Wohlgebohrner Herr Hofrath!
Hochverehrter geliebter Freund!
Ein lieber Brief von Ihnen liegt noch zur Beantwortung vor mir. Obwohl ich nun mit großer Freude Ihnen zurufen kann daß bald ein dankbares Herz an Ihrem Theilnehmenden schlagen wird, kann ich doch die kleine Schuld nicht ungetilgt laßen. wie werde ich aber je die große tilgen? Nun, das will ich auch gar nicht, oder beßer gesagt, kann ich nicht. und einem Manne wie Sie Dank schuldig zu sein ist eine Freude und keine Last.
Bald werde ich also der gnädigen Frau talentvolle Hand küßen dürfen, die sich so gerne mit meinen Noten beschäftigt; und ganz neu wird mir die Gesangs Gabe Ihrer Fräulein Tochter sein.
Mit Rührung habe ich Ihre Schilderung des lezten Abends Ihrer Direktion gelesenSeit 1. Dezember 1821 war Mosel nur noch Vizedirektor des Burgtheaters; als letzte Vorstellung unter seiner Direktion im Kärntnertortheater wurde am 30. Dezember 1821 der Freischütz gegeben.. Wie wird das alles werden? und kann je aus diesem schwankenden Zustande – der eine Verpachtung immer bleibt – etwas Gutes für die Kunstpflege hervor gehn?
Während Sie so gütig waren, mir H: Dr. v: Haser zum Führer meiner Unterhandlungen vorzuschlagen, hatte H: Treitschke das Wort für die Administration nehmen müßen, und sich mir dabey wirklich mit einer Offenheit und Theilnahme bewiesen, die ich ehrend anerkennen muß. Wir sind nun endlich aufs Reine. die Bedingungen, die Sie durch Freund Treitschke wohl schon wißen werden, sind anständig, so wie die ganze Art der Unterhandlung. Es ist möglichdaß ich, hätte ich recht markten wollen, noch mehr bekommen hätte. ich glaube auch wohl das R: mehr bekömt. aber dafür bleibt mir auch das Eigenthums Recht, und mich dem eben Genannten direkte gegenüber zu stellen widerstritt mein Gefühl.
d: 26 und 28t ist nun endlich auch hier der Freyschütz mit großer Theilnahme gegeben worden. und selbst das nie Gehoffte fand Statt. – daß er meinem Allergnädigsten Herren gefielVgl. dazu auch den Tagebucheintrag vom 28. Januar 1822..
Sollte man nicht billiger weise vor künftigen Arbeiten zittern, bei diesen vielen Erfolgen?
Spohr ist nach Kaßel gegangen. ich habe die Freude gehabt die Veranlaßung dazu sein zu dürfen. Der Fall seiner Zemire und Azor in WienVgl. dazu auch Webers Briefe vom 3.(–8.) Januar 1822 an Treitschke sowie vom 12. Januar 1824 an Spohr., hat mir sehr leid gethan. Es ist ein so tüchtiger Künstler, und braver Mensch.
Die versprochenen 3 Hymnen hole ich mir nun selbstVgl. die Tagebuchnotiz vom 4. Februar 1822; gemeint sind die Drey Hymnen aus dem Trauerspiele Butes von Matthäus von Collin, erschienen in Partitur bei Steiner in Wien (VN: 3380); Rezension von Rochlitz in AmZ, Jg. 24, Nr. 40 (2. Oktober 1822), Sp. 645–649. Das Exemplar mit eigenhändiger Widmung Mosels an C. M. von Weber bot Richard Zeune 1864 in seinem Catalogue de Musique (S. 9, Nr. 223) zum Kauf an.. ich freue mich überhaupt recht darauf, viel von Ihnen zu hören.
Haben Sie Dank daß Sie meine Oper eines Plazes in Ihrer Samlung würdigtenGemeint ist der laut Tagebuch am 20. November 1821 versandte Klavierauszug., in solcher Umgebung muß ihr wohl sein.
Und nun für kurze Zeit ein herzliches Lebewohl. Meine gute Lina erwiedert mit herzlichkeit Ihre gütigen Grüße, und ich bin immerdar und stets mit gleicher Treue und Verehrung
Ihr
liebender Freund
CMvWeber
Dresden d: 1t
Februar 1822.