## Title: Bericht über die Berliner Erstaufführung der Euryanthe am 23. Dezember 1825 (Teil 3) ## Author: Anonymus ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031453 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Aus Berlin. (Beschluß).Ueber den Styl der Dichterin, über das gesuchte, gezierte, geschnörkelte, spielende, mehr deklamatorische und rhetorische, als lyrische und melodische derselben, ist ihr allgemein der Stab gebrochen worden. Gerade das, worein sie das Höchste setzte, von dem sie das Meiste erwartete, ist ihr sowohl als dem Komponisten zur Klippe geworden, welche von Letzterem umschifft werden mußte. Der Sirenengesang ist nicht im Gedicht, sondern in der meisterhaften harmonischen Komposition. – Die Darstellung war vorzüglich. Die ersten Male leitete Hr. Weber selbst. Jubel bei’m Erscheinen, Beifall während des Stücks, Hervorruf und Dank ohne Ende am Schlusse waren sein Lohn. Es war kein erbetteltes Lob, kein gemaltes kaltes Feuer; es war die volle Ergießung des Gefühls, der reine Enthusiasmus über das schöne Werk; mitunter vielleicht auch der entfesselte Busen, der sich einmal frei über ein Musikstück freuen durfte, welches uns der Neid so lange vorenthalten hatte. Daher kommt es denn auch, daß noch hie und da Urtheile einiger Spontinisten oder Spontonisten insgeheim spuken, daß die Enviante der Euryanthe gern die Beine unterschlagen, eine schwache Seite abgewinnen möchte; aber Gottlob, sie kann zu den hämischen Seitenhieben lächeln, und unser Satz, daß das allgemeine Urtheil einstimmig für sie ist, bewährt sich bei jeder Vorstellung von Neuem, und immer mehr und mehr. Wie stünde es auch um den musikalischen Geschmack, wenn sich solche Meisterwerke, wie Euryanthe und Jessonda, nicht über den Neid erhüben? wenn eben dieser Neid nicht dazu beitrüge, ihres Rufes Ruhm zu erhöhen? Hr. Spontini wird nicht vor Ostern zurück erwartet, und auch dann nicht einmal bestimmter Weise. Das Carneval ist ohne ihn angefangen, und wird ohne ihn enden. Er soll sogar die Partituren der Olympia und des Alcidor mit nach Paris genommen haben. Ob seine Olympia, welche dort durchfiel, mit den Veränderungen mehr Beifall finden, ob sein Alcidor, mit den Allegorien, der Verwirrung, der Länge und Breite gefallen wird, muß man abwarten. Hier wird er oft der ausgebrannte Vulkan genannt, und mit dem Komponisten im Hogarth verglichen.