## Title: Aufführungsbesprechung Prag, Ständetheater: “Axel und Walburg” von Adam Gottlob Öhlenschläger, Januar 1815 ## Author: Anonymus ## Version: 4.9.1 ## Origin: https://weber-gesamtausgabe.de/A032091 ## License: http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/ Theater.Prag im Jänner – Axel und Walburg, Tragödie in 5 Aufzügen, von Öhlenschläger. Es ist schon so viel über dieß poetische Werk geschrieben worden, daß wir uns allerdings enthalten können, zu den vielen Kritiken noch eine hinzuzufügen; wir werden bloß die Besetzung der Rollen durchgehen, und, wo uns hie und da eine auf's Herz fällt, sie offen aussprechen. Herr Polawsky stellte das stürmisch aufgeregte Gemüth des Königs mehr wahr als schön vor, und man gerieth in der Scene mit Knud öfters in Besorgniß, dieser werde einige Schläge abkriegen. Herr Bayer spielte den Axel im Ganzen recht brav; nur in den Scenen mit Walburg schien er gar nicht von dem tiefen rührenden Gefühl durchdrungen, und schrie die Verse: Zehn neue laß ich wieder schmieden dir Für deine zarten Alabaster-Finger, Mit Perlen sollst du deine Haare flechten &c. mit Heftigkeit, aber ohne innigem Gefühl heraus. Dlle. Böhler gab die Walburg weit besser, als wir selbes von einer Anfängerinn zu erwarten berechtigt waren; doch fehlt es ihr noch an Tiefe des Ausdrucks, und sie befriedigte nicht in allen Scenen; sie und Herr Bayer wurden nach dem Schlusse des Stückes hervorgerufen. Erland ist eines der schönsten Bilder in der ganzen Tragödie, und er wurde von Herrn Seewald recht brav gegeben; von Herrn Wilhelmi als Knud können wir leider nicht dasselbe sagen; er hat seit einiger Zeit die üble Gewohnheit, den Gottlieb Koke in alle Rollen hinein zu spielen, es mag diese Manier nun dazu passen oder nicht. Ritter Wilhelm mit seiner sonderbaren Post an Erland ist eine so fremdartige Episode, als sein Traum unpoetisch, und sein Entschluß, sich als Geist zu maskiren, für jene gläubige Zeit ganz unschicklich ist; dieß abgerechnet, erscheint er als kräftiger Jüngling, ganz seinem Freund ergeben, und zu jeder Waffenthat bereit. Herr Löwe schien ihn mit Mißvergnügen zu spielen, und hob keine seiner Eigenheiten hervor. Die Meinungen über das Ganze sind sehr getheilt, und es hat viele Verehrer, aber auch viele Verächter; doch hat es im Grunde mehr Glück gemacht, als die Schuld.