## Title: Auszug aus einem Privatbriefe aus Wien ## Author: Anonymus ## Version: 4.11.0 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A031528 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Auszug aus einem Privatbriefe aus Wien.Am 21. März 1827.Noch muß ich Ihnen von einer – ich kann es nicht anders als Unverschämtheit nennen – Nachricht geben, welche in dem Kopfe eines Geldgierigen ausgeheckt, von einem Schriftsteller und einer Theater-Direction unterstützt, gestern zur Oeffentlichkeit gebracht wurde. Während Engländer und Franzosen sich beeilen, unsern verstorbenen Landsmann Weber noch im Grabe durch Vorstellungen zum Beßten seiner zurückgebliebenen Lieben, zu ehren, während auch mehrere deutsche Bühnen diesem edelmüthigen Beispiele gefolgt sind und nur unsere Stadt hierin noch zurück ist, wagt es der hiesige Kapellmeister der Josephstädter Bühne, den Klavierauszug der Oper „Oberon“ und das gedruckte Textbuch dazu zu kaufen, um den ersten selbst nach Gutdünken zu instrumentiren (in so fern er ihm nämlich zu seinem Vorhaben tauglich scheint), ihn mit neuen, eigenen Musikstücken zu vermehren; Herr Meisl gibt sich dazu her, das Buch umzugestalten und mit Kasperls Lustbarkeit zu bereichern und auf diese Art ward der Bastard gestern, mit neuen Gewändern angethan, im Josephstädter Theater, zum Beßten des oben nicht mit Ehren berührten Kapellmeisters aufgeführt. Sollte man es glauben, daß ein Künstler so wenig Achtung für einen Meister habe, daß er ihn auf diese Art noch im Grabe beschimpft. Die Herren möchten vielleicht das Ding für eine Parodie des Oberon ausgeben, allein es ist keine. Was soll eine Parodie dort, wo das Original noch nicht bekannt ist? Anklänge einer Musik machen nur dann in der Parodie Wirkung, wenn sie durch das Original veranlaßt, schon in Jedermanns Ohren nachklingen, und zudem sind, nebst der Ouvertüre, noch einige Musikstücke (versteht sich, nur in Hinsicht auf die Melodie, denn das Instrumentale hat ja der Herr Kapellmeister dazu – errathen,) Note für Note beibehalten worden. – Nein! Geld wollte der Benefiziant auf Kosten eines Verstorbenen einnehmen, und das hat er zwar erreicht, sich aber auch zugleich die Mißbilligung aller Edeldenkenden und Feinfühlenden zugezogen, welche sich bei der ersten Vorstellung (mit Ausnahme der Ouvertüre, welche ganz von Weber ist und auch wiederholt werden mußte,) laut aussprach.