WeGA, Briefe, Digitale Edition August Kahlert an Max Maria von Weber in Dresden <lb/>Breslau, Montag, 3. Dezember 1860 <lb/>Wiedergabe des Briefes nach einer Abschrift von Friedrich Wilhelm Jähns mit dessen Annotationen Kahlert, August Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Eveline Bartlitz

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Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe
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Machine-Readable Transcriptions of Texts from the Carl Maria von Weber Complete Edition (WeGA)

gibt aus Artikeln und angeblich nach Befragung Nachricht über Webers Aufenthalt in Breslau und Carlsruhe (mit zahlreichen sachlichen Fehlern!) Mit Freuden gebe ich Eurer Hochwohlgeboren, was ich über

D; Berlin; Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung; Weberiana Cl. V (Mappe XVIII), Abt. 4 B, Nr. 14 E

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Deutsch Obsoletes Element tei:textClass entfernt Text nach Angaben von Frank Ziegler und Übertragung von Eveline Bartlitz eingegeben Initiale Transformation aus Briefe2.ask
Überschrift von F. W. Jähns: Schreiben des Dr. August Kahlert (bis 1859) Professor an der Universität Breslau, Dichter Aesthetiker pp (geb. 1807 † 1864 in Breslau) an Max von Weber betreffs des Aufenthaltes von Carl Maria von Weber 1804–1806 zu Breslau u. Carlsruhe in Schlesien. Nach Kahlert’s Autograph copirt
Breslau 3. Dez. 1860 Hochzuverehrender Herr C. v. Holtei schreibt an Max v. Weber über Kahlert: Er war bis 1859 Professor an der Universität Breslau wo er deutsche Literatur pp tradirte. Dichter, (hübsche Romanzen) Ästhetiker (seine Ästhetik ist bei Breitkopf u. Härtel erschienen) musikalisch-gebildet, thätiger Mitarbeiter an der musikal. Zeitung, war er vielseitig wirksam. Zunehmende Kränklichkeit zwang ihn, seinen Lehrstuhl aufzugeben, er darf sein Zimmer nicht mehr verlassen, doch blieb er geistig regsam (Brief v. 7. Nov. 1860.) aus Ratibor.

Mit Freuden gebe ich Eurer Hochwohlgeboren was ich über den Aufenthalt Ihres Herrn Vaters in Breslau weiß; leider ist dies nicht viel, weil damals Kunstberichte selten gedruckt wurden; doch wird es durch mündliche Auskunft älterer Bekannten ergänzt. Ich selbst lebte damals noch nicht.

1.) das Breslauische Theater gehörte seit 1797 einer priviligirten Actiengesellschaft, die ein Gebäude besaß, worin bis 1841 gespielt worden ist, das aber jetzt nicht mehr steht. Von 1801 bis 1804 führte die Direction der Regierungssecretär Streit, Musikdirector war Ebell. Die Oper war leidlich, wenigstens hatte man einzelne ausgezeichnete Sänger. 1804 legte Streit sein Amt in die Hände des Professors Rhode, Ebell ging ab und widmete sich einem anderen Berufe. Vogler in Wien empfahl Carl Maria von Weber, der zu Anfang 1804 unrichtig! Noch am 14. Juni war er laut Brief an seinen Freund Ign.Thaddäus Susann in Augsburg. in Breslau eintraf Weber trat angeblich am 11. Juli seine Musikdirektoren-Stelle an; der früheste Beleg für seine Anwesenheit in Breslau ist sein Konzert am 17. Juli 1804. und bis Mitte 1806 die Musikdirectorstelle versah. – Er änderte die Ordnung, worin die Orchestermitglieder gesessen hatten und verstärkte ihre Zahl, auch die des Chors. Berichte über das Theater u. musikalische Aufführungen in Breslau (wahrscheinlich von Ebell) stehn in der Leipziger Allgemeinen Musikalischen Zeitung, Jahrgang 1804, 1805, 1806. Weber's feurige Direction wird gerühmt; doch getadelt daß er seine Aufmerksamkeit allein auf das Orchester und gar nicht auf die Sänger wende; die Wahl der Tempi fand man oft zu schnell Kahlerts Angaben zu Weber stammen weitgehend aus dem Weber-Artikel in A112534. Man darf freilich nicht vergessen, daß Weber erst 18 Jahr alt war, und zum Erstenmal an der Spitze eines Orchesters viele ihm noch fremde klassische Werke einzustudiren hatte. Jedenfalls waren jene zwei Jahre für ihn selbst sehr lehrreich. Das damalige Repertoir zeigt die besten deutschen und französischen Opern.

2.) der Dramaturg des Theaters, Professor Rhode, Lehrer an der Kriegsschule, ein geborner Braunschweiger und Freund Lessing's, war ein Freund Weber's, für den er einen Operntext Rübezahl dichtete. Derselbe ist großentheils abgedruckt in Rhode's Wochenschrift Der Breslauer Erzähler 1805, keine ausgezeichnete Arbeit, begeisterte aber Weber so sehr, daß er sich lange damit beschäftigte; wenigstens zeigte er viele Es sind nur Ouverture, 1 Chor, 1 Arietteu. 1 Quintettdavon vorhanden. Nummern noch 1809 dem in Stuttgart anwesenden Spohr, der sie aber (nach Spohr's Selbstbiographie) etwas dilettantisch fand. Vollendet ist die Oper nie worden. Die bekannte einzelne schöne Ouvertüre Zum Beherrscher der Geister soll dazu gehört haben. Ich möchte dies bezweifeln, weil diese Ouverture Spuren einer späteren Periode an sich trägt. Die Ouvertüre zum Beherrscher der Geister ist die zu Rübezahl; Weber aber hat die alte Ouverture zu Rübezahl im Jahre 1811 zu der zum Beherrscher d. Geister gänzlich umgearbeitet.

3.) Weber's nächster Freund war Friedr. Wilhelm Berner, damals 24 Jahr alt, ein genialer Musiker, Orgelspieler, Komponist, der ihm mit Rath zur Seite stand, wohl aber auch manchen lustigen Streich mit ihm ausgeführt haben mag. Mein Aufsatz in Holtei's Buch ist buchstäblich wahr; die Vergiftungsgeschichte Siehe auch Max v. Weber's Lebensbild seines Vaters Bd. I. pag. 103 u. 104 steht auch in der kleinen Biographie Berner's von Hientzsch (1828). Ich habe Berner selbst wohlgekannt; er dedicirte Weber'n eine Klavierphantasie über Freischützthemata u. sprach oft u. mit Liebe von ihm.

4.) Als Klavierspieler hat, so viel ich ermitteln konnte, Weber sich in Breslau öffentlich nicht hören lassen, Auftritte Webers als Pianist sind in Breslau dokumentiert am 17. Juli 1804, 11. April 1805, 27. Juli 1805, 24. August 1805, 3. April 1806 und 21. Juni 1806. obgleich zwei Abonnementsconcerts bestanden. Er stimmte mit dem Director, dem Kapellmeister Schnabel nicht zum besten. Dies beweist der Umstand, daß, als Schnabel Haydn's Schöpfung zur Osterzeit im großen Concertsaal aufführte, Weber dasselbe Oratorium im Theater gab. Der Gründonnerstag war Weber in seinem Anstellungsvertrag als Termin für ein Benefizkonzert im Theater zugebilligt worden. 1805 führte Schnabel am Gründonnerstag (11. April) Haydns Schöpfung in der Aula Leopoldina auf, Weber gab am selben Tag im Theater eine Konzertakademie. Zwei zeitlich benachbarte Aufführungen der Schöpfung gab es 1806: am 3. April (wiederum Gründonnerstag, also parallel zu Webers Benefiz im Theater) durch Schnabel sowie am 1. April durch Jan Janeczek (jeweils in der Aula Leopoldina).

5.) Im Frühjahr 1806 kündigte Weber der Theaterdirection seinen Contract. Es hatte Mißhelligkeiten gegeben, weil er auf Engagements von Künstlern bestand, welche den Etat überschritten u. die Direction auf Ersparnissen beruhte.

6.) Carlsruhe bei Brieg ist eine seit 1748 bestehende Colonie des Herzogs von Württemberg-Oels. Als dessen Haus 1792 ausstarb, ging Oels als Staatslehen an Braunschweig über und Carlsruhe als Allodial-Gut an einen Vetter, den Herzog Eugen von Württemberg, preuß. General, der es sehr verschönerte. Er baute dort viel, z. B. ein noch stehendes Schloßtheater, hielt eine gute Kapelle, wie dies damals bei den hohen Herren Sitte war, und beschützte die Musik um so mehr, als seine Gemalin selbst sehr gut Clavier gespielt haben soll. Im Winter zur Karnevalszeit kam der schlesische Adel gewöhnlich in Breslau zusammen, wo es viele Lustbarkeiten gab. Im Winter 1805–6 mag er Weber'n hier persönlich engagirt haben. – Im schlesischen Tonkünstler-Lexikon von Kossmaly (1845) heißt es im Artikel Carlsruher Capelle: Die Mozart’schen d'Allayrac’schen und andere Operetten seien von Weber gegeben worden. – Weber verließ Breslau im Sommer 1806; seine Stelle nahm später Bierey ein, der sie 20 Jahre lang bekleidet hat. – In Carlsruhe traf Webern das Unglück, daß sein Vater erkrankte und starb; Falsch! – Franz Anton v. Weber starb zu Mannheim 1812, am 16. April er ruht auf dem dasigen Kirchhof. (also auch falsch.) In Carlsruhe starb am 22. August 1807 Franz Anton von Webers Schwester Adelheid von Weber. Ob er einen Denkstein hat, weiß ich aber nicht. – Im Herbst rückte der Herzog mit dem preuß. Reservecorps den Franzosen entgegen, ward (17. Oct.) bei Halle geschlagen, kam nach Carlsruhe zurück, wo Theater u. Capelle aufgelöst wurden. Das Theater war nicht erst 1807 kriegsbedingt, sondern bereits im Frühjahr 1806 geschlossen worden; vgl. Schlesische Provinzialblätter, Bd. 43, 5. Stück (Mai 1806), S. 487. Die meisten Musiker wurden in anderen Beschäftigungen untergebracht, wenige ganz entlassen. Im Dezember kamen die Franzosen nach Schlesien. Der Herzog ging nun nach Stuttgart zu seinem Bruder, dem neuen König u. behielt Weber als seinen Sekretär bis 1809 bei sich. Falsch! – Herzog Eugen empfahl Weber nach Stuttgart, wo er Geh. Secretär bei des Herzogs Bruder Hzg. Louis v. Württemb. wurde. (Spohr betitelt ihn so in seiner Selbstbiographie. Etwa 1810 ging Weber zu Vogler nach Darmstadt.

NB. In der Rheinischen musikalischen Zeitung redigirt von Bischof, Jahrgang 1853, No 20 steht ein beachtenswerther Brief v. C. M. v. Weber an Nägeli (aus Mannheim 1810) Abgedruckt in Nohl's Musiker-Briefen pag. 178.

Des Herzogs ältester Sohn (d. h. des Herzogs Eugen) geb. 1788 ging in russische Dienste u. hatte als General 1813 viel Theil am Siege bei Culm. Er war leidenschaftlicher Musiker, mit Weber fast in einem Alter und hat schon damals eine Oper Leonore, die Geisterbraut zu komponiren begonnen, die erst nach 25 Jahren vollendet, 1841 in Breslau gegeben ward. Er nahm 1821 seinen Wohnsitz wieder in dem so lange einsamen Carlsruhe, errichtete wieder seine Kapelle und starb 1855.

7.) Weber sagt, er habe in Carlsruhe zwei Sinfonien geschrieben; ich kenne nur eine, (C dur) beide stehen in C dur die schon, bevor sie im Druck erschien, in Breslau durch Berner zuweilen gegeben wurde. Sie erinnert an Vogler. Die Vorliebe für Horneffecte, die Weber stets behielt, zeigt sich schon da.

Dies ist es, was ich Ihnen mitzutheilen hätte, allerdings wenig genug. Auf Ihre Arbeit freue ich mich sehr. Ein chronologisches Verzeichniß von Webers Originalbriefen (wie Jahn bei Mozart gab) dürfen wir wohl erwarten. Auch ein genauer Catalog seiner Werke mit Jahreszahlen u. Verlagsangabe ist dringendes Bedürfniß.

Mit größter Hochachtung beharre ich Ew. Hochwohlgeboren ergebenster Dr. Kahlert.

N. S.

Sollten sie vielleicht gelegentlich das Fräulein Adele Lessmann sehen, in deren Hause ich vor langen Jahren Ihre Frau Mama kennen zu lernen die Ehre hatte, so darf ich wohl ergebenst bitten, mich ihr gehorsamst zu empfehlen.