WeGA, Rezeptionsdokumente, Digitale Edition Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: darunter <q>Carlo Fioras, oder: Der Stumme in der Sierra Morena</q> von Ferdinand Fränzl, Dezember 1813 Anonymus Veit, Joachim Stadler, Peter Übertragung Ziegler, Frank

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Machine-Readable Transcriptions of Newspaper Articles about Music and Theatre Performances in the early 19th Century

Anonymus Der Sammler Ein Unterhaltungsblatt Seyfried, Joseph Ritter von Strauß, Anton Wien 6 6 9. Januar 1814 24 Fraktur

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Deutsch ggf. kleine Korrekturen und auf 'Grün' gesetzt Faksimile angelegt, Auszeichnungen (#2657) Text angelegt nach Vorlage von Frank Ziegler.

Prag. – Den 14. Dec. wurde gegeben: Standesproben, Lustsp. in 5 A. von Babo. Dieß Stück ist bereits auf mehreren teutschen Bühne mit Beyfall aufgenommen worden, und zu bekannt, als daß es nöthig seyn sollte, den Inhalt desselben zu detailliren. Der Plan ist ziemlich neu, gut angelegt, und auch so durchgeführt; nur ist das Ganze etwas zu gedehnt, und der langen Conversation fehlt es an der muntern Laune und Lebhaftigkeit, die bey Stücken dieser Art das Interesse des Publicums fesseln muß. Die Besetzung der Rollen war sehr gut; vor allen zeichnete sich Mad. Liebich als Frau von Trespen, und Hr. Polawsky als Professor Flembach aus, welcher letztere seine Rolle so vortrefflich nuancirte, daß er überall, wo der Dichter Licht und Schatten zu schwach aufgetragen, diesen Mangel ersetzte. Hr. Bayer (Baron v. Mundenheim) und Hr. Löwe (Kaufmann Silberberg) schienen ihre Rollen etwas gleichgültig behandelt zu haben, und letzterer hatte sie durchaus nicht gehörig memorirt. Auch Mad. Brunetti schien sich in der Rolle der gelehrten Sophie nicht zu gefallen, und spielte sehr kalt; mit desto mehr Fleiß gab Mad. Löwe die haushälterische Julie, und Mad. Allram die militärische Charlotte. Nur Schade, daß bey der letztern die Geberden nicht immer passend und graziös sind. Das Stück erhielt getheilten Beyfall.

Den 19.: Carlo Fioras, oder: Der Stumme in der Sierra Morena, Oper nach dem Franz. frey bearbeitet von Vogl, mit Musik von F. Fränzel, k. bayer. Hofmusikdirector. Da diese Oper unsers Wissens noch auf keiner Bühne des österreichischen Kaiserstaates erschienen ist, so wäre es eigentlich unsere Pflicht, ein Detail ihres Inhalts zu geben; da jedoch die Intrique von so complicirter Art ist, daß zwey Productionen nicht hinreichend sind, dieß Labyrinth zu entwirren, so müssen wir in der That um Nachsicht bitten, und versprechen, wenn sie noch öfter gegeben werden sollte, und es uns möglich wird, die Faden zu entwirren, dem Publicum eine Übersicht, so klar als möglich mitzutheilen. Wir wollen uns daher begnügen, einstweilen unsere Meinung über die Composition dieser Oper – oder eigentlich dieser Anthologie von musikalischen Fragmenten – und über Rollenbesetzung und Durchführung auszusprechen. Leider enthält die Oper nur wenige Nummern, die nicht mit Remeniscenzen aus ältern Werken angefüllt wären, und was noch schlimmer ist, diese Stellen sind nicht immer mit Geschmack entwendet und wohl angebracht. Einige ganz alltägliche Stücke fanden Beyfall, während größere Gesänge, die in unrechte Hände gefallen waren, gar nicht bemerkt wurden, z. B. die Arie des Alfonso zu Ende des zweyten Acts, die sehr brav gearbeitet ist, aber sehr matt gesungen wurde. Hr. Siebert gab seinen Don Manuel d’Oliva besser, als wir es von ihm erwartet hatten; er sang recht brav, und es that den Anschein, als beherzige er die Wünsche aller Freunde der Kunst und seines Talents. Herr Grünbaum (Alfonso d’Oliva) sang wie gewöhnlich sehr schwach und etwas heiser. Mad. Grünbaum spielte zwar ihre Rolle sehr nachlässig, sang aber mit ihrer gewöhnlichen Kraft und Fülle, und wurde, wie immer, durch den rauschendsten Beyfall belohnt. Hr. Kainz behandelte den Don Juan de Barbastro ganz so, wie Zamosky in der Faniska, und da die Rolle an sich weniger charakterisirt ist, so war leicht zu erachten, daß er gar keinen günstigen Effect hervorbringen konnte. Hr. Liebich spielte den Stummen, Carlo Fioras; aber sein verschwenderisch von der Natur ausgestatteter Körper, das üppig gesunde Antlitz, alles dieß war nicht geeignet, diesen Unglücklichen als einen des Mitleids bedürftigen Gegenstand darzustellen. Mad. Allram spielte die Donna Barbara, eine gute, geschwätzige, alte Duenna, vorzüglich brav; nur wäre ihr anzurathen, ihre Bewegungen, die hier und da ihre Jugend verrathen, genau in Acht zu nehmen.

Den 21. zum Beschluß vor den Weihnachtsferien gab Mad. Schröder aus Hamburg zu ihrer ersten Gastrolle: Maria Stuart, Trauersp. von Schiller. Der große Ruf, der dieser verdienstvollen Künstlerinn voranging, berechtigte uns zu großen Erwartungen, und wir bezeugen mit Vergnügen, daß sie diese vollkommen rechtfertigte, und zwar in einer Rolle rechtfertigte, die wir von mehreren der ersten Künstlerinnen gesehen haben. – Eine Roose, Bethmann, Schröckh, Hartwig, Wimmer, Löwe haben hier Lorbeere geerntet; doch blieb auch für die Schröder noch ein Kranz übrig, welchen die Künstlerinn mit der zartesten Bescheidenheit empfing. Ihre Darstellung ist so wahr als kunstgerecht, ihre Declamation und der volle, runde Ton ihrer Stimme gibt ihr selbst in vielen Momenten einen Vorzug über ihre gegenwärtige, liebenswürdige Rivalinn, Mad. Löwe, die diese Rolle mit so vieler Würde gibt. Mad. Liebich (Elisabeth) und Herr Bayer (Leicester) unterstützten den braven Gast nach Kräften und Würden; nur Herr Polawsky als Mortimer war vehementer in Ton und Geberde, als es diesem anbethenden Schwärmer geziemet.