WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: darunter <q>Die deutschen Ritter von Nicäa</q> (Die Kreuzfahrer) von Johann Gänsbacher, April 1813 Anonymus Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Ziegler, Frank

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Machine-Readable Transcriptions of Newspaper Articles about Music and Theatre Performances in the early 19th Century

Anonymus Der Sammler Ein Unterhaltungsblatt Seyfried, Joseph Ritter von Strauß, Anton Wien 5 76 13. Mai 1813 304 Fraktur

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Deutsch ggf. kleine Korrekturen und auf 'Grün' gesetzt Faksimile angelegt (#2657) Auszeichnungen und Dateititel ergänzt (#2657) Text angelegt nach Vorlage von Frank Ziegler.

Prag. – In der Osterwoche wurde unser Schauspielhaus, das in der That eines neuen Gewandes bedurfte, unter der Aufsicht und Angabe des Herrn Prof. Postel neu decorirt, und am 19. Aprill zum ersten Mahl wieder eröffnet mit dem Schauspiel: Die deutschen Ritter von Nicäa (die Kreuzfahrer), von A. v. Kotzebue, mit Musik von Herrn Gänsbacher. Die neue Ausschmückung des Hauses überraschte angenehm. Das Haus ist blau gemahlt, die Verzierungen grau in Weiß und Silber, die Drapperien aller Logen gleich von blauer Seide mit goldgelben Frangen; über der Obrist-Burggräflichen Loge ist der böhmische Adler im rothen Felde aufgestellt mit reichen Drapperien umgeben, die aber etwas düster aussehen. Eine Lampe-astrale, welche während des Stückes hinaufgezogen wird, beleuchtet das Haus viel besser, als ehemahls die sparsam vertheilten Wandleuchter. Nur schade, daß die Gallerie ein nicht eben sehr vortheilhaftes Geländer vorstellt, und die Decke gar nicht gemahlt ist, was vielleicht die Kürze der Zeit nicht erlaubte. Wer das Theater noch vor wenigen Wochen mit seinen großen schnäbelnden Tauben und dem buntschäckigen Quodlibet von Logenverzierungen sah, wird gerne gestehen, wie erfreulich diese Veränderung sey. Auch für das Stück, welches hier noch nie gegeben wurde, waren neue Decorationen gemahlt, und Costüms verfertigt worden. Mad. Liebich gab die Vorsteherinn, so wie Herr Liebich den Emir, und Herr Bayer den Balduin von Eichenhorst mit Auszeichnung; aber bewundernswerth war die Darstellung der Emma durch Mad. Löwe, die an diesem Abend sich selbst übertraf.

Den 22. Aprill debutirte Herr Ströbl als Baron von Wiburg in dem Schröder’schen Lustspiel: Stille Wasser sind tief. Dieser junge Mann zeigte sich in dem ersten Acte sehr unvortheilhaft; seine verstellte Dummheit war von der Art, daß man versucht wurde, sie für eine eigenste Eigenheit zu halten, und die Momente, wo er unbemerkt seine Individualität zeigen kann, wurden von ihm so grell markirt, von so gezwungenen Gesten begleitet, daß man sich vor dem Augenblick fürchtete, wo er als Officier und Cavalier auftritt; aber wir wurden recht angenehm überrascht, da Herr Ströbl in der Uniform sich recht gut benahm, und das Stück brav zu Ende spielte. Jene mißfällige Manier schien in dem Landjunkerrocke gesteckt zu haben, den er ablegte; und es war immer noch tröstlich, daß das, was wir für Mangel des Talentes hielten, nur ein Mißgriff war, den der junge Künstler in der Folge leicht vermeiden kann. Er ward zu Ende des Stückes hervorgerufen; auch Mad. Brede, welche die Baroninn sehr brav gegeben hatte, riefen mehrere Stimmen, aber statt ihr erschien Herr Allram, der den Lieutenant Wallen zerfleischt hatte, und annoncirte Schillers Räuber.

Es ist in der That in unserer Zeit, wo es an neuen guten Stücken so ganz fehlt, lobenswerth, die bessern ältern hervorzusuchen, aber damit ist für die Directionen auch die Pflicht verbunden, sie passend und ihrer würdig zu besetzen. Wenn aber ganz ohne Noth, bloß etwa um der Bequemlichkeit einiger protegirten Mitglieder zu fröhnen, die nicht gerne eine Rolle ohne Abgänge übernehmen, die Rollen elend besetzt sind, so muß das Mißfallen des Publicums erregt werden. Warum hatte nicht heute Herr Bayer die Rolle des Hauptmanns übernommen, für die er besser als Herr Löwe paßte? Warum spielte nicht Herr Brand den Kammerjunker, und Herr Wilhelmi den Lieutenant Wallen, zu der ein Schauspieler noch keineswegs geeignet ist, weil er den Hausmeister im Sonntagskind vorzüglich gibt. Solche Fragen dringen sich uns auf, so oft wir die Freude haben, ein gutes älteres Stück auf dem Repertoir zu finden; und da Herr Liebich uns schon oft bewiesen hat, daß es ihm an Einsicht und Urtheilskraft keineswegs fehlt, so ist es wohl ein verzeihliches Begehren, wenn wir hoffen, er werde unsere wohlgemeinten Fragen beherzigen und für die Folge unnütz machen.