## Title: Max Maria von Weber an Giacomo Meyerbeer in Berlin. Chemnitz, Donnerstag, 11. Juni 1846 ## Author: Weber, Max Maria ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A045701 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Chemnitz den 11 Juni 46. Hochverehrtester Herr Meyerbeer Nur die dringendste Arbeit, Reisen und überhäufte Berufsthätigkeit haben mich abhalten können, Ihnen schon längst einmal den herzlichsten Dank für die freundliche Theilnahme auszusprechen, die Sie mir bei meiner Vermählung gezeigt haben. Es ist immer erfreulich an Tagen, wo eine mächtige in unser Leben eingreifende Begebenheit uns empfänglicher für jede Empfindung macht, einen reichen Kreis theurer und lieber Personen um uns versammelt zu sehen, auf deren Gesichtern man das Mitgefühl für unser Leid und unsre Freud lesen kann, das ihr Herz hegt; weil durch diese frohe Anschauung unsre Freude erhöht unser Leid, in dem Gedanken an den Schatz von Liebe, den wir besitzen, gemindert wird. Gesellen sich aber zu diesem Kreise Persönlichkeiten, die wir außerorndlich hochschätzen, deren Talente wir bewundern, oder deren Ruhm und Stellung einen Standpunkt in der Welt erweisen, daß wir mit froher Genugthuung, sie zu unsern Freunden zählen zu können, zu ihnen hinaufsehen, dann wird ein solcher bedeutungsvoller Tag zugleich ein Tag der Weihe für kräftige Gedanken und | rüstige Bestrebungen nach dem Ziele einst solche Persönlichkeiten, nicht in frommer Bewunderung, sondern in freundlicher, hochachtender Genossenschaft als Freunde begrüßen zu können. Dieses Glücks haben Sie hochverehrter Herr Meyerbeer mich theilhaftig gemacht! Mit der frohen Zuversicht, daß der Geist meines Vaters um mich sei, der mir als bestes Erbe die Theilnahme guter und bedeutender Menschen hinterlaßen hat, hieß ich die Zeichen Ihres Andenkens willkommen und näher, als alles Andre, rückte mir an diesem Tage Ihr Name den werthen Todten, deßen liebster und seelenverwandtester Freund Sie gewesen sind. Nicht das allein, was wir selbst leisten, macht das Ganze des Bedeutungsvollen unsres Wirkens aus, sondern auch die Leistung, die wir sekundär durch unsere Thätigkeit, ja oft blos unsere Existenz, hervorrufen ist Verdienst, und was mir von nun an vergönnt ist, zu wirken, zu werden und zu vollenden, davon ist das Verdienst, mag es Ihnen auch immerhin unbedeutend scheinen, theilsweise das Ihrige, der Sie mir an einem Wendepunkte meines Lebens, durch Ihr Erscheinen schon, spornend, aneifernd und an mein Vorbild mahnend nun entgegen treten. Für Alles dieses meinen Dank der von Herzen kommt! Wollte Gott ich könnte ihn durch was andres als Worte aussprechen; vor Allem möchte ich's so können, daß sie mich meines Vaters und Ihres Freundes würdigen Sohn nennen müßten. Doch zu solcher | Würdigkeit thut es guter und ernster Wille nicht allein und ob mir die Gaben von Oben gegeben sind, darüber muß ich still harrend Belehrung von Zeit und Welt erwarten. Nächstens, so Gott will, hoffe ich Sie und die vielwerthen Ihrigen, die ich ehrfurchtvollst zu grüßen bitte, zu sehen denn endlich einmal führen mich meine Geschäfte wieder (einmal) nach Berlin, ohne die für jetzt, in den nächsten zwei Jahren, für mich nun keine Reise denkbar ist. Ich freue mich sehr alle meine Lieben und Werthen dort wiederzusehen und hege sogar die ganz leise Hoffnung, daß Mama mich und meine junge Frau begleiten wird. Dann ein Breites und Vieles über Vergangenheit Gegenwart und Zukunft! Für Jetzt sage ich Ihnen ein herzliches Lebewohl! Möge es Gott Ihnen und den Ihren recht wohlgehen lassen, uns aber stets Ihr liebevolles Gedenken erhalten. Sehen Sie Lichtensteins, so grüßen sie sie herzlich vor Allen aber Ihren Herrn Bruder Wilhelm, den in Dresden verfehlt zu haben, wir innigst bedauern. Gott mit Ihnen! Froh in der Hoffnung auf ein baldiges Sehen und Sprechen bin ichHochverehrtester Herr Meyerbeer Ihr redlich ergebener M M von Weber