## Title: Aufführungsbesprechungen Prag, Ständetheater ## Author: Bran, Friedrich Alexander ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031545 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Korrespondenz-Nachrichten.[…] | […] Prag. Kotzebue’s „Ubaldo“ und Körners „Rosemunde“ sind kurz nach einander auf unsrer Bühne erschienen, und zu unserm großen Befremden hat sich das erste – trotz seiner unwahren Charakterzeichnung, trotz der tausenderley Reminiscenzen an Emilia Galotti und selbst an die moderne Elise von Valberg – einer größern Theilnahme zu erfreuen, als Körners lebendiges Gemählde. Dieses tiefe Gemüth, das uns leider in der Zeit der ersten Blüthe schon wieder entrissen wurde, schien sich anfangs durchaus der dramatischen Form nicht anschmiegen zu können; seine erstern Stücke sind oft grell in der Erfindung, enthalten viele und lange Discurse; ja er war selbst mit dem Schmuck des Verses und Reimes so wenig haushälterisch, daß er beyde an Alltagsstoffe verschwendete. Alle diese Fehler sind am wenigsten in der Rosamunde zu finden. Interessante Gestalten erscheinen von unsern Blicken in steter Bewegung und in anziehenden Verhältnissen; ein widriges Geschick verfolgt den König, dem zur Seite eine ungeliebte Gemahlinn als böser Dämon steht, selbst die Hand der Söhne gegen den Vater bewaffnend – Am deutlichsten offenbart sich das Mißgeschick Heinrichs in dem Moment, wo sein eigner Sohn als Nebenbuhler ihm entgegentritt, und bewusstlos ihm auch das stille Glück geheimer Liebe vernichtet. Bis dahin ist das Trauerspiel höchst poetisch und von hinreißender Wirkung; aber die großmüthige Unvorsichtigkeit – die nur durch einen ähnlichen Zug in der Geschichte der neuesten Zeit entschuldigt werden kann – womit der König die schuldige Gemahlinn in Freyheit lässt, vernichtet die poetische Nothwendigkeit, und lässt Rosamundens Tod, der das Werk eines gewaltigen Schicksals als ersten und höchsten Elements der Tragödie seyn sollte, zur grellen Episode werden, wegen deren unnöthiger Herbeyführung man mit dem Könige zu grollen versucht wird. Was den Scenenwechsel betrifft, so ist Körner ganz das Widerspiel des sparsamen Oehlenschläger, und er ermüdet durch die zahllosen Veränderungen der Dekorationen. Die Besetzung der Rollen war vortrefflich, und man kann diese Vorstellung unter die gelungensten der hiesigen Bühne rechnen.