## Title: Julius Miller: Erinnerungen an Carl Maria von Weber (Auszug aus der Autobiographie) ## Author: Miller, Julius ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032753 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ […] Wir stifteten einen musikalischen Klub, der wöchentlich in dem sogenannten Sch  garten an der Ohlau in dem Gartensaal zusammen kam. Hier waren alle musikalischen Genies von Breslau zu finden, unter Andern ein gewisser Scheibler, der neben seiner Musik ein wissenschaftlich gebildeter Mensch war. Der Anfang wurde jedes Mal mit der Ouverture zum Don Juan gemacht, welche nach der Anordnung Webers auf die Worte „Ach um alles in der Welt! Clara, Herr von Heinzenfeld!“ aus dem „Neuen Sonntagskind“ gesungen wurde, was ein[en] Hauptspaß gab. – Dann wurde ein Thema zu einer Phantasie aufgegeben, die Weber oder Berner begann. Mitten darinnen bei einem verminderten Septimenaccord stand der Eine auf, der Andere setzte sich hin, griff in diesen Accord ein und führte das Thema bis zum Schluß durch. Beide waren in der Phantasie eben groß, und nie habe ich wieder so etwas gehört. Hummel und Moscheles phantasirten ebenfalls recht gut; aber die Art, wie sie ihre Themata verarbeiteten, und ihre Zwischenspiele blieben sich fast immer gleich; das war bei Weber und Berner nicht der Fall; ihre harmonischen Wendungen war[en] immer neu. Auch wurden musikalische Vorträge gehalten. Zum Schluß wurde voltigirt. Im Saale befand sich ein großes ledernes Pferd, worauf wir alle voltigirten. Es war um sich todt zu lachen, wenn der lahme Weber in bloßen Hemdsärmeln angehinkt kam und von hinten auf das Pferd sprang. Nach diesem kam der Ungar-Wein und die Anekdoten begannen, was bis tief in die Nacht hinein dauerte. – Beim Nachhausegehen nahmen wir eine lange Stange, die wir die „Theepflanze“ nannten; die nahmen wir zwischen die Beine und ritten nach der Stadt; damit wurde zuweilen bei einem Bekannten im zweiten Stock an’s Fenster gepocht. Nie vergesse ich diese schöne Zeit! […]