelsammlung in D-WRa (ZC 120), die auch die Nachweise für die Auftritte des Ensembles außerhalb Weimars enthält, sind lediglich für den Zeitraum vom 22. Juni bis 6. Juli, für den 23., 27., 28. und 30. Juli sowie für den 3. August 1794 gedruckte Zettel überliefert. Die anderen Spieltage sind durch handschriftliche Ersatz-Zettel bezeugt, auf denen zwar das gespielte Stück, nicht aber die Besetzung angegeben ist. Die Nachweise für Rudolstadt und Erfurt sind hingegen vollständig. Die in dieser Sammlung fehlenden Lauchstädter Zettel finden sich im THSA Weimar im Bestand Generalintendanz des Deutschen Nationaltheaters (DNT) Weimar, Nr. 1272/6. Lediglich der 11. Juli ist auch dort nur durch einen handschriftlichen Ersatzzettel (Bl. 84r) dokumentiert, der „Wegen plötzlicher Krankheit des H. Vohs“ eine Spielplanänderung anzeigt: Gegeben wurde Ifflands Schauspiel Alte Zeit und neue Zeit; die Besetzung ist nicht nachgewiesen, dürfte aber mit jener der Aufführung vom 5. Juli übereinstimmen.. Genovefa sang neben Constanze (22. Juni, 10. Juli) und Königin der Nacht (3., 6., 13., 20. und 23. Juli, 10. August) die Belise in König Theodor (29. Juni) sowie die Lina im Rothen Käppchen (2. August). Seltener trat Webers Mutter im Schauspiel auf: als Mademoiselle Sternberg in Ifflands Hagestolzen (24. Juni), als Natalia Menzikof in Kratters Mädchen von Marienburg (21. Juli) und als Marquise von Mondekar im Schillerschen Don Carlos (27. Juli). Somit wären insgesamt 13 Auftritte in Lauchstädt gesichert. Die Mitwirkung in der Zauberflöte war bereits Gegenstand des Anstellungsvertrages, in dem sich Genovefa von Weber verpflichtete, als Sängerin „erste und zweite und überhaupt jede Parthien, wie sie ihrem Talente und den Umständen der Gesellschaft angemessen sind, zu übernehmen worin sie sich gänzlich den Ansprüchen der Direction unterwirft. Wie sich denn z. B. die Rolle der Königin der Nacht sogleich nothwendig machen wird.“Geiser (wie Anm. 4), S. 177. In Weimar hatte die Zauberflöte in der Bearbeitung von Christian August Vulpius, Goethes späterem Schwager, am 16. Januar 1794 Premiere gehabt und war bis zum Abgang von Jeanette und Vincent Weyrauch zu Ostern „zwölfmal, bei immer vollem Hause gegeben“ worden Rheinische Musen, Jg. 1, Bd. 1 (1794), H. 3, 11. Stück, S. 245. Vorstellungen lt. Theaterzettel (D-WRa, ZC 120) am 16., 18., 21. Januar, 1., 15., 22. Februar, 5., 8., 22., 29. März, 5. und 12. April.. Goethe mußte daran interessiert sein, dieses Zugstück im Repertoire zu halten. Auch in Lauchstädt wurde die Oper d a s Erfolgsstück des Gastspiels mit insgesamt sechs Vorstellungen; ob allerdings die Qualität der Darbietung den Erfolg rechtfertigte, bleibt ungewiß. Goethe, der selbst die Abstecher außerhalb Weimars in diesem Jahr nicht begleitete und seine beiden Regisseure Heinrich Vohs und Carl Willms mit der Führung der Theatergeschäfte betraut hatte, wies seine Stellvertreter am 14. August 1794 in einem Schreiben nach Rudolstadt ausdrücklich an, das Stück dort erst „in der 2ten Woche, nach davor gehaltenen nöthigen Proben“ zu geben, um es dann zu wiederholen, „so oft es verlangt wird.“Goethes Werke (wie Anm. 52), Bd. IV/10, Weimar 1892, S. 178. Beim dreieinhalbwöchigen Rudolstädter Aufenthalt kam es schließlich zu zwei Aufführungen (26. und 29. August), in den drei Erfurter Wochen nochmals zu drei (27. und 29. September sowie 4. Oktober). Musikalisch waren die Rudolstädter Aufführungen, bei denen die dortige Hofkapelle mitwirkte, sicherlich die erfreulichsten; wie die Zauberflöte, gespielt von den zehn Musikern um den Lauchstädter Stadtmusikus Blau, geklungen haben mag, das möchte man sich besser nicht vorstellen!Zu den Orchesterbesetzungen vgl. Satori-Neumann (wie Anm. 37), S. 191f. Zwar meinte Heinrich Gottlieb Schmieder 1786, daß die Lauchstädter Opernaufführungen „trotz des schlechten, darzu nicht eingerichteten Orchesters, vorzüglich gut“ wärenHeinrich Gottlieb Schmieder, Über Reise-Nachbetereien und Naturauftritte. Bemerkungen auf einer Reise nach Erfurt, Gotha, […] Lauchstädt, Halle, Leipzig, Halle/Saale 1786; zit. nach Reinhold (wie Anm. 28), S. 49., doch Friedrich Paul von Mansold war anderer Meinung. Er verglich in seinem Brief an einen Berliner Freund vom 22. Juni 1801 die musikalische Qualität der Lauchstädter Vorstellungen mit dem Theaterbau, den er als „erbärmliches weißangestrichnes langes Haus“ beschrieb:Vgl. Zeitung für die elegante Welt, Leipzig, Jg. 1, Nr. 83 (11. Juli 1801), Sp. 669 (Badechronik. Lauchstädt). „Befindest Du Dich im Hause, so ist Deine ganze Umgebung, Alles, flach. Die bretterne Decke geht schnurgerade über Deinen Kopf weg, die Wände marschiren wie eine geradgerichtete Reihe Soldaten den Seiten nach hin; und nun über Alles die schöne Musik, ich sage Dir, die geht noch flacher vor Deinen Ohren vorüber, wie Deck’ und Wände.“ Erst in späteren Jahren, als gemeinsam mit den Schauspielern auch Mitglieder der Weimarer Hofkapelle nach Lauchstädt geschickt wurden, sollten sich die Verhältnisse zum besseren wenden. Das besagte Schreiben Goethes vom 14. August an die beiden Regisseure könnte zudem auf Auseinandersetzungen bei der Rollenbesetzung in Grétrys Richard Löwenherz bei der Lauchstädter Aufführung vom 6. August hinweisen; jedenfalls fühlte sich Goethe bewogen anzuordnen: „Sollte Richard Löwenherz verlangt werden, so hat Mad. Weber die Rolle der Margarethe, welche Mad. Malcolmi in Weimar ad interim zu spielen die Gefälligkeit gehabt hat, zu übernehmen.“Goethes Werke (wie Anm. 52), Bd. IV/10, Weimar 1892, S. 178. Auch in Lauchstädt hatte Helene Elisabeth Malcolmi die Gräfin Margaretha gegeben; vgl. Theaterzettel in Weimar THSA, Bestand Generalintendanz des DNT Weimar, Nr. 1272/6, Bl. 129r. Allerdings unterblieben weitere Aufführungen dieser Oper. Eine Anweisung Goethes wird die Webers besonders gefreut haben:Goethes Werke (wie Anm. 52), Bd. IV/10, Weimar 1892, S. 178. „Zur Reise und sonst zur Aufmunterung der Gesellschaft hat die Regie und Casse Administration derselben gegen das Ende der künftigen Woche [also ca. um den 23./24. August] ein Geschenk von einer wöchentlichen Gage außerordentlich auszuzahlen.“ Freilich dürfte, eingedenk Franz Anton von Webers bereits erwähnter, knapp zwei Wochen nach der Auszahlung (am 5. September) geäußerter Klage über die finanziellen Lasten, dieser Zuschuß bald aufgebraucht gewesen sein. Dabei hatte Genovefa mit einer Wochengage von „Acht Thaler courant“, wie der Anstellungsvertrag ausweist, durchaus keinen schlechten Stand unter ihren Kollegen. Der Schauspieler Anton Genast erinnert sich, daß zu dieser Zeit die höchste Gage „für Schau- und Singspiel […] wöchentlich 8-9 Thaler“ betrug, und ergänzt:Eduard Genast (wie Anm. 23), Bd. 1, S. 77f. „Malcolmi mit seinen drei Töchtern erhielt wöchentlich 10 Thlr.; dafür spielte er den Oberförster in den »Jägern« und sang den Sarastro in der »Zauberflöte« und seine beiden ältern Töchter wurden als Soubretten und Liebhaberinnen verwendet. Aber dennoch konnte ein sparsamer Mensch bei solch geringer Gage anständig leben, so beispiellos billig waren die Lebensbedürfnisse; ich z. B. zahlte in einer Familie für Logis, Frühstück, Mittagessen und Bedienung wöchentlich 1 1/2 Thlr.“ Bedenken muß man freilich, daß der ledige Genast sich mit einem bescheideneren Logis zufriedengeben konnte als die dreiköpfige Familie von Weber, von der bekannten Sorglosigkeit Franz Anton von Webers beim Geldausgeben und Schuldenmachen ganz abgesehen. In seinem bereits erwähnten Gesuch an Goethe vom 5. September 1794 erbat Franz Anton von Weber die vorzeitige Entlassung Genovefa von Webers aus dem bis Ostern 1795 geltenden Weimarer Vertrag. Dabei klingt die Begründung, die Vater Weber vorgibt, reichlich nebulös – die Familie könne „nicht länger bey hiesiger Bühne verbleiben […], da seit unserer Anwesenheit so unendlich viel Unordnungen und Sachen vorgegangen, die nicht wohl verstatten, uns länger dabey aufzuhalten.“ Leider wird Franz Anton von Weber nicht konkret: „En detaille zu gehen, ist unsre Sache nicht, und würde Eure Excellenz nur zu sehr ermüden […].“Geiser (wie Anm. 4), S. 179. Mit den „Unordnungen“ könnte Vater Weber disziplinarische Verfehlungen im Ensemble gemeint haben, die seinerzeit keine Seltenheit waren, z. B. den kurze Zeit zuvor in Rudolstadt vorgefallenen Streit zwischen dem Theaterschneider Wenzel Joseph Schütz und dem Schauspieler Christian Hermann Benda, der aus einer verbalen Beleidigung Bendas durch Schütz in eine handfeste Schlägerei ausgeartet war. Auf ein von mehrerenen Schauspielern – allerdings nicht von Genovefa von Weber – unterzeichnetes Pro MemoriaWeimar THSA, Bestand Kunst und Wissenschaft – Hofwesen, A 9587, Bl. 3-4. an die Direktion reagierte Goethe am 27. August 1794 mit einem Ersuchen an die Rudolstädter Gerichtsstelle, den Vorgang zu untersuchenEbd., Bl. 5 und 6; vgl. auch Goethes Werke (wie Anm. 52), Bd. IV/18, Weimar 1895, S. 60f.. Im abschließenden Dekret der Theaterleitung vom 7. September 1794 wird konstatiert, „daß der Theater Schneider Schütz sich gröblich vergangen habe“ und „daß der Schauspieler H Benda durch eine unanständige Selbstrache und der Schauspieler H Müller durch Anreizen und Aufhetzen, bey dieser Gelegenheit, sich nicht minder vergangen“ hättenEbd., Bl. 33r.. Der Schneider wurde entlassen, die beiden Schauspieler erhielten eine ,ernstliche Verweisung‘ mit dem Hinweis „daß kein Schauspieler künftig, der sich selbst, durch Worte oder Thätligkeiten, Recht zu verschaffen sucht, an irgend eine weitere Genugthuung Anspruch zu machen habe […].“Ebd., Bl. 33v; vgl. auch Goethes Werke (wie Anm. 52), Bd. IV/18, Weimar 1895, S. 61f. Zur Wiedereinstellung von Schütz auf Bitten des Ensembles und zur Neuregelung seiner Amtsbefugnisse vgl. das Schreiben Goethes an Kirms vom 16. Oktober 1794 sowie die am 17. Oktober aufgesetzten Vorschriften für den Schneider und Garderobier; vgl. Weimar THSA, Bestand Kunst und Wissenschaft – Hofwesen, A 9587, Bl. 43 = Goethes Werke (wie Anm. 52), Bd. IV/18, Weimar 1895, S. 63 sowie Weimar THSA, Bestand Generalintendanz des DNT Weimar 1/3, Bl. 12f. (auch 1/4, Bl. 38f.). Ohne die Angelegenheit genauer zu beleuchten, wird deutlich, daß es um die Disziplin im Ensemble nicht zum besten stand. Darauf deutet auch das von Goethe unterzeichnete Dekret der Theaterleitung hin, das am 15. Oktober 1794, eine gute Woche nach der Rückkehr der Schauspieler nach Weimar, aufgesetzt wurde. Es erwähnt, daß einige „Schauspieler, ihres Verhältnißes und der guten Sitten vergeßend, sich mit unbesonnenen und unanständigen Reden, so wohl über die ihnen vorgesetzte Direction respeckts widrig geäußert [hätten], als auch sich einander selbst und den Subalternen mit unschicklichen Reden begegnet“ seienVgl. Johann Wolfgang Goethe. Sämtliche Werke. Briefe, Tagebücher und Gespräche, Bd. I/27: Amtliche Schriften, Teil II, hg. von Irmtraut und Gerhard Schmid, Frankfurt am Main 1999, S. 146. Die Intrigen im Ensemble gingen sogar so weit, daß Schauspieler vor einer Premiere Gerüchte ausstreuten, daß das neue Stück „nicht gut sey und nicht reußiren könne“; vgl. ebd., S. 147.. Das alte Theater in Rudolstadt Anfang des 19. Jahrhunderts Die wirklichen Gründe für den Wunsch der Webers, das Weimarer Engagement aufzukündigen, dürften freilich ganz andere gewesen sein: Zum einen scheinen die künstlerischen Leistungen Genovefas nicht befriedigt zu haben, wie ein Schreiben des Regisseurs Vohs an Goethe aus Rudolstadt vom 26. August 1794 vermuten läßt:Weimar THSA, Bestand Kunst und Wissenschaft – Hofwesen, A 9587, Bl. 1-2 (Zitat Bl. 2r). „Der Herr Hauptmann u Kammerjuncker von Linckert [recte Karl Freiherr von Lyncker] trugen mir heute auf, Ew: Exzellenz den sehnlichen Wunsch des hiesigen Hofes zu melden, daß die Oper Dom Juan wo möglich, und wär’s auch den lezten Tag, möchte gegeben werden. Ich habe mit Herrn Eilenstein die Möglichkeit des Einstudierens verabredet, und wenn Dlle Matticzek /: da Mad: Weber gänzlich mißfällt :/ die Donna Anna, diese die Elvire, H. Müller Don Juan, H. Genast Masitta [sic] und meine Frau Zerline [übernimmt], /: eine andere Besezung behielten sich Ew: Exzellenz in Weimar vor :/ so wäre Möglichkeit da, und könnte diese Oper auch in Erfurth mit Nutzen gegeben werden.“ Goethe bestätigte Vohs’ Besetzungsvorschläge und schickte die Partitur der Mozart-Oper, die baldmöglichst „eingelernet“ – d. h. neu einstudiert– werden sollte, nach RudolstadtVgl. Goethes Schreiben an Vohs vom 27. August 1794, ebd., Bl. 7. Keiner der von Vohs und Goethe Genannten hatte bei der Weimarer Erstaufführung der Oper am 30. Januar 1792 mitgewirkt., wo der Don Giovanni tatsächlich am 10. September als Abschiedsvorstellung gegeben wurde. Unklar bleibt, ob das Mißfallen der Mutter Weber auf Rudolstadt beschränkt war oder auch schon auf die vorhergehenden Lauchstädter Auftritte zu beziehen ist; ebenso ist offen, ob das Negativurteil auf der Einschätzung des Rudolstädter Hofes, des städtischen Theaterpublikums oder auf Neid der Bühnen-Kollegen beruhte – jedenfalls fand die Sängerin scheinbar nicht den rechten Rückhalt. Laut Geiser wurde sie sogar als „unbrauchbar“ eingeschätztVgl. Geiser (wie Anm. 4), S. 179.. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die recht laue Beurteilung Genovefas nach ihren Weimarer Debüts (s. o.). Andere Zeitzeugen zeichnen bezüglich der Leistungen der Künstlerin ein ambivalentes Bild: Carl Ludwig Costenoble bescheinigte ihr 1794/95 eine dünne Stimme, die ihn an das Pfeifen eines abgerichteten Singvogels erinnerteVgl. Weilen (wie Anm. 11), Bd. 1, S. 81 und 86.. Die bereits genannte Bayreuther Theaterbesucherin Caroline von Flotow notierte in ihr Tagebuch, der Gesang der „ältern Frau v. Weber“ gefiele ihr „recht wohl“ (22. März 1793) bzw. sei „ganz hübsch“ (24. Januar 1794), besonders im Vergleich mit Franz Anton von Webers Schwiegertochter Josepha (Ehefrau Edmunds) ziehe Genovefa jedoch wegen ihrer „eben nicht vortheilhaften Figur“ und ihres steifen Spiels den Kürzeren – in Hagemanns Schauspiel Otto der Schütz habe sie am 4. Mai 1793 in der Rolle der Elisabeth gar wie ein „Klotz“ agiertFlotow-Tagebücher (wie Anm. 8), Jg. 1793, Bl. 67bv (22. März) und 69Aav (4. Mai) sowie Jg. 1794, Bl. 85bv (10. Januar) und 86bv (24. Januar).. Positiver die Presse-Berichte: Im Journal des Luxus und der Moden heißt es in einem im Januar 1793 aus Nürnberg eingesandten Beitrag, alle drei Sängerinnen der Weber-Familie – Genovefa, Josepha und Jeanette (verh. Weyrauch) – „verdienen mit Recht den Namen sehr verdienstvoller Sängerinnen“Vgl. Journal des Luxus und der Moden, hg. von Friedrich Justin Bertuch und Georg Melchior Kraus, Weimar, Bd. 8, Nr. 2 (Februar 1793), S. 90f., und der Rezensent der Rheinischen Musen schwärmt nach der Bayreuther Aufführung von Neefes Oper Adelheid von Veltheim am 23. Februar 1794, in der Genovefa die Titelrolle gab, von der „Vortref[f]lichkeit ihres Gesanges“, der „lauten Beifall“ erhieltRheinische Musen, Jg. 1, Bd. 1 (1794), 4. Stück, S. 91.. Vincent Weyrauch befand 1789, seine Schwiegermutter singe „nicht ganz schlecht“ und eigne sich vortrefflich als dritte SängerinVgl. Ziegler (wie Anm. 6), S. 53f.. Das Fach der ersten Sängerin, das sie in Weimar innehatte, konnte sie vermutlich nicht adäquat ausfüllen. Allein die Höhe, die sie befähigte, die Königin der Nacht und die Constanze zu singen, macht eben noch keine erste Sängerin aus! Zudem wurden die Weyrauchs, die am Frankfurter Theater nicht hatten Fuß fassen können, zu Michaelis (29. September) nach Weimar zurückverpflichtet. Damit hätte Genovefa von Weber ihre Position als erste Sängerin wohl wieder räumen, zumindest aber teilen müssen, und so schienen familieninterne Rangstreitigkeiten unausweichlich. In dieser Situation kam von anderer Seite ein verlockendes Angebot: Edmund von Weber, Franz Antons jüngerer Sohn aus erster Ehe, war inzwischen bei Franz Xaver Glöggl in Linz und Salzburg engagiert; für die Herbst/Winter-Saison in Salzburg (19. September 1794 bis 17. Februar 1795) wurden von Glöggl noch Mitwirkende gesucht. Hier fand sich nicht nur eine neue Anstellung für Genovefa von Weber als Sängerin, sondern auch eine für Franz Anton von Weber als KorrepetitorVgl. „Zu K. M. v. Weber’s Familiengeschichte“, in: Recensionen und Mittheilungen über Theater, Musik und bildende Kunst (Wien), Jg. 8, Nr. 18 (4. Mai 1862), S. 276 sowie Personalverzeichnis in: Franz Merunka, Anton Keimmel, Verzeichniß der hier in der hochfürstlichen Residenzstadt Salzburg unter der Unternehmung des Herrn Franz Xaver Glöggl vom 19. September 1794 bis 18. Februar 1795 aufgeführten Trauer- Schau- Lustspiele und Opern […], Salzburg 1795, [S. 15].. Goethe kam Franz Anton von Webers Bitte um Vertragsauflösung nach. Mit einem äußerst wortkargen Schreiben genehmigte er am 24. September 1794 den Abgang von Genovefa von Weber mit Abschluß der Sommersaison in ErfurtVgl. Geiser (wie Anm. 4), S. 179; Original: Weimar THSA, Bestand Kunst und Wissenschaft – Hofwesen, A 10000, Bl. 44.. Ob tatsächlich Goethes recht reservierte Haltung Carl Maria von Weber gegenüber mit seinem Ärger über die Weberischen im Jahr 1794 in Zusammenhang gebracht werden kannVgl. Wilhelm Bode, Die Tonkunst in Goethes Leben, Berlin 1912, Bd. 2, S. 89., bleibe dahingestellt. Genovefa jedenfalls stand als Mitglied des Weimarer Ensembles letztmalig am 4. Oktober in Erfurt als Königin der Nacht auf der BühneWie schnell die Webers nach Salzburg abreisten und wann sie dort eintrafen, ist nicht nachweisbar. Leider enthalten die drei von Lorenz Hübner herausgegebenen Salzburger Zeitungen (Salzburger Intelligenzblatt Jg. 10, Oberdeutsche Staatszeitung Jg. 11 und Oberdeutsche allgemeine Literaturzeitung Jg. 7) im letzten Quartal des Jahres 1794 keinerlei Hinweise auf die Familie bzw. auf Theateraufführungen der Glögglschen Truppe. Auch das rückblickende Repertorium für die Glögglsche Spielzeit von Merunka und Keimmel (vgl. Anm. 80) gibt die Daten der Weberschen Debüts in Salzburg nicht an. Auf der Fahrt nach Salzburg könnte Augsburg eine Zwischenstation gewesen sein, wo der achtjährige Carl Maria von Weber angeblich konzertiert haben soll; vgl. Ernst Fritz Schmid, Artikel „Augsburg“ in: Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Bd. 1, Kassel und Basel 1949-1951, Sp. 837. Quellen, die diese Behauptung belegen, konnten bislang nicht ausfindig gemacht werden; die Augspurgische Ordinari Postzeitung enthält im fraglichen Zeitraum keine Konzertanzeigen.. Zum Thema Weber und Lauchstädt sei nachgetragen, daß die bereits mehrfach erwähnten Weyrauchs, Carl Maria von Webers Stiefschwester Jeanette und ihr Mann Vincent, sowohl 1793 als auch zwischen 1795 und 1799 hier mehrfach auftraten: Jeanette stand über 80 Mal auf der Lauchstädter Bühne, ihr Mann etwa 140 MalVgl. die Theaterzettel D-WRa (ZC 120).. Sie gaben hier u. a. große Mozartpartien: die Constanze (erstmals 28. Juni 1795) bzw. den Osmin (erstmals 6. Juli 1797) in der Entführung aus dem Serail, Königin der Nacht bzw. Papageno in der Zauberflöte (erstmals 5. Juli 1795), Fiordiligi bzw. Guglielmo (hier: Lotte und Lieutenant Steinfeld) in Cosi fan tutte (erstmals 24. Juni 1798), Gräfin bzw. Figaro in Le nozze di Figaro (6. August 1798). Im Don Giovanni „erbte“ Jeanette Weyrauch nach dem Abgang ihrer Stiefmutter Genovefa von Weber die Partie der Donna Elvira – unter anderen Umständen hätte sie wohl die Donna Anna bekommen. Ihr Mann Vincent, eigentlich ein Baß-Buffo, mußte sich als besonders flexibel erweisen. In Weimar und Erfurt gab er den Masetto (13. Dezember 1794 bis 28. März 1795), mußte dann aber ab 3. August 1795 in Lauchstädt die für seine Stimme weniger geeignete Titelpartie übernehmen. Erst ab 2. Juli 1797 (erneut in Lauchstädt) erhielt er wieder eine seinem Temperament entgegenkommendere komische Rolle: den LeporelloVgl. auch die Eingaben Weyrauchs bezüglich der Rollenvergabe in Weimar THSA, Slg. Pasqué C I, Bl. 192f. und 194f.. In Wranitzkys Oberon standen die Weyrauchs als Amanda (entspricht Webers Rezia) und Scherasmin auf der Bühne (ab 26. Juni 1796), zu ihrem Repertoire gehörten aber auch Partien im Schauspiel. So wirkten sie u. a. an einigen Schiller-Aufführungen mit: sie als Lady Milford in Kabale und Liebe (1. August 1796), er als Wachtmeister bzw. Seni in der Wallenstein-Trilogie (zuerst 29. Juli bis 1. August 1799). Jeanette war schließlich auch als Hero in Shakespeares Viel Lärm um Nichts (in H. Becks Fassung Die Quälgeister, Rollenname dort: Emilie) zu sehen (11. August 1798). Selbst die fünfjährige Tochter Victorine konnte man als Bärbchen in Ifflands Lustspiel Die Hagestolzen an der Seite ihrer Mutter erleben (21. Juli 1798, die Mutter spielte die Mademoiselle Sternberg). Und noch ein Familienmitglied wurde in Lauchstädt künstlerisch aktiv: In den Sommermonaten der Jahre 1831 und 1832 stand Carl Maria von Webers Nichte Johanne Friederike Therese von Weber (1809–1884), eine Tochter Edmund von Webers aus dessen dritter Ehe mit Therese Mack, auf der dortigen BühneFür die Sängerin, die vermutlich erstmals 1824 in Danzig auf der Bühne stand (vgl. Konzert-Zettel zum 22. März 1824 in D-B, Weberiana Cl. V [Mappe XX], Abt. 7, Nr. 41; unter den Mitwirkenden Edmund von Weber mit seinen Töchtern Therese und Josephine), sind u. a. folgende Engagements nachweisbar: 1825/26 bei Ringelhardt in Aachen und Köln, 1827-29 in Detmold, 1829/30 in Mannheim, 1830/31 in Würzburg, 1831/32 bei der Gesellschaft Bethmann, 1832-35 bei der Gesellschaft Atmer, 1835-37 in Nürnberg. Ein erhoffter Wechsel 1826 von Köln nach Hamburg kam nicht zustande; vgl. Edmund von Webers Brief an Friedrich Ludwig Schmidt vom 5. Oktober 1826 in: Jürgen Neubacher, „Die Webers, Haydn und Der Aepfeldieb. Eine Untersuchung der Musikhandschrift ND VII 168 der Staats‑ und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky“, in: Festschrift Christoph‑Hellmut Mahling zum 65. Geburtstag, hg. von Axel Beer, Kristina Pfarr und Wolfgang Ruf, Tutzing 1997, Bd. 2, S. 1005f. (Anm. 65). Diese Therese von Weber / Atmer ist nicht, wie Neubacher fälschlich annimmt, identisch mit jener Therese Weber, die 1843 am Stadttheater Hamburg und 1844-47 am Rigaer Theater engagiert war. – nach dem Zeugnis von Franz Eduard Hysel „sowohl eine liebenswürdige Persönlichkeit, als auch eine treffliche Künstlerin“Vgl. Franz Eduard Hysel, Das Theater in Nürnberg von 1612 bis 1863 nebst einem Anhange über das Theater in Fürth, Nürnberg 1863, S. 288.. 1831 war sie Mitglied der Gesellschaft von Heinrich Eduard Bethmann, die vorher u. a. in Dessau aufgetreten warDessauer Engagement der Bethmannschen Gesellschaft vom 2. Februar bis 8. April 1831; Therese von Weber sang u. a. die Fatime in der Dessauer Erstaufführung von Webers Oberon am 25. Februar 1831, den Almansor gab Carl August Atmer, den Scherasmin der Sohn des Prinzipals, Carl Bethmann; vgl. Moritz von Prosky, Das herzogliche Hoftheater zu Dessau. In seinen Anfängen bis zur Gegenwart, 2. verm. Aufl., Dessau 1894, S. 78f. sowie briefliche Mitteilung von Eduard Thiele an Friedrich Wilhelm Jähns vom 24. Oktober 1878 (D-B, Weberiana Cl. X, Nr. 738). Bethmann war zuvor in Aachen (April bis August 1828), Leipzig (Dezember 1828 bis Juni 1829) und Dessau (Januar bis Mai 1830) als Direktor tätig; vgl. Felix Eckard, Das Leipziger Stadttheater unter Carl Christian Schmidt und Heinrich Marr (Theater und Drama, Bd. 20), Berlin 1959, S. 8 und 128f. sowie Carl Augustin Grenser, Geschichte der Musik hauptsächlich aber des großen Conzert- u. Theater-Orchesters in Leipzig, hg. von Otto Werner Förster, Leipzig 2005, S. 171, 173f. sowie Prosky, S. 76-78.. Zu den Darbietungen dieses Jahres in Lauchstädt gehörten u. a. Weigls Schweizerfamilie (14. Juli), Boieldieus Weiße Dame (16. Juli), Shakespeares Kaufmann von Venedig (17. Juli), Soliés Geheimniß (20. Juli), Charlotte Birch-Pfeiffers Pfefferrösel (21. Juli zum Benefiz von Therese von Weber), Goethes Faust (23. Juli), Aubers Fra Diavolo (31. Juli), Schillers Räuber (7. August)Vgl. Merseburgische Blätter, Jg. 5 (1831), Theater-Ankündigungen für die Zeit zwischen 13. Juli und 7. August 1831 in Nr. 28 (13. Juli), S. 224; Nr. 29 (20. Juli), S. 232; Nr. 30 (27. Juli), S. 240; Nr. 31 (3. August), S. 248. und die Preciosa von Pius Alexander Wolff mit Musik von Weber (10. August) – in der Titelpartie des letztgenannten Stücks war Therese von Weber, in der männlichen Hauptpartie (Alonzo) Carl August Atmer (1805-1857) zu sehenVgl. Theaterzettel vom 10. August 1831 (Benefiz-Vorstellung für Carl Bethmann), Historische Kuranlagen und Goethe-Theater Bad Lauchstädt GmbH, Archiv; freundliche Auskunft von Direktor Bernd Heimühle.. Anschließend zog die Truppe weiter nach Thüringen. Am 17. Dezember 1831 eröffnete Bethmanns Gesellschaft das neue Meininger Theater und spielte dort bis zum 20. März 1832Zum Repertoire gehörten u. a. Freischütz, Preciosa (wiederum Therese von Weber in der Titelrolle) sowie das Weber-Liederspiel Die Rückkehr ins Dörfchen; vgl. Allgemeine musikalische Zeitung (AMZ), Jg. 34, Nr. 21 (23. Mai 1832), Sp. 346-349 sowie Allgemeine Theater-Chronik, Jg. 1, Nr. 56 (4. April 1832), S. 225 und Nr. 59 (13. April 1832), S. 237.. Ein umfangreicherer Bericht von Otto Freudenreich über das Herzoglich Meiningische, Herzoglich Anhaltische und Hochfürstlich Schwarzburg-Rudolstädtische Hoftheater unter Bethmann bringt eine Übersicht über das Ensemble Anfang 1832: Therese von Weber wird dort als „2te Sängerin“ in der Oper und „1ste naive“ im Lustspiel genannt und folgendermaßen beschrieben:Vgl. Allgemeine Theater-Chronik, Jg. 1, Nr. 38 (7. März 1832), S. 151. „Fräulein v. Weber, ungeheuer großäugig; man rühmt zwar große Augen als Schönheit bei den Damen, doch diese sind etwas zu groß, Fr. v. W. singt recht gut und macht ihrem Oncle keine Schande, sollte aber mehr auf sich achten und etwas weniger Koketterie besitzen.“ Ungeachtet der vielen Schauspiel-Privilegien, die Bethmann angehäuft hatte, standen seine Finanzen nicht zum besten. Nach einem zweimonatigen Gastspiel in Nordhausen (25. März bis 11. Mai 1832)Ebd., Nr. 90 (6. Juni 1832), S. 376 [falsche Zählung, recte S. 374]. entzog sich der Prinzipal dem drohenden Bankrott durch Flucht; seine Familie ließ er bei der führerlosen Schauspielergesellschaft zurück. Carl August Atmer, ehemals (Herbst 1829 bis Januar 1831) Schauspieler (vorübergehend auch Opern-Regisseur) am Würzburger TheaterVgl. J. G. Wenzel Dennerlein, Geschichte des Würzburger Theaters von seiner Entstehung im Jahre 1803-4 bis zum 31. Mai 1853, nebst einem chronologischen Tagebuch und einem Anhang, Würzburg 1853, S. 225-236., seit Februar 1831 Mitglied in Bethmanns Ensemble, übernahm am 1. Juni die Direktion der inzwischen nach Bernburg übersiedelten TruppeVgl. Allgemeine Theater-Chronik, Jg. 1, Nr. 94 (13. Juni 1832), S. 394 [recte S. 392] sowie Nr. 96 (17. Juni 1832), S. 402 [recte S. 400]. Bethmann stellte Ende 1832 in Nordhausen eine neue Gesellschaft zusammen; vgl. ebd., Nr. 168 (20. Oktober 1832), S. 690. Er faßte erneut in Meiningen Fuß und gastierte im Frühjahr 1833 in Kassel; vgl. Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hg. von Folker Göthel, Tutzing 1968, Bd. 2, S. 160. 1834 bis 1836 leitete er das Magdeburger Stadttheater und engagierte Richard Wagner als musikalischen Leiter (1834 Abstecher nach Lauchstädt, Rudolstadt und Bernburg); vgl. Richard Wagner, Mein Leben, hg. von Martin Gregor-Dellin, München 1976, S. 94ff. Ab 1836 führte Bethmann wieder eine Reise-Gesellschaft, die in Dessau (Oktober 1836 bis März 1837, Dezember 1837 bis März 1838), Halle (April bis Juni sowie September bis Dezember 1837, April bis Juni 1838), Lauchstädt (Juli/August 1837) und Rudolstadt (August/September 1837), ab 1838 in Meiningen und Erfurt sowie Anfang 1840 wiederum in Halle auftrat; vgl. Prosky (wie Anm. 88), S. 84-87, Walter Serauky, Musikgeschichte der Stadt Halle, Halle/Saale 1942, Bd. 2/2, S. 587-590, Claudia Deweß, „Reisende Schauspielergesellschaften in Dessau und Halle 1836-1840“, in: Dessauer Kalender, Jg. 14 (1970), S. 100-103 sowie Otto Weddingen, Geschichte der Theater Deutschlands, Berlin 1904, S. 583 und 989. Bethmann starb 1857 in Halle. und bewies mehr Talent: Unter seiner Leitung konsolidierte sich das Unternehmen. Nach einer Vorstellungsserie in Bernburg (7. Juni bis 3. Juli 1832)Vgl. Allgemeine Theater-Chronik, Jg. 1, Nr. 121 (29. Juli 1832), S. 499. wechselte er wiederum nach Lauchstädt. Zum Repertoire dieses Gastspiels (7. Juli bis 12. August 1832) zählten u. a. Aubers Fra Diavolo (14. Juli), Mozarts Don Giovanni (21. Juli), Kleists Prinz von Homburg (26. Juli), Peter von Winters Unterbrochenes Opferfest (29. Juli), Hillers Jagd (3. August) sowie das Liederspiel Die Rückkehr ins Dörfchen (2. August, gemeinsam mit der Posse Der Nasenstüber)Vgl. Merseburgische Blätter, Jg. 6 (1832), Theater-Ankündigungen in Nr. 28 (11. Juli), S. 223; Nr. 29 (18. Juli), S. 231; Nr. 30 (25. Juli), S. 239; Nr. 31 (1. August), S. 247; Nr. 32 (8. August), S. 255; außerdem Allgemeine Theater-Chronik, Jg. 1, Nr. 151 (20. September 1832), S. 619f. Zum Personalbestand der Gesellschaft unter Atmer vgl. ebd. Nr. 156 (29. September 1832), S. 639., eine musikalische Melange, die Carl Blum aus Liedern Webers sowie aus musikalischen Nummern aus Silvana und Preciosa zusammengestellt hatteUraufführung im Königstädtischen Theater in Berlin am 13. April 1829; ein gedruckter Klavierauszug erschien im Sommer 1829 bei Schlesinger in Berlin (PN: 1534).. Die Atmersche Gesellschaft zog anschließend weiter nach HalleRepertoire 16. August bis 7. Oktober 1832 vgl. Allgemeine Theater-Chronik, Jg. 1, Nr. 178 (6. November 1832), S. 731-733 und Nr. 179 (8. November 1832), S. 736; demnach von Halle aus Konzessions-Verhandlungen mit Köthen. und blieb bis 1835 im mitteldeutschen Raum aktiv: neben Halle u. a. in Bernburg, Köthen, Dessau und ErfurtBernburg: 10. Februar bis 31. März 1833; vgl. Allgemeine Theater-Chronik, Jg. 2, Nr. 70 (1. Mai 1833), S. 277. Köthen: 13. Oktober bis 9. November 1833; vgl. ebd., Jg. 2, Nr. 193 (2. Dezember 1833), S. 769. Dessau: 10. November 1833 (Eröffnung mit Freischütz) bis 10. März 1834 sowie 9. November 1834 bis 23. März 1835; vgl. Prosky (wie Anm. 88), S. 81f., AMZ, Jg. 36, Nr. 12 (19. März 1834), Sp. 190f. und Jg. 37, Nr. 10 (11. März 1835), Sp. 168f. sowie Allgemeine Theater-Chronik, Jg. 3, Nr. 5 (7. Januar 1834), S. 20. Erfurt: ebd., Jg. 3, Nr. 128 (undatiert, 3. Quartal 1834), S. 509.. Therese von Weber heiratete am 14. Juli 1833 ihren Direktor Carl August Atmer in der Marktkirche zu HalleFreundliche Mitteilung von Karsten Eisenmenger, Leiter der Marienbibliothek in Halle/Saale. Der Eintrag im Trauregister der Marktkirche Unser Lieben Frauen, Bd. 1816-1835 lautet: „1833 Dom.[inica] VI: p.[ost] Trin.[itatis] […] Der Königl. Pr:[eußisch] und Herzogl. Anhaltsche concessionirte Schauspiel-Director, Herr Karl August Atmer, hieselbst, und Fräulein Johanne Friederike Therese von Weber, Sängerin bei der hiesigen Bühne, Tochter des verstorbenen Musik Directors, Herrn Edmund von Weber, und dessen auch verstorbenen Ehegattin, Frau Therese, geb. Mackfoll. [sic]“; der 6. Sonntag nach Trinitatis war 1833 der 14. Juli.. Das 1802 errichtete Lauchstädter Theater Auch an dem unter Goethes Ägide 1802 neu errichteten Lauchstädter Theater nagte der Zahn der Zeit, in den 1890er Jahren mußte es baupolizeilich gesperrt werden. Der Abriß wurde erwogen, allerdings aufgrund von Protesten nicht ausgeführt. Nach Abschluß von privat finanzierten Restaurierungsarbeiten konnte das Haus schließlich am 13. Juni 1908 festlich wiedereröffnet werden. Der Fest-Prolog dazu stammte vom Dramatiker Ernst von Wildenbruch, dem Ehemann von Carl Maria von Webers Enkelin MarieVgl. Reinhold (wie Anm. 28), S. 112-114. Wildenbruch hatte im Schillerjahr 1905 bereits den Prolog zur Festaufführung von Kabale und Liebe im Lauchstädter Theater (7.  Mai 1905) beigesteuert; ebd., S. 108.. Ob Wildenbruch allerdings um die Zusammenhänge zwischen dem Ort und der Weberschen Familientradition wußte, ist zu bezweifeln. Die Verbindung zu Weber wurde freilich bald geknüpft: Hermann Abert, seit 1909 Professor für Musikwissenschaft an der Universität Halle und seit 1910 auch Mitglied des Lauchstädter Theatervereins, brachte in seinem ersten Lauchstädter Jahr eine Weber-Oper heraus: am 29. und 31. Mai sowie 1. Juni 1910 wurde der damals selten aufgeführte Einakter Abu Hassan gegebenGemeinsam mit Pergolesis La serva padrona und Glucks Le cadi dupé unter der musikalischen Leitung des Hallischen Kapellmeisters Eduard Möricke; vgl. Reinhold (wie Anm. 28), S. 115 sowie Erster Bericht des Lauchstedter Theater-Vereins, Halle/Saale 1910, S. 14..