WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Städtecharakteristik: Darmstadt Carl Maria von Weber Veit, Joachim Stadler, Peter

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Carl-Maria-von-Weber-Gesamtausgabe
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Machine-Readable Transcriptions of Newspaper Articles about Music and Theatre Performances in the early 19th Century

Weber lobt den kunstliebenden Großherzog und das passable Orchester; allerdings mangle es an musikalischer Begeisterung bei der allgemeinen Bevölkerung; benennt noch einzelne bedeutende Künstlerpersönlichkeiten wie Wohlbrück und Schönberger Zuschreibung: autographer Entwurf (s. Überlieferung) und vgl. Bartlitz, S. 65; Vermerk im Redaktionsexemplar im DLA Marbach: v. Weber; lt. TB, 20. April 1811 an Cotta geschickt; vgl. außerdem Briefe Webers an Cotta vom 29. Januar 1811 sowie Brief von Weber an Gottfried Weber vom 27. Februar 1811 Korrespondenz-Nachrichten Darmstadt, April Morgenblatt für gebildete Stände 5 118 17. Mai 1811 472 Fraktur Kaiser (Schriften), S. 155–157 (nach ED, ergänzt durch ersten Absatz aus Entwurf) (Nr. 21) D Berlin Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Musikabteilung Mus. ms. autogr. theor. C. M. v. Weber WFN 6 (IV), Bl. 34a/r – 34b/r oben

über dem Manuskript Kunstzustand in Darmstadt. Incipit: Ich möchte hier wohl mit dem Hettmann in Benjowsky sprechen; keine Datierung

auf Bl. 1r bis Bl. 2r oben eines DBl. (Format 33x20,3 cm, WZ: Lilienblüte, Gegenmarke: MH; Kettlinien ca. 2,6 cm, graues Papier); von Weber mit S. 39–41 paginiert; Vermerk Webers über ED im Autograph

HellS II, S. 65–68 MMW I, S. 243–245

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Deutsch Niederschrift vermutlich Februar 1811 (nach KS und Brief an G. Weber vom 27.02.); 20. April 1811 (laut TB Absendung an Cotta) geprüft, Kommentar mit link eingefügt, Status erhöht mit Entwurf verglichen und Abweichungen als Apparat vermerkt editor. Kommentar eingefügt Text eingefügt, ausgezeichnet und Korrektur gelesen nach ED mit Schriftenliste abgeglichen Initiale Transformation aus der Schriftenliste.xml (Ticket #813)
Korrespondenz-Nachrichten.Kunstzustand in Darmstadt. Darmstadt, April.

Ich möchte hier wohl mit dem Hettmann in Benjowsky sprechen, wenn ich sage, KunstZustand in Darmstadt, so verstehe ich darunter, daß die Kunst eigentlich gar keinen Zustand in Darmstadt hat, und so ist es auch leider bis jezt beynah gewesen, und würde es auch noch geblieben seyn, wenn nicht die Gründung des neuen Hoftheaters eine günstige Revolution hervorzubringen verspräche.Vgl. Dismas Fuchs, Chronologisches Tagebuch des Grossherzoglich Hessischen Hoftheaters, von der Begründung bis zur Auflösung desselben, ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Schaubühnen, Darmstadt 1832 sowie Ernst Pasqué, Musikalische Statistik des Grossherzoglichen Hoftheaters zu Darmstadt von 1810–1868 und der Krebs'schen Epoche von 1807–1810, Darmstadt 1868 (s. BSB digital)

Es gibt gewiß wenige Fürsten, die mit so vieler WärmeLiebe und Wärme die Kunst pflegenpflegten, als Se. Hoheit der Großherzog. Besonders in musikalischer Hinsicht, wo ihm als Kenner ein kompetentes Urtheil zusteht, ist seit ein Paar Jahren durch anhaltenden Eifer bedeutend viel geleistet worden; das Großherzogliche Orchester zählt sehr brave Mitglieder (worunter der dirigirende Konzertmeister Mangold als achtungswerther Violinspieler besonders auszuzeichnen ist), und wird von einer Anzahl Liebhaber aus allen Ständen, von Se. Königl. HoheitS. H: dazu aufgemuntert, fleißig unterstützt, – so wie ebenfalls, was den Gesang betrifft, so ist außer ein Paar fürs Konzert engagirten Sängern, auch aus lauter Dilettanten ein sehr zahlreiches schönes Chor gebildet ist, das gewiß jedem Fremden beym ersten Anhören erfreulich imponirtimponiren wird.

Mit diesen vereinten Kräften wurden sonst wöchentlich 3 bis 4 sogenannte Konzert-Proben im Großherzogl. SchlosseVon diesem wurden sonst vereint alle Wochen 3 bis 4 sogenannte Concert Proben veranstaltet, wo größere Musik-Stücke, als Opern, Oratorien, Kantaten etc. aufgeführtdie Macht der Töne von Winter, der Tod Jesu von Graun, und auch Opern ausgeführt wurden, und wozu nur wenigen Zuhörern der Eintritt gestattet war.wurde, eigentliche öffentliche Concerte hatten schon seit langer Zeit nicht Statt, daher ich auch oft an andern Orten scherzweise hörte, in Darmstadt sey eine ewige Probe ohne Aufführung. Der Großherzog wohnte selbstS: H. der Großh: wohnten allen diesen Proben bey, und war, indem er in einer Partitur nachlas, aufs eifrigste für die Richtigkeit des Vortrags besorgtindem Er in einer Partitur nachliest, ist er selbst aufs eifrigste besorgt daß der Vortrag präzis und mit Licht und Schatten ausgeführt wurde. Die ungemeine Herablaßung und Artigkeit die er dabey beweißt, muß ihm gewiß die Liebe aller seiner Untergebenen erwerben. Das Auffallendste war Ref. ein Piano, dergleichen er noch von keinem Orchester gehört zu haben sich erinnert, doch steht es auchdeßen er sich noch nie erinnert von einem Orchester gehört zu haben es ist wirklich manchmal, besonders nach Forte-Stellen, nichta né plus l'entendre und deßwegen wohl auch nicht immer an seinem Platze, weil die Mittel-Tinten verloren gehen, und es sich selbst seinen Eindruck schwächt. Auch vermißte Ref. ein kräftiges tönendes Forte, aus Mangel an guten Ton aus ihren Instrumenten ziehenden Geigern und Violoncellisten; was das Frankfurter Orchester so sehr troz seiner viel geringern Anzahl erhebt. wirdwürde diesem Mißstande abgeholfen, wie man es sich von den Einsichten Se. Hoheit erwarten kann, so darfkönnte sich das Darmstädter Orchester zu den bestenersten Deutschlands zählen. Die ungemeine Herablassung und Artigkeit, die Se. Hoheit der Großherzog übrigens bey allen diesen Gelegenheiten beweist, muß Ihm gewiß die Liebe aller seiner Untergebenen erwerben.

Trotz aller dieser Aufmunterungen von Seiten des Regenten, troz aller guten Beispiele ist doch nicht der eigentliche Musik-Sinn in Darmstadt zu finden, der sich in den kleinen häuslichen Zirkeln am lebhaftestenCirceln ausspricht, wo das Bedürfniß und der Drang zur Kunst die Menschen vereint, unter einandersich Musiker, als Quartette etc. zu veranstalten. Man sieht da die MusikNein, man sieht die Musik gleichsam als eine Art von Dienstpflicht an, die man übt, um sich dem Herrn gefällig zu zeigen; und kaum ist die Probe vorbey, so ruht das Instrument unberührt bis zur nächsten.

Daß diese Kälte endlich schwinden, und allgemeiner die Liebe für das Schöne erwarmen möge, wünscht Ref. von Herzen, und hofft es auch nach und nach von demvon dem nach und nach wohlthätig wirkenden Einflusse des Theaters und der dadurch nothwendig größeren Anzahl von guten Künstlern, die Darmstadt bewohnen werden. Es ist zwar keine Kleinigkeit, ein neues Theater gutein gutes Theater zu organisieren, und hier bedarf es vor allem eines thätigen, sachkundigen Direktorsscheint es vor allem an einem thätigen Sachkundigen Direktor zu fehlen, aber der feste Wille Se. Hoheit des Groß-Herzogs, der dahin zu gehen scheint, eine wahrhaft gute BühneSchaubühne zu besitzen, wird gewiß alle Schwierigkeiten besiegen.

An Hrn. Wohlbrück hat mandie Bühne seit kurzem eine interessante Acquisition gemacht, und von solchen einzelnen braven Künstlern kann man den vortheilhaftesten Einfluß auf die Bildung des Ganzen erwarten. Auch Mad. Schönberger entzückte auch in einigen Rollen das PublikumMarianne Schönberger gastierte am 21. Juni 1810 als Belmont in der Entführung aus dem Serail, am 22. Juni als Loridan in Camilla und am 25. Juni als Murney im unterbrochenen Opferfest in Darmstadt; vgl. 1810-V-09, und die Darstellungen von der Entführung aus dem Serail, und der drey Sultaninnen, die Ref. zu sehen das Vergnügen hatteVgl. TB 21. Juni 1810 und 13. Januar 1811, waren wirklich schon recht gediegen und vielversprechendsehr gediegen und ungemein vielversprechend. Besonders sind die Chöre, die aus lauter der Kunst neugeworbenenneu der Kunst geworbenen Mädchen und Jünglingen bestehen, und deren Anzahl an die 50 ist, – unter der Leitung des braven Sängers Markwort, in der unglaublich kurzen Zeit von ein Paar Monaten so gereift, daß binnen Kurzem wenigekein Theater Deutschlands sich eines solchen Chores zu rühmen haben werdenwird zu rühmen haben. Kurz, es fehlt durchaus an keinen Mitteln, einen schönen Zweck zu erreichen, und daß diese gehörig benutzt werden mögen, wünscht Ref. von Herzen, zur Freude des kunstliebenden Herrschers und zur Bildung des guten Geschmackes.