Mein theurer Freund!
Haben Sie zuerst herzlichen Dank für Ihre Theilnahme, und dann dafür daß Sie mir Gelegenheit gaben wiederholt von der Aufführung einer Ihrer Opern zu sprechen.
Sie kennen unsere Stellung ja selbst genau. Faust dürfen wir dem Hof nicht bringen. in Zemire und Azor hat die
Devrient in Wien Ihnen die
Zemire verdorbenZur Premiere der Oper am Wiener Kärntnertortheater (20. Dezember 1821) vgl. u. a. AmZ, Jg. 24, Nr. 4 (23. Januar 1822), Sp. 58f. sowie Allgemeine Musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat, Jg. 5, Nr. 104 (29. Dezember 1821), Sp. 824–826.; ist es ihr da zu verdenken wenn sie sich nun davor scheut sie wieder zu geben?
Nun bleibt uns Jessonda. Sie kennen unser Personale. wie würden Sie es besezzen? ich bitte Sie herzlichst mir darüber und über Zemire Ihre Meynung zu schreiben. Endlich muß ich noch bemerken, daß Mad. Devrient hoch
schwanger ist, nur noch wenig singen kann, und wahrscheinlich erst im Februar niederkomtDer erste Sohn der Sängerin wurde am 12. Februar 1824 geboren; vgl. Webers Brief an Brühl vom 13. Februar 1824..
Sie sehen daß unsere Laage nicht eben die angenehmste ist. Was Sie von unserem Repertoir bemerken, ist nur zu wahr. ich kann dazu weiter nichts sagen als daß ich thue waß ich kann und was ich muß.
Seit meiner Rükkunft von Wien d: 10t 9ber bin ich allein im Dienst, da
Morlachi in ItalienMorlacchi hatte einen Opernauftrag für Venedig (Ilda d’Avenel); er war im November 1823 abgereist (vgl. Webers Brief an Michael Beer vom 27. September 1823) und kehrte erst im September 1824 nach Dresden zurück (vgl. Webers Tagebucheintrag vom 10. September 1824)., und Schubert ohne Hoffnung krank ist. Was dieses bei unserem so vielfach durchschlungenen Dienst mir für zum Tod ermüdende Arbeit bringt, brauche ich Ihnen nun wohl nicht erst zu erklären. Es ist unbegreifflich daß meine Gesundheit dabei besteht.
Wenn Sie Euryanthe bekommen, so sehen Sie sie mit Nachsicht des Freundes an. Gepriesen ist sie allerdings von Manchen worden, von noch Mehreren aber angefeindet.
Beide mögen in der Sache zu viel thun, und es wird noch manches Wort darüber sich hin und her kreuzzen.
Auf den Wunsch Ihrer geehrten Intendanz, erlaube ich mir folgende Bedingungen vorzuschlagen.
1t den gewöhnlichen Revers.
2t Ein Honorar von Vierzig Fried: dor.
3t wird zugleich ein an den Komponisten mit einzusendendes von der verehrlichen Intendanz näher zu bestimendes Honorar, für die Dichterin
der Euryanthe zur Bedingung gemacht.
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Da Sie, mein sehr lieber Freund mir nichts Näheres über Ihre liebe Familie schreiben, sezze ich voraus daß alles wohl ist. auch bei mir geht es ziemlich gut. Max
leidet zwar sehr an seinen Zähnen, aber er gedeiht doch im Ganzen sichtlich. Meine Frau grüßt herzlichst. Wie gerne möchte ich
einmal recht ausführlich mit Ihnen plaudern; besonders auch über meinen lezten Aufenthalt in WienVom 21. September bis 5. November 1823., der wunderlich, interreßant war. Welch ein Gähren der Gemüther,
welche vorsäzliche Wiederspenstigkeit mancher Klaßen in Kunstsachen. — die Welt liegt wohl im Argen.
Laßt uns Geduld haben, und die Ohren steif halten. Mit herzlichster Liebe und inniger Achtung stets
Ihr Weber.
Dresden d: 12t Januar 1824.