Theuerster Freund!
Ich habe Ihnen lange keine Nachricht von meinem Thun und Treiben gegeben, desto
fleißiger aber an Sie gedacht. auch Heute kann ich mein langes Stillschweigen nicht
durch eine ausführliche Relation meiner Abentheuer einiger maßen wieder gut machen,
denn ich stekke schon geraume Zeit in einem unabsehbaren Schwall von Arbeiten. auch
verspahrte ich mir alles auf eine baldige mündliche Unterredung, indem ich Willens bin
von hier über Leipzig nach
Prag zu gehen. Mein hiesiger
Aufenthalt zieht sich wieder alle meine Erwartung in die Länge, der Prinz Friedrich ist erst vor wenigen Tagen von
seiner Reise zurükgekomenZur Reise nach Karlsbad, Spa und München vgl. den Kommentar zum Brief an J. Gänsbacher vom 25. November 1812., und will mich nun auch noch etwas fest halten, welches
ich mir einestheils gefallen laße, da ich nicht leicht einen ruhigeren Plaz zum
arbeiten finden könnte. Unsre Hymne ist Gott sey dank
vollendet. ich habe sie mit großer Liebe und Fleiß gearbeitet, wovon ich Ihnen zur
Zeit Rechenschaft ablegen werde. Sie erhalten sie in einigen Tagen durch H:
Kühnel, dem ich ohnedieß etwas zuzusenden habe. Sie wird 15
bis 16 Minuten spielen. Sie können sie also sogleich ausschreiben laßen damit sie
ihrer Bestimmung gemäß am NeujahrsTage gegeben werden kann. Mein Wunsch nebenher ist,
zu derselben Zeit in Leipzig
einzutreffen und die Aufführung etwas zu leiten. auch möchte ich da ich keine
besondere Lust habe ein eigenes Concert in
Leipzig zu geben, gerne in
Ihrem gewöhnlichen Concerte gegen ein anständiges Honorar spielenWeber spielte am 1. Januar 1813 im Leipziger Gewandhaus sein neues 2. Klavierkonzert; zum Honorar vgl. den Tagebucheintrag vom 5. Januar 1813.. Ich wage es daher Sie mit der Bitte zu
belästigen, deßfalls mit denen übrigen H: DirektorenDer Leipziger Konzert-Direktion gehörten damals Johann Peter Platzmann (seit 1787), Christian Gottlob Einert (seit 1788), Christian Friedrich Hänel (seit 1789), Jacob Bernhard Limburger (seit 1799), Johann August Otto Gehler (seit 1800), Heinrich Blümner (seit 1802), Carl Christoph Schultze-Küstner (seit 1804), Johann Friedrich Rochlitz (seit 1805) und Jacob Ludwig Gaudlitz (seit 1811) an. zu sprechen, und mir zu schreiben welchen Tag
ich ohngefähr in Leipzig eintreffen
müste. — Wenn Sie nicht die Idee haben daß die Hymne einzig und allein
zuerst im Leipziger
Concert gegeben werden soll, so würde es mich freuen wenn
Sie nichts dagegen hätten, daß ich sie nach Mannheim, auch zur
NeujahrsFeyer im Museum schikkeZu der Auseinandersetzung um die Hymne mit Gottfried Weber vgl. den Brief an ihn vom 9. März 1813.. Sie müsten aber darin wann immer ganz offen Ihre
Meinung sagen.vielleicht ist es Ihnen lieber wenn sie zuerst blos in
Leipzig gegeben wird.
Nach Weimar bin ich unterdeßen einmal
von der Grosfürstin berufen wordenVgl. die Tagebucheinträge vom 26. Oktober bis 6. November 1812.,
habe ihr Lectionen gegeben, und einen schönen brillantenen Ring
erhalten. Was manche Leute dazu für Gesichter machten können Sie denken. Bey meiner
Abreise von hier muß ich wieder einige Tage in Weimar zubringen. ich sehe
mit Sehnsucht Ihrer Antwort entgegen. der Himmel gebe daß Ihnen die Hymne Freude
mache. Sie haben wohl schon anunleserlicher gestrichener Wortbeginn ihrer Beendigung gezweifelt. die schnell aufeinander folgenden Geburtstage machen mich ganz toll im Kopf, Heute ist des Prinz Friedrich seiner. in einer Stunde Probe
von dem Concert auf den Abend, worin ich spieleZum abendlichen Hofkonzert, in dem Teile des neuen 2. Klavierkonzerts erklangen, vgl. die Tagebuchnotizen.. Mein neues
Concert denke ich in
Leipzig zu spielen.
Nun leben Sie wohl bester liebster Freund empfehlen Sie mich Ihrer theuren Gattin aufs herzlichste, und denken Sie zuweilen an Ihren Sie so innig verehrenden liebenden Freund
Weber.
Gotha d: 28t 9br
1812.